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Sachbuch wirft kritischen Blick auf die Agro-Industrie

Mit der Herausgabe eines Buchs zur brandenburgischen Agrarentwicklung geht unsere Fraktion neue Wege: „Umbrüche auf märkischem Sand" ist im renommierten oekom verlag erschienen und wirft einen kritischen Blick auf die Zeitgeschichte der brandenburgischen Landwirtschaft. Welche strukturellen Voraussetzungen wurden in der Vergangenheit geschaffen, auf denen die Landwirtschaft noch heute aufbaut? Was steht einer nachhaltigen Landwirtschaft entgegen, die zugleich starke Impulse für eine wirtschaftlich erfolgreiche ländliche Entwicklung geben kann? Die Landwirtschaft in Brandenburg wird seit Jahren als erfolgreiches Geschäftsmodell gefeiert: Mit geringem Arbeitskräfteeinsatz, großen Flächen und intensiver Bodennutzung behaupten sich die großen Betriebe im globalen Wettbewerb – so die verbreitete Meinung. Doch was gut für die Agrarindustrie ist, ist nicht immer gut fürs Land. Denn regionale Wirtschaftskreisläufe, biologische Vielfalt und eine artgerechte Tierhaltung bleiben so mitunter auf der Strecke.

18 Autorinnen und Autoren befassen sich u.a. mit der der Verteilung der Agrarsubventionen, mit dem Einsatz der Agro-Gentechnik und dem Bioenergie-Boom. Der Sammelband ist ein informatives und spannendes Buch über Agrargeschichte, Agrarpolitik, Zustand und Zukunft der ländlichen Entwicklung in Brandenburg.

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Laudatio zur Buchvorstellung von Michael Beleites

„Die Struktur einer Landwirtschaft ist ein Spiegelbild der politischen Verhältnisse." Diesen Satz sprach der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Tierarzt Berndt Seite im Frühjahr 1989 bei einem kirchlichen Umweltseminar in Schwerin. Er verglich die Einfalt der DDR-Agrarstruktur mit der Einfalt der Politbürokratie im SED-Staat. Und heute? Die Landwirtschaftsstrukturen in Brandenburg und in den anderen ostdeutschen Bundesländern spiegeln weitgehend die DDR-Verhältnisse wider.

Das Buch „Umbrüche auf märkischem Sand" geht der Frage nach, warum das so ist und welche Folgen das für das Land hat. Dies ist ein längst überfälliges, ein überaus mutiges und ein enorm wichtiges Buch! Warum?

Dieses Buch bringt ein bisher verstecktes Thema ans Licht, es benennt ein ganzes Bündel von handfesten Skandalen – und es zeigt Konzepte und Perspektiven für einen Ausweg aus der Sackgasse ostdeutscher Agrarpolitik auf.

Im Kern geht es darum, uns endlich die Augen zu öffnen für die fatalen Folgen der Unterdrückung der bäuerlichen Landbaukultur durch eine industrielle Agrarproduktion.

Die Profiteure der industriellen Landwirtschaft werfen hier stets ein, dass es ja gar nicht klar definiert sei, was nun „bäuerliche Landwirtschaft" sei und was nicht. Dieselben Leute wissen aber ganz genau, was die Kennzeichen bäuerlicher Landwirtschaft sind, wenn sie ihre Produkte etikettieren. Da werden statt der grauen Betonhallen und Silos schöne Fachwerkhöfe gemalt und statt der vergitterten Legebatterien freilaufende Hühnerfamilien auf reich blühender Sommerwiese. Und obendrein wird den Bauern der Begriff des Bauern gestohlen, weil sich die gegen die bäuerliche Landwirtschaft arbeitende Lobbyvereinigung „Bauernverband" nennt, ähnlich wie seine ostdeutsche Vorläuferorganisation als „Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe" die Zwangskollektivierung der Bauern im sogenannten „Arbeiter- und Bauernstaat" vorangetrieben hat.

In der Tat hat die ostdeutsche Agrargeschichte nach 1990 ganz viel mit den LPG-Verhältnissen der DDR zu tun, strukturell wie personell. Aber die geschichtlichen Zusammenhänge sind nicht allein in der DDR-Vergangenheit zu verorten. Da muss man auch die Kommunismus-Geschichte insgesamt in den Blick nehmen und ebenso den globalen Trend des 20. Jahrhunderts.

Die ostdeutsche Agrargeschichte ist ein Teil der kommunistischen Verbrechensgeschichte. Von den etwa 100 Millionen Menschen, die der Staatskommunismus weltweit umgebracht hat (vgl. Schwarzbuch des Kommunismus) sind die Bauern die mit Abstand größte Opfergruppe. Den kommunistischen Ideologen ging es um eine Liquidierung des Bauernstandes als Klasse, um eine flächendeckende Proletarisierung der vormals freien Bauern. Die Leninsche Strategie bestand in einem Zwei-Stufen-Plan: Zuerst die Enteignung bzw. Vernichtung der Großbauern zugunsten von Kleinbauern – und dann nach einigen Jahren die zwangsweise Überführung der gesamten Bauernschaft in Kolchosen. In Ostdeutschland hieß die erste Stufe „Bodenreform" und die zweite Stufe „Kollektivierung". Die dritte Stufe, die Industrialisierung der Landwirtschaft, diente ebenso dem Ideologischen Ziel der Proletarisierung der Bauern.

Es gibt aber auch noch eine andere globale Geschichtsperspektive: Oswald Spengler (Der Untergang des Abendlandes) schrieb bereits 1923, dass die allgemeine Verachtung des Bauernstandes und das Herabsinken der Regionen zugunsten weniger Metropolen ein Symptom für eine untergehende Kulturepoche sei. Unter dem ökonomischen Leitbild von „Wachsen oder Weichen" hat auch der Westen Deutschlands seit 1960 eine Million Bauernhöfe und vier Millionen landwirtschaftliche Arbeitsplätze verloren. Wie im 20. Jahrhundert weltweit die bäuerliche Landbaukultur und zugleich die Bodenlebewesen der Ackerböden abgetötet wurden, zeigt der aktuelle Dokumentarfilm „Good Food – Bad Food" von Coline Serreau sehr anschaulich. Auch wenn das bisher kaum jemanden Aufgefallen ist; das 20. Jahrhundert wird auch als das Jahrhundert der Bauernvernichtung in die Geschichte eingehen. Nachdem die Bauern und die bäuerliche Landbewirtschaftung über 10.000 Jahre die Basis der menschlichen Kulturentwicklung war, glaubte man, dass man sie innerhalb weniger Jahrzehnte abschaffen könnte, ohne dass das irgendwelche Folgen für unsere Kultur hätte.

Nun ist es ja oft so, dass diejenigen, die eine dramatische Geschichte miterleben oder selbst ein Teil davon sind, von deren wirklichen Dimensionen gar nichts mitbekommen. Gerade auf dem Gebiet der flächendeckenden Einebnung der Agrarstrukturen in Ostdeutschland, wo es unbeteiligte „Kontrollgruppen" nicht gab, und mehrere Generationen zur Anpassung genötigt wurden, hat kaum einer über den Wahnsinn des Klassenkampfes gegen die Bauern gesprochen. Auch dann nicht als dieser nach 1990 mit anderen Mitteln fortgesetzt wurde.

Doch nun hat das große Schweigen ein Ende. Das heute vorgestellte Buch „Umbrüche auf märkischem Sand" markiert den Wendepunkt. Von nun an wird sich niemand mehr einschüchtern lassen, die verfehlte Agrarpolitik Brandenburgs seit 1990 einer kritischen Analyse zu unterziehen. Und das gilt im Blick auf die ebenso verfehlte Agrarpolitik der anderen Ost-Länder in gleicher Weise.

Einleitend schreibt Axel Vogel über den „Brandenburger Weg". Ministerpräsident Manfred Stolpe und Landwirtschaftsminister Edwin Zimmermann haben sich Anfang der 1990er Jahre darauf verständigt, den aus der Zwangskollektivierung hervorgegangenen LPG-Betrieben eine Zukunft zu ebnen; ja die LPG-Nachfolgeunternehmen auf Kosten von Wieder- und Neueinrichtern sogar zu begünstigen. Diese Agrarpolitik habe man den „Brandenburger Weg" genannt. Diesen fatalen Weg sind die anderen ostdeutschen Bundesländer ebenso gegangen. Doch allein in Brandenburg hat man das offen ausgesprochen, dass die sozialistischen Strukturen befestigt werden sollen, nur hier gab es so etwas wie den bekennenden Sozialismus in der Agrarpolitik. In all den anderen Ost-Ländern passierte aber faktisch nahezu dasselbe, nur verdeckt: Egal ob der Landwirtschaftsminister von der CDU oder von der SPD kam, umgesetzt wurde überall die Agrarpolitik der PDS.

Die Zementierung der DDR-Agrarstrukturen nach 1990 als solche ist keine brandenburgische Besonderheit. Das besondere an Brandenburg ist, dass hier nun endlich das Thema auf die politische Tagesordnung gesetzt wird. Das, was Axel Vogel, Sabine Niels und die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen heute tun, die schonungslose Benennung der Problemlage und die konstruktive Aufzeichnung von neuen Wegen – das ist die eigentliche und die positive Tat aus Brandenburg, die es verdient als der „Brandenburger Weg" in die Geschichte einzugehen! Ihr Impuls wird ganz gewiss eine positive Wirkung entfalten, auch über das Land Brandenburg hinaus.

Dieses Buch hat das Tabu gebrochen – und zwar radikal! Hier werden die Dinge beim Namen genannt. Es ist geradezu erdrückend, welche Problemfülle da angestaut wurde.

Der Historiker Falco Werkentin beschreibt die staatliche Gewalt gegen die Bauern von der Bodenreform bis zur Zwangskollektivierung anhand vieler konkreter Beispiele aus Brandenburg. Und, was ebenso wichtig ist, er benennt auch den vergessenen Widerstand vieler Bauern gegen die kommunistischen Zwangsmaßnahmen. Besonders fatal ist es, dass das Land versucht hatte, nun die Bodenreform-Erben zu enteignen – eine brandenburgische Geschichte der letzten Jahre, die der Rechtsanwalt Thorsten Purps sehr anschaulich beschreibt.

Helmut Klüter, Geograph an der Uni Greifswald, unterzieht die brandenburgische Agrargeschichte der letzten 20 Jahre einer wirtschaftlichen Bilanz und kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen: Mit den aus DDR-Zeiten konservierten und neu begründeten riesigen Betrieben sei eine „neofeudale Wirtschaftsordnung" geschaffen worden, die so unproduktiv ist, dass die Bevölkerung aus den ländlichen Räumen abwandert. Im Gegensatz zum echten Spätfeudalismus könne sich die Region heute nicht mal mehr mit Kartoffeln selbst versorgen.

Cornelia Behm analysiert die Wirkungen der flächenbezogenen Agrarsubventionen. Sie fragt: Wer profitiert davon? Und ihre Antwort ist eindeutig: „Es sind die großen Nachfolgebetriebe der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), die hier weiter aufgepäppelt werden. Obwohl sie nur 15 Prozent der Brandenburger Agrarbetriebe stellen, bewirtschaften sie doch 60 Prozent der Flächen". Fünf Prozent der Agrarbetriebe bekommen 50 Prozent der Brüsseler Millionen. Und das, obwohl sie nicht einmal halb so viele Menschen je Fläche beschäftigen wie die vielen kleinen Betriebe im Land. Vor einem Jahr sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck noch im Landtag: „Wer an der Agrarstruktur rüttelt, gefährdet Arbeitsplätze." Nein, Herr Platzeck, genau das Gegenteil ist der Fall: Wer an der sozialistischen Agrarstruktur festhält, vernichtet Arbeitsplätze – und zwar in großem Umfang und auf lange Zeit!

Der Landwirt und Agrarwissenschaftler Jörg Gerke stellt die Bodenpolitik der ostdeutschen Bundesländer in den Fokus. Sein Befund: „Die ostdeutschen Landesregierungen haben auch beim Bodeneigentum die Verarmung von Teilen der Landbevölkerung in Kauf genommen, um die wenigen tausend ostdeutschen Großagrarier zu bedienen."

Das Gebiet des Ökolandbaus in Brandenburg wird von Michael Wimmer beleuchtet. In Brandenburg liegen bedeutende Wurzeln des biologischen Landbaus. Die Kolonie Eden bei Oranienburg, Erhard Bartsch in Marienhöhe bei Oranienburg und Reimar Gilsenbach in Brodowin haben wichtige Impulse gegeben, die in ganz Deutschland Beachtung fanden. Heute ist Brandenburg mit dem höchsten Flächenanteil für den Ökolandbau führend in der Bundesrepublik. Allerdings besteht hier ein großer Nachholbedarf bezüglich der Verarbeitung der Produkte. In Berlin gibt es einen riesigen Absatzmarkt für Bio-Produkte – allerdings nicht für Rohstoffe, sondern für verkaufsfähige Produkte.

Zu Recht weist Michael Wimmer auch darauf hin, dass die Bio-Branche Gefahr läuft ihre Unschuld zu verlieren, wenn sie sich nicht rechtzeitig auf die originären Ziele und Werte des ökologischen Landbaus zurückbesinnt. „Bio" bedeutete nicht allein Verzicht auf Chemikalieneinsatz, sondern die Idee eines Hoforganismus: Die Betrachtung des landwirtschaftlichen Betriebes als Individuum. Hier hatten Spezialisierung und reines Gelddenken keinen Platz. Wenn man den ganzen Hof als Organismus betrachtet, so bedeutet z. B. ein Verzicht auf die Stickstoffdüngung des Grünlands nicht allein eine Verringerung der Milchmenge, sondern zugleich eine Vermehrung der Artenvielfalt der Blütenpflanzen und dadurch eine Qualitätssteigerung der Milch – vor allem aber einen besseren Honigertrag.

Auf die Situation der brandenburgischen Imker geht Wolfgang Voigt ein. Auch der dramatische Rückgang der Bienenhaltung hat etwas mit der Industrialisierung der Landwirtschaft zu tun. Nicht nur die Anwendung von synthetischen Pflanzenschutzmitteln macht den Bienen zu schaffen, sondern auch die Konzentration der Landwirtschaft auf wenige Anbaupflanzen (Getreide, Raps und Mais), so dass die Bienen in der heutigen Agrarlandschaft ab Ende Juni kaum noch Nahrung finden. Rotklee wird nicht mehr angebaut und auch an Wildblumen reiche Grünlandflächen oder blühende Ackerrandstreifen gibt es kaum noch.

Tom Kirschey beschreibt das Konfliktfeld Landwirtschaft-Naturschutz vor dem Hintergrund der schwindenden Biodiversität in der Agrarlandschaft. All die früher gewöhnlichen Arten der Kulturlandschaft, wie Hasen, Feldhamster, Rebhühner, Kornrade oder Wiesenchampignon haben schon die sozialistische Industrialisierung der Landwirtschaft in den 70er Jahren kaum überlebt. Bedenklich ist, dass das Artensterben in unseren Agrarlandschaften in den letzten 20 Jahren weiter fortgeschritten ist. Doch Tom Kirschey schreibt zu Recht: „Niemand der aktuell in Agrarbetrieben Verantwortung tragenden sollte sich hinter der DDR-Agrarpolitik oder auch der EU-Förderpolitik verstecken [...]. Niemand zwingt Landwirte, riesige ausgeräumte Ackerschläge aufrechtzuerhalten, diese oder jene Bewirtschaftungsmaßnahme durchzuführen oder gentechnisch veränderte Organismen anzubauen".

Mit der Agro-Gentechnik setzt sich der Beitrag von Christof Potthof auseinander. Es ist schon merkwürdig, dass der kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen vor allem in den ostdeutschen Bundesländern stattfand. Unabhängig von den ungeklärten Gesundheitsrisiken besteht das Problem der Agro-Gentechnik ja vor allem darin, dass die Landwirte vollends von der Industrie abhängig gemacht werden sollen. Es erscheint wie eine Fortschreibung des Leninschen Genossenschaftsplans mit modernen Mitteln, wenn den Landwirten nun das Verfügungsrecht über das Saatgut streitig gemacht werden soll – sie also künftig vielleicht nur noch das Saatgut der Firmen anbauen dürfen, von denen sie auch die Agrochemikalien abkaufen.

Die Bewahrung der unternehmerischen Freiheit ist auch das Thema von Reinhard Jung vom Bauernbund. Am Beispiel der BSE-Hysterie beschreibt er, dass staatliche Zwangsmaßnahmen mitunter auch fachlich unangemessen und existenzgefährdend für landwirtschaftliche Betriebe sein können. Interessant sind auch seine Gedanken über eine Annäherung zwischen dem eher konservativen Bauernbund und den Grünen.

Nachdenklich stimmt der Beitrag von Christina Uhl über Brandenburgs Tierfabriken. Die ökologischen Schäden der widernatürlichen Massentierhaltung sind beträchtlich. Aber auch die Gesundheitsrisiken sind nicht ohne. Neben den Ammoniak-Emissionen, die ganze Wälder zum Absterben bringen, spielt die Gefahr multiresistenter Keime eine große Rolle. Gerade in den Tagen von EHEC lässt es aufhorchen, dass sich multiresistente Staphylokokken-Bakterien im 500-Meter-Umkreis von Massentieranlagen in deutlich erhöhten Konzentrationen nachweisen lassen. Auch an diesem Irrweg sind nicht allein die sozialistischen Landwirtschaftsstrukturen aus der DDR-Zeit schuld, sondern ebenso die aktuelle Agrarpolitik. Brandenburg gehört neben Sachsen-Anhalt und Thüringen zu den drei einzigen deutschen Bundesländern, in denen öffentliche Gelder als Fördermittel für „gewerbliche Unternehmen mit flächenloser Tierproduktion" ausgegeben werden.

Christian Schulze setzt sich kritisch mit dem Thema Bioenergie auseinander. Er beklagt die zunehmende Tendenz zur nichtlandwirtschaftlichen Biomasse-Produktion. Das heißt, dass die Biomasse zur Energiegewinnung nicht in einen ansonsten landwirtschaftlichen Produktionsablauf und eine landwirtschaftliche Fruchtfolge integriert wird, sondern neue Landnutzungsbetriebe entstehen, die in riesigen Monokulturen ohne jede Fruchtfolge ausschließlich Energiepflanzen anbauen. Auch diese Fehlentwicklung gedeiht auf der Basis der bis in die Gegenwart verlängerten sozialistischen Großflächenstruktur üppiger als im Westen. Bei aller Notwendigkeit der Förderung eines Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen sieht Christian Schulze hier einen dringenden Steuerungsbedarf.

Ihre konkreten Erfahrungen als in Brandenburg praktizierende Landwirte bringen Thomas Jülke, Karsten Jennerjahn und Heike Wähner ein.

Soweit zur schonungslosen Analyse der heutigen Lage der brandenburgischen und ostdeutschen Landwirtschaft. Doch wie kommen wir heraus aus dieser verfahrenen Situation? Und wohin soll der Ausweg führen? Nein, dieses Buch bleibt uns diese Antworten nicht schuldig. Sabine Niels und ihre Mitstreiter formulieren in ihrem Beitrag – der wohl der wichtigste dieses Buches ist – für die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen klare „Ziele zur Entwicklung der ländlichen Regionen in Brandenburg". Sie wollen landesweit eine ökologische und regional verankerte Landwirtschaft fördern. Sie ziehen Konsequenzen aus dem Befund, dass die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte zur Folge hat, „dass uns Verbrauchern mit einem hohen Einsatz fossiler Rohstoffe, Kunstdünger und Pflanzenvernichtungsmitteln Massen möglichst billiger, zunehmend naturverfremdeter und oft schadstoffbelasteter Produkte verkauft werden." Völlig zu Recht schreibt Sabine Niels: „Dies alles geschieht auf Kosten von Natur, Umwelt und unserer Gesundheit. Eine solche Land- und Lebensmittelwirtschaft ist ebenso wenig zukunftsfähig wie eine Politik, die diesen Zustand mit Milliardensubventionen auf Kosten der Gesellschaft und zukünftiger Generationen zementiert. Deshalb brauchen wir dringend eine Agrarwende."

Als Impuls zu dieser Agrarwende formuliert Sabine Niels ganz konkrete Schritte für die Bereiche Landwirtschaft, ländliche Räume, Bodenpolitik, Vermarktung und erneuerbare Energien. Aus diesen Zielen – die Sabine Niels näher erläutert – ergibt sich ein neues und ein sehr hoffnungsvolles Leitbild für die Landwirtschaft. Dieses Leitbild ist aber keineswegs fertig oder gar zementiert, sondern die Autoren laden ein zu einem offenen Diskurs und zur Beteiligung.

Den Autoren ist es durchaus bewusst, dass Brandenburg nicht ganz und gar unabhängig ist vom Rest der Welt, sondern in nationale, europäische und globale Politikprozesse eingebunden ist. Doch ihnen ist auch bewusst, dass es zu nichts führt, wenn alle darauf warten, dass anderswo ein Anfang gemacht wird. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat genau hier einen Anfang gemacht, wo es vielleicht am schwersten ist. Und dieser Impuls wird über Brandenburg hinaus ausstrahlen, da bin ich mir sicher.

Sie haben den Stein ins Rollen gebracht und den Weg gebahnt, der mindestens für alle ostdeutschen Bundesländer überfällig ist! Dies ist der wahre „Brandenburger Weg". Nicht das Zementieren einer dunklen Vergangenheit, wie es Manfred Stolpe und Edwin Zimmermann im Sinn hatten, sondern der Befreiungsschlag hin zu einer zukunftsfähigen, menschengemäßen und naturverträglichen Landwirtschaftspolitik, wie er von Axel Vogel, Sabine Niels und die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Brandenburger Landtag angestoßen wurde, verdient den Begriff „Brandenburger Weg". Dieses Buch „Umbrüche auf märkischem Sand“ ist ein bahnbrechendes Werk!

Danke!