Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Foto: www.ideengruen.de/markus pichlmaier

Schwertun mit der Erinnerung

Einweihung der Gedenktafel des Kindergefängnisses Bad Freienwalde mit Roland Herrmann

Bei Roland Herrmann begann es mit der geliebten Levi's®-Jeans, wegen der er aus dem Russisch-Unterricht flog, bevor er zum schwarzen Schaf der Klasse und dann zum Karrierehindernis für den staatsnahen Stiefvater wurde. Norda Krauel bekam wegen ihrer nicht DDR-linientreuen Mutter erst keine Berufsausbildung und dann Ärger mit den DDR-Behörden. Beide Teenager landeten in den 1980er Jahren im „Durchgangsheim“ Bad Freienwalde. Hier wurden zwischen 1968 und 1987 Kinder und Jugendliche weggesperrt, drangsaliert und gebrochen. Um den Blick auf ihre Schicksale zu lenken, veranstaltete unsere Fraktion Anfang 2016 einen Gesprächsabend mit einem Wissenschaftler und ehemaligen InsassInnen des „Kindergefängnisses“ in Bad Freienwalde. „Neben der Rehabilitierung ist es wichtig, auf das Leid und die Stigmatisierung der Betroffenen aufmerksam zu machen“, sagt Heide Schinowsky, die sich mit der Aufarbeitung von DDR-Unrecht beschäftigt. Inzwischen unterstützen Landtagsabgeordnete mehrerer Fraktionen und der Landrat von Märkisch-Oderland den von früheren InsassInnen gegründeten Verein „Kindergefängnis Bad Freienwalde“ bei der Errichtung eines Mahnmals vor Ort.

Nachdem Norda Krauel an Brandenburger Gerichten mit ihrer Klage auf Rehabilitierung gescheitert war, zog sie vor das Bundesverfassungsgericht. Verbunden mit scharfer Kritik an den vorausgegangenen Verfahren verwiesen die Karlsruher RichterInnen die Sache zurück an das Brandenburger Oberlandesgericht. Dieses verkündete nun vor kurzem die Rehabilitierung Krauels. „Jetzt gilt es zu prüfen, ob bzw. inwiefern das Urteil zu Norda Krauel Konsequenzen für die Verfahren anderer Betroffener bedeuten könnte“, so Heide Schinowsky.

Das Versprechen des Landtags

Die von unserer Fraktion in der letzten Wahlperiode angestoßene Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung hatte sich in großem Einvernehmen auf 80 Handlungsempfehlungen verständigt. Es sollten u. a. Rehabilitierungsverfahren verbessert, demokratische Bildung an Schulen verstärkt und sich mehr um Erinnerungsorte gekümmert werden. Die neue rot-rote Landesregierung hatte 2014 die Umsetzung der Empfehlungen jedoch nur sehr halbherzig in ihrem Koalitionsvertrag verankert. "Wir haben deshalb auf einen Landtagsbeschlusse gedrängt, in dem sich alle Fraktionen zur weiteren DDR-Aufarbeitung und zur Umsetzung der Enquête-Empfehlungen bekennen - mit Erfolg!", sagt Heide Schinowsky.

>> Das Schicksal der ehemaligen Heimkinder von Bad Freienwalde ernst nehmen

Eine Empfehlung der Enquetekommission lautet, alle vom Land nach 1990 enteigneten sogenannten Neusiedler-Erbinnen wieder in ihre Rechte zu setzen. NeusiedlerInnen erwarben im Zuge der Bodenreform vererbbares Land, das sie bald darauf in die LPGen einbringen mussten. Nach 1990 schrieb das Land Brandenburg das Unrecht fort, indem es auf Teufel komm raus versuchte, diese Grundstücke an sich zu bringen. Für eine Vielzahl von Fällen wurde dieses Verhalten vom Bundesgerichtshof als "sittenwidrig" qualifiziert. Unsere Fraktion hat deshalb einen 2013 von uns erarbeiteten Gesetzentwurf zur Rückgabe ausnahmslos aller Flächen an die Neusiedler-ErbInnen 2016 modifiziert und noch einmal ins Parlament eingebracht. Rot-Rot lehnte ihn jedoch zum zweiten Mal ab.

DDR-Aufarbeitung: Was sonst noch geschah