„Der Deckel ist fester drauf in Brandenburg", meinte Ulrike Poppe Mitte Dezember. Die vor einem Jahr ernannte Stasibeauftragte des Landes meinte damit die über viele Jahre fehlende Bereitschaft der Brandenburger Politik, sich grundlegenden Fragen zum Umgang mit dem DDR-Erbe im Land zu stellen. Aber immerhin, nach Poppes Einschätzung gibt es eine Veränderung im gesellschaftlichen Klima hin zu mehr Offenheit.
Gilt das auch für die Enquetekommission, die sich – wenn auch mit anderen Schwerpunkten – ebenfalls der DDR-Aufarbeitung im Land widmet? Ein halbes Jahr nach der ersten Sitzung der Kommission ist es schwer, hier zu einem eindeutigen Urteil zu kommen. Um im Bild zu bleiben: Die Frage, ob durch die bisherige Kommissionsarbeit mehr Luft an bislang Verdrängtes und Verschwiegenes gelangt ist, wird wohl verneint werden müssen. Das spricht aber nicht grundsätzlich gegen die Arbeit der Kommission. Denn auch wenn wir uns einen schnelleren Einstieg in die inhaltliche Diskussion gewünscht hätten: Am Anfang aller Arbeit stehen die W-Fragen: Wer befasst sich mit was, mit wem und warum?
Axel Vogel und Reinhard Stolze, von der Linksfraktion nachbenanntes nichtparlamentarisches Kommissionsmitglied, legten alsbald einen ausformulierten Fragenkatalog vor, mit dem „ihr" Themenfeld, Fragen zur Eigentumstransformation nach 1989, bearbeitet werden sollte. Gleiches galt für den von unserer Fraktion benannten Wissenschaftler Helmut Müller-Enbergs, der mit dem Linken-Abgeordneten Peer Jürgens die brisanten Personalfragen bearbeitet. Das nahezu fertige Grundlagenpapier für diesen Themenkomplex wurde kurioserweise durch Jürgens' eigene Fraktion später infrage gestellt. Mittlerweile steht nun aber trotz mancher Verzögerungen der überwiegende Teil der inhaltlichen Agenda für die kommenden Monate fest. Die noch ausstehenden Festlegungen – insbesondere zur Vergabe von Gutachten für die Kommission – sollen am 21. Januar 2011 folgen.
Auf der Januar-Sitzung beginnt dann auch endlich und endgültig die Befassung mit konkreten Sachfragen. Zuvor hatte es im November schon eine Kommissionssitzung gegeben, bei der zwei Althistoriker eher grundsätzlich über die Notwendigkeit von Aufarbeitung gesprochen haben. Die letzte Sitzung dieses Jahres fand in der ehemaligen Haftanstalt Cottbus statt, die von Insassen, die in der DDR politisch verfolgt waren, zu einer Gedenkstätte ausgebaut werden soll. Das Gespräch mit den Zeitzeugen war sehr eindrücklich, genauso wie die Verbitterung darüber spürbar war, jetzt schon wieder marginalisiert zu werden.
Ab kommendem Januar wird sich das Gesicht der Enquetekommission ändern. Das liegt weniger an der erneuten Nachbenennung eines SPD-Mitglieds der Enquete – ein(e) Nachfolger(in) für den geschassten Rainer Speer ist noch nicht benannt. Vielmehr wird die Arbeit der Enquete zunehmend von der Befassung mit Gutachten zu konkreten Sachfragen geprägt werden, ergänzt um die Anhörung von Zeitzeugen und Experten. Den Anfang macht ein Gutachten zur Bewertung der DDR-Aufarbeitung in Brandenburger Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Im Februar stehen Fragen zu Brandenburgs Umgang mit politisch Verfolgten und Benachteiligten im Mittelpunkt, auch hier folgt auf ein Gutachten die Anhörung Betroffener. Sieben Themenfelder hat die Enquetekommission definiert und gleichzeitig das Ziel festgelegt, diese bis zur parlamentarischen Sommerpause 2011 mindestens einmal aufzurufen. Dann gibt es einen ersten Zwischenbericht. Wir arbeiten kräftig daran, dass sich in diesem Bericht erste Impulse für die Aufarbeitung und die Stärkung demokratischer Werte finden werden.