Warum wissen Brandenburger Schülerinnen und Schüler so wenig über die DDR? Warum gibt es auf einfache Wissensfragen so wenige Antworten, viele davon auch noch falsch? Warum tun sich viele Jugendliche so schwer damit, Unterschiede zwischen SED-Diktatur und Demokratie zu benennen? Spätestens seit eine Untersuchung vor einigen Jahren eklatante Wissensmängel unter Brandenburger Schülerinnen und Schülern aufzeigte, stehen diese Fragen im Raum.
Die Enquetekommission Aufarbeitung suchte Anfang November nach Antworten. Schon vor einiger Zeit waren im Rahmen eines Gutachtens Defizite deutlich geworden, die beispielsweise durch den Einsatz fachfremder LehrerInnen im Geschichtsunterricht bestehen. Nun sollte ein weiteres Gutachten klären, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen der Ausbildung von Lehrern und dem DDR-Geschichtsbild, was diese später an Brandenburger Schulen vermitteln.
Doch die Studie, erstellt durch den Berliner Politikwissenschaftler Jens Hüttmann, bringt wenig Erhellendes. Fazit der Expertise: in Brandenburg werden zahlreiche Lehrveranstaltungen zum Thema DDR-Geschichte an den geisteswissenschaftlich orientierten Hochschulen in Potsdam und Frankfurt angeboten. Das Land nehme sogar einen „Spitzenplatz“ ein. In der Diskussion wurden jedoch Zweifel laut, sowohl was die Methodik des Gutachters als auch was das vorgelegte Datenmaterial betrifft. In der Tat hielten viele dargelegte Zahlen einer Prüfung nicht stand; gleichzeitig ist die Zahl von Lehrveranstaltungen kaum aussagekräftig. So müssten diese zwingend kontextualisiert werden mit der Größe der Hochschulen, der Teilnehmerzahl oder auch der Relevanz für Lehramtsstudierende. Einen seriösen Vergleich mit anderen ostdeutschen Ländern bietet die Studie auch nicht; der Blick hinter die bloßen Zahlen fehlt fast vollständig.
Erhellender war da die Anhörung mit Sachverständigen und Zeitzeugen, die sich der personellen Erneuerung an den großen Brandenburger Hochschulen widmete. Prof. Manfred Görtemaker (Uni Potsdam) erläuterte eindrücklich die Schwierigkeiten bei der personellen Erneuerung an seiner Hochschule. Gerade im Mittelbau der aus mehreren staatstragenden Hochschulen entstandenen Universität Potsdam sei der Umbruch „strukturell nicht erfolgt“. Das habe hochschulinterne Gründe gehabt, sei aber auch politisch so gewollt gewesen. Unter manchen Altlasten leide die Hochschule noch heute.
Im Dezember wird sich die Enquetekommission mit einer Umfrage zum Thema Aufarbeitung in Brandenburg befassen. Sie soll Aufschluss darüber geben, wo die Brandenburgerinnen und Brandenburger Handlungsbedarf sehen und wie der Umgang mit DDR-Hinterlassenschaften in den letzten 20 Jahren im Land bewertet wird. Vielleicht wird die Debatte dazu aufschlussreicher werden, zumal Vertreter der SPD nach der sachfremden Polemik der letzten Monate nun Besserung signalisieren. So entschuldigte sich der SPD-Abgeordnete Günther für seine Äußerungen und sein Verhalten gegenüber der Enquetekommission. Die nächsten Sitzungen werden zeigen, ob die rot-roten Mehrheitsvertreter in der Kommission zur Sacharbeit zurückfinden. Wünschenswert wäre es. Die Kommission ist schließlich weder Selbstzweck noch politische Bühne, sondern soll aufgrund ihrer Analysen tragfähige Lösungen für die Zukunft des Landes entwickeln.