Brandenburg hat die rote Laterne abgegeben. 15 Jahre lang war das Parlament bei der Offenlegung von Stasi-Belastungen seiner Abgeordneten Schlusslicht im Osten. Das hat nun ein Ende. Angestoßen durch eine bündnisgrüne Initiative verpflichtete sich der Landtag vor zwei Jahren zur Überprüfung aller Volksvertreterinnen und Volksvertreter. Seit Januar liegt der Bericht der einstimmig eingesetzten Kommission vor. Erstmals kann sich die Öffentlichkeit ein Bild vom Wirken stasibelasteter Mitglieder des Landtages machen.
Kommission veröffentlicht Bericht
Das Ergebnis des von einer vierköpfigen Expertenkommission unter Vorsitz von Ulrike Poppe erstellten Berichtes ist ernüchternd. Bei sechs Abgeordneten der Linken gibt es Belege für eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) – Zahlen, die bundesweit ihresgleichen suchen. Jetzt liegt es an den Betroffenen und an der Linken, sich der Diskussion zu stellen und die Frage nach Konsequenzen zu beantworten. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Drei Viertel aller Brandenburgerinnen und Brandenburger wollen keine ehemaligen MfS-Mitarbeiter in der Politik. Unsere Fraktion teilt eine solch kompromisslose Forderung nicht. Wir sind überzeugt, dass bei der Beurteilung von Biografien immer ein ganzheitlicher Blick auf die Person notwendig ist, dass nicht jeder Fall gleich schwer wiegt.
Gefragt ist Offenheit
Aber wir fordern von jedem betroffenen Landtagsmitglied einen ehrlichen Umgang mit seiner Vergangenheit. Noch besser wäre es, auf die Opfer zuzugehen, eigene Fehler zu benennen und den Unrechtscharakter des SED-Staats öffentlich einzugestehen. Hier bleibt einiges zu tun: Wenn der frühere Stasi-Mitarbeiter und jetzige Abgeordnete Axel Henschke noch heute unter Verweis auf seinen Treueeid Auskünfte verweigert, dann stellt sich die Frage nach seinem Verständnis von Rechtsstaat und Demokratie. Wenn Gerlinde Stobrawa ihr Wirken für das MfS bagatellisiert, offenbart sie ein ungeklärtes Verhältnis zu ihrer Vergangenheit. Wenn Kerstin Kaiser einen Frontalangriff auf die Kommission fährt, zeugt dies von wenig Bereitschaft, Kritik anzunehmen. Die CDU legte einen Antrag vor, der Allgemeinplätze bot und allen belasteten Abgeordneten zudem den richtigen Umgang mit ihrer Vergangenheit bescheinigte. SPD und Linke, einschließlich der früheren Inoffiziellen MitarbeiterInnen, zeichneten diese Generalabsolution gerne mit. Wir konnten uns diesem Harmoniepapier nicht anschließen. Wir sind überzeugt, dass nach dieser Überprüfung die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft besser wissen, wen sie wählen. So kann im nächsten Wahljahr 2014 eine weniger belastete Volksvertretung entstehen. Der Versuch von KandidatInnen, über eine Vergangenheit im Dienst des MfS hinwegzutäuschen, ist dann jedenfalls zum Scheitern verurteilt.