Sehr geehrter Herr Mesecke,
mit Befremden habe ich Ihre Äußerungen in der Märkischen Oderzeitung (Uckermark) vom 29.11.2013 zur Kenntnis genommen. Nachdem Sie u.a. auch „die Grünen“ pauschal ansprechen, möchte ich Ihnen als Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag die Antwort nicht schuldig bleiben.
Falsch ist, dass unsere Kritik die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern in Brandenburg in Frage stellt. Richtig ist, dass wir eine aus unserer Sicht verfehlte Agrarpolitik von EU, Bund und Land Brandenburg in Zweifel ziehen. Denn diese verfehlte Agrarpolitik des „Wachsens oder Weichens“ hat bäuerliche Strukturen in Brandenburg nur beschränkt aufkommen lassen und droht nun, soweit sie sich behaupten konnten, diese zu zerstören – mit allen negativen Konsequenzen für das Leben und Arbeiten der Menschen in den ländlichen Regionen Brandenburgs.
Zentral für Bündnis 90/Die Grünen ist aktuell nicht eine Auseinandersetzung über einen Konflikt zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben. Wir rücken die Konfliktlinien zwischen einer bäuerlich strukturierten, d.h. regional verankerten Landwirtschaft und sich weiter ausbreitenden agrarindustriellen Strukturen in den Fokus. Wir setzen uns für eine Agrarpolitik ein, diegezielt diese bäuerlichen Strukturen fördert und die gesellschaftlich erwünschten Leistungen unserer Bäuerinnen und Bauern für den Umwelt- und Naturschutz honoriert. Tiergerechte Haltungsmethoden sollten für jeden Landwirtschaftsbetrieb selbstverständlich sein. Bei 400.000 Masthähnchen in einer Stallanlage kann das definitiv nicht der Fall sein.
Sie beschwören Feindbilder, die nicht in unsere Zeit passen und benutzen Begriffe, die einen Großteil der engagierten Zivilgesellschaft verunglimpfen. Mit dieser Rhetorik schaden sie Ihrem Berufsstand mehr als dass Sie ihm nutzen. Vor allem sprechen Sie den Bürgerinnen und Bürgern das Recht ab, sich zu landwirtschaftlichen Themen zu Wort zu melden.
Angesichts der Milliarden-Subventionen für den Agrar-Sektor (allein rund 360 Mio. Euro Flächenprämie p.a. in Brandenburg) hat jeder nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, sich in die Debatte darüber einzumischen, welche Form von Landwirtschaft wir fördern sollten und wo die Grenzen zu ziehen sind. Ihre Pflicht als Interessensvertreter eines bedeutenden Teils der Bauernschaft wäre es, sich diesem Dialog zu stellen.
Am 9.11.2013 war ich bei der Gründung des „Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg“ in Potsdam zugegen. Hieran haben sich auch zahlreiche Bauern, vor allem aus der Biolandwirtschaft beteiligt. Im Gründungsdokument der Initiative aus Bauern-, Umwelt- und Verbraucherorganisationen und anderen wird an keiner Stelle die Landwirtschaft schlecht geredet. Vielmehr werden die aktuellen Herausforderungen für eine nachhaltige Agrarpolitik benannt und Forderungen aufgestellt, die ich aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen nur begrüßen kann.
Ich bin sicher, dass Sie und große Teile des Berufstandes viele dieser Positionen teilen könnten, wenn Sie sich in einem sachlichen Dialog damit auseinandersetzen würden. Ich denke, die Bäuerinnen und Bauern in der Uckermark und in ganz Brandenburg haben Interessensvertreter verdient, die zu einem solchen Dialog bereit und fähig sind. Denn was als eine moderne und zugleich umweltverträgliche Landwirtschaft zu betrachten ist, liegt definitiv nicht in der Deutungshoheit des Bauernverbandes. Ich persönlich und die VertreterInnen der Partei Bündnis 90/Die Grünen sind jedenfalls zu jeder Zeit für eine solche sachliche Diskussion zu gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen,
Axel Vogel