Der Landtag hat sich mit einem Staatsvertrag zwischen dem Bund und den neuen Ländern befasst, der die Aufteilung alten DDR-Vermögens regelt. Axel Vogel sagt dazu im Interview mit den Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN): „Das Land hat nun die Möglichkeit, den politischen Willen vorausgesetzt, die Flächen den Neusiedlererben zurückzuerstatten. Oder es macht weiter wie bisher und lässt die Flächen, die von der Brandenburgischen Bodengesellschaft, der BBG, verwaltet werden, versilbern.“
„Das Land macht die Bodenreform rückgängig“
Von Alexander Fröhlich
Der Landtag befasst sich mit einem Staatsvertrag zwischen dem Bund und den neuen Ländern, der die Aufteilung alten DDR-Vermögens regelt. In der Parlamentsdebatte vergangene Woche ging es plötzlich wieder um ein Brandenburger Reizthema, das Bodenreformland. Warum, worum geht es?
Also, es geht aktuell nicht um das Alteigentum an den 1945 bis 49 im Zuge der Bodenreform enteigneten Flächen, das ist Geschichte, sondern es geht um die Flächen der sogenannten Neusiedlererben. Nach 1945 wurde Bodenreformland auf rund 200 000 Neusiedler, häufig aus den ehemaligen Ostgebieten, verteilt. Sie mussten dafür bezahlen und sollten kleine Bauernwirtschaften gründen. In den Verträgen wurde schriftlich fixiert, dass dieses Land vererbbar ist, wie es auch in der DDR-Verfassung entsprechend geregelt war. Allerdings durften diese Flächen nicht einfach verkauft werden. Sie wurden dann im Rahmen der Zwangskollektivierung den LPGs zur Nutzung übertragen, blieben aber trotzdem Eigentum der Neusiedler, ohne dass diese darüber verfügen konnten. In der Wendezeit hat die Modrow-Regierung diese Bodenreformflächen zum Volleigentum der Neusiedler erklärt und sie damit als voll vererbbar herausgestellt. Allerdings wurden dann 1992 im vereinigten Deutschland per Bundesgesetz plötzlich Bedingungen an die Vererbbarkeit dieser Flächen gestellt. Dass etwa diejenigen, die diese Flächen ererbt hatten, die sogenannten Neusiedlererben, mindestens zehn Jahre in der Land- und Forstwirtschaft hätten tätig sein oder noch weitergehend Mitglied einer LPG sein müssen. Es wurde fälschlicherweise davon ausgegangen, dass diese Bodenreformflächen in der DDR nicht vererbbar gewesen seien. In der Folge haben die ostdeutschen Bundesländer aufgrund dieses Bundesgesetzes reihenweise solche Flächen eingezogen.
In welcher Größenordnung?
Allein in Brandenburg sind gegenwärtig noch über 16 000 Hektar solcher Flächen in Landesverwaltung. Erst 1998 wurde die Auffassung zur Unvererbbarkeit durch Gerichte korrigiert. Das hatte aber keine Bedeutung mehr für viele Betroffene, deren Flächen schon eingezogen und deren Widerspruchsfristen gegen die Landnahme verstrichen waren.
Was hat der Staatsvertrag damit zu tun?
Der Staatsvertrag gibt dem Land Brandenburg jetzt die Möglichkeit – und das ist positiv –, überall, wo es diese Flächen Neusiedlererben entzogen hat, alleine darüber verfügen zu können. Nach dem Bundesgesetz konnten die Länder die Flächen bis zum 2. Oktober 2000 den Neusiedlererben entziehen, sie mussten es aber nicht. Die Enteignungsintensität in den ostdeutschen Ländern war auch sehr verschieden, in Thüringen war sie beispielsweise nicht sehr, in Brandenburg hingegen sehr stark ausgeprägt. Es war im Einigungsprozess vorbehalten worden, dass über die endgültige Aufteilung dieses Vermögens später entschieden werden soll. Diese Entscheidung ist mit dem Staatsvertrag getroffen. Aber schon bisher hatte das Land so agiert, als ob es die alleinige Verfügungsmacht über diese Flächen hätte, musste aber natürlich immer davon ausgehen, dass irgendwann Geld, also Erlöse, an den Bund abgeführt werden müssen. Diese Frage ist jetzt geklärt.
Gut, das Land kann also über diese Flächen nun voll verfügen. Was sollte jetzt Ihrer Meinung nach damit passieren?
Das Land hat nun die Möglichkeit, den politischen Willen vorausgesetzt, die Flächen den Neusiedlererben zurückzuerstatten. Oder es macht weiter wie bisher und lässt die Flächen, die von der Brandenburgischen Bodengesellschaft, der BBG, verwaltet werden, versilbern.
>>> zum Interview auf den Seiten der PNN vom 27. Januar 2013