Lange wurde abgewiegelt, nun hat es die Landesregierung schwarz auf weiß: Benachteiligte und Verfolgte der SED-Diktatur haben in Brandenburg 20 Jahre lang zu wenig Gehör gefunden. Die Enquete-Kommission „Aufarbeitung“ trägt Früchte: Gutachten und Anhörungen bieten erstmals ein umfassendes Bild des Wandels in Brandenburg nach der Friedlichen Revolution. Erstes Thema war der Umgang des Landes mit jenen, die unter der Diktatur in der DDR litten. Die Analyse ist für die aktuelle wie für frühere Landesregierungen wenig schmeichelhaft: Sowohl der Münchner Politikwissenschaftler Jörg Siegmund als auch der Berliner Rechtsprofessor Johannes Weberling hielten fest, dass der Weg zur Gerechtigkeit hierzulande besonders steinig ist.
Erste Chance auf Anhörung
Zahlreiche Betroffene bestätigen dies. Etwa Sibylle Schönemann, die „wegen eines falschen Satzes“ inhaftiert und später von der Bundesrepublik freigekauft wurde. Für viele bietet die Kommission die erste Chance, öffentlich Gehör zu finden. Manche ringen mit der Fassung. Viel zu lange hatte sich der Mantel von Schweigen und Verdrängung über die Mark gelegt. In Sachen Aufarbeitung passierte in Brandenburg nur das, was Bundesgesetze zwingend vorschrieben. Es fehlte eine Stimme für die Bespitzelten, die Enteigneten, die Bürgerbewegten – für die Mutigen genauso wie diejenigen, die nur durch eine Unachtsamkeit die Macht der Partei zu spüren bekamen.
Bürokratische Hürden
Mittlerweile gibt es mit Ulrike Poppe zwar eine offizielle Aufarbeitungsbeauftragte. Zwanzig Jahre nach der Friedlichen Revolution finden auch bei uns Anliegen Gehör, die woanders längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Doch manche Tücke steckt noch immer im vermeintlichen Detail: Bürokratische Hürden bei Rehabilitierung und Entschädigung wirken abschreckend. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist in Brandenburg gegen Bescheide kein Widerspruch, sondern nur eine Klage möglich. Die Anerkennungsquoten bei verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierungsverfahren sind in Brandenburg deutlich niedriger als anderswo. Die oft irreführend als „Opferrente“ bezeichnete Unterstützungsleistung fließt nur zögerlich. Klagen bei der Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden sind an der Tagesordnung. In anderen Ländern hat sich die Politik unbürokratisch für besonders benachteiligte Gruppen – Zwangsumgesiedelte, verfolgte SchülerInnen oder Heimkinder – eingesetzt, nicht so in Brandenburg.
Es ist das Verdienst der Gutachter und Betroffenen, diese Defizite klar benannt zu haben. Der Ball liegt wieder bei uns, der Politik. Wir müssen zeigen, dass wir verstanden haben.