Mit einer Übergangsregelung will die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bis zur Verabschiedung der angekündigten Novelle zum Staatsbürgerschaftsrecht auf Bundesebene vermeiden, dass Kinder von ausländischen Eltern durch den so genannten Optionszwang die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Die Fraktion bringt deshalb einen Antrag für die kommende Landtagssitzung am 26./27. Februar ein, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, eine entsprechende Übergangsregel nach dem Vorbild der Bundesländer Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu erlassen. Ferner soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass bei der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes für diejenigen, die seit dem 1. Januar 2000 aufgrund der Optionspflicht ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, eine Möglichkeit zur Wiedereinbürgerung geschaffen wird.
„Schwarz-Rot auf Bundesebene hat zwar angekündigt, den Optionszwang abzuschaffen. Bislang liegt jedoch nur ein Referentenentwurf vor, der zwischen den Bundesministerien beraten wird. Unsere Fraktion möchte verhindern, dass in der Zeit bis zur Verabschiedung des neuen Staatsbürgerschaftsrechts aufgrund des Optionszwangs weiterhin junge Menschen in Brandenburg ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN URSULA NONNEMACHER.
Hintergrund
Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts 1999 erhalten in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Die damalige CDU-FDP-Mehrheit im Bundesrat stimmte dieser Reform nur unter der Bedingung zu, dass sich diese Kinder bis zu ihrem 23. Geburtstag zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit entscheiden müssen.
Diejenigen, die sich für die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden, sind verpflichtet, bis zur Vollendung ihres 23. Lebensjahres nachzuweisen, dass sie die ausländische Staatsangehörigkeit verloren oder aufgegeben haben. Geschieht das nicht, geht die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren. Um diesen Verlust zu vermeiden, müssen die Betroffenen eine schriftliche Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit beantragen. Die zuständigen Behörden können diese Beibehaltungsgenehmigung erteilen, wenn dem Antragsteller der Verlust oder die Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht zumutbar ist.
Der Optionszwang stieß von Anfang an auf Kritik. Junge Menschen in der Phase der Berufsfindung wurden gezwungen, sich intensiv mit Fragen der Identität auseinanderzusetzen. Erschwert wurde diese Situation durch mangelnde Informationen von Seiten der Behörden. Viele Betroffene mussten sich mit dem plötzlichen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit auseinandersetzen. Zudem diskriminiert diese Regelung insofern, als nur bestimmte Staaten davon betroffen sind. Dies gilt insbesondere für die große Mehrheit der Optionspflichtigen mit einem türkischen Pass.
CDU und SPD hatten sich in den im November 2013 abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, die Optionspflicht abzuschaffen. Für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern soll in Zukunft der Optionszwang entfallen und die Mehrstaatigkeit akzeptiert werden. Unklar ist aber, was mit den jungen Menschen passiert, die sich in den letzten Jahren für eine Staatsbürgerschaft entscheiden mussten, und wie der Übergang bis zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt wird.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt Aydan Özoguz forderte die Innenminister von Bund und Ländern im Dezember 2013 auf, die Optionspflicht bei der Staatsbürgerschaft für junge Leute mit ausländischen Wurzeln mit sofortiger Wirkung auszusetzen.
Das SPD-regierte Hamburg hat die Optionspflicht im Dezember 2013 de facto abgeschafft: „Ab sofort wird niemand mehr die Staatsbürgerschaft aberkannt“, wird Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen wurde am 17. Januar 2014 ein entsprechender Runderlass verschickt – darin wird angeordnet, die Bescheide zu Anträgen auf Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit, die negativ ausfallen würden, zurückzustellen. Auch im rot-grün regierten Bremen ist dieser Weg eingeschlagen worden. Niedersachsen hatte im letzten Jahr ebenfalls angekündigt, dieses Modell zu prüfen.
Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren sind, müssen sich dann künftig nicht mehr bis zum 23. Geburtstag zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern entscheiden. Der umstrittene Optionszwang wird mit einer solchen Übergangsregelung de facto ausgesetzt. Bis auf Bundesebene ein entsprechendes Gesetz für Rechtssicherheit sorgt, müssen Betroffene allerdings weiterhin einen Antrag auf Beibehaltungsgenehmigung für die deutsche Staatsbürgerschaft stellen.