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Öffentlich im Dunklen

Marie Luise von Halem, MdL

Am BER und anderswo: Mit öffentlichen Geldern muss auch öffentlich umgegangen werden. Beispiele aus Großbritannien zeigen, dass sich Transparenz nicht nur auf Kosten und Bauzeit sondern auch auf die Zustimmung positiv auswirkt. Von Marie Luise von Halem

Eine „transparentere Informationspolitik“ gelobte Ministerpräsident Matthias Platzeck kurz vor seiner Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft FBB im Januar. Doch davon merken wir bislang nichts: Abgeordnete können FBB-Controlling-Berichte weiter nur in einer Geheimkammer sehen, Medien bleibt nur der Versuch, Akteneinsicht einzuklagen. Selbst die Unternehmensziele, die Brandenburg, Berlin und Bund als Gesellschafter verfolgen, werden der Öffentlichkeit nicht kommuniziert.

Dabei haben nicht nur privat geführte Unternehmen Transparenz als Marktvorteil entdeckt. Die Regierung in Großbritannien sah die Vorbereitung der Olympischen Spiele 2012 als ideales Pilotprojekt für mehr Bürgerbeteiligung und schulte nicht nur Bürgerinnen und Bürger bei der Wahrnehmung von Beteiligungsrechten, sondern informierte sie offensiv über Kalkulationen und Kostenschwankungen. Das wirkte sich nicht nur auf Bauzeit und Kosten positiv aus, sondern auch auf die Zustimmung: 89 Prozent der Bevölkerung der an die Austragungsstätten angrenzenden Londoner Stadtteile identifizierten sich mit den Spielen, zwei Prozent mehr als der Landesdurchschnitt. Von solchen Zustimmungswerten kann die Brandenburger Landesregierung beim BER, dem deklarierten Hoffnungsträger für wirtschaftliche Höhenflüge, nur träumen.

Ein hoher Anspruch an Transparenz sollte für Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung in ganz besonderem Maße gelten. Schließlich wird hier mit Steuergeldern gewirtschaftet. Eine öffentliche Beteiligung hat nur Sinn, wenn dem Gemeinwesen nutzende Ziele und nicht primär Gewinnerwartungen damit verfolgt werden. Diese Ziele sind demokratisch zu diskutieren und laufend neu zu bewerten. Nicht nur im Falle des Flughafens, sondern auch auf kommunaler Ebene werden heute viele Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge von privatrechtlich organisierten Unternehmen wahrgenommen. Die entsandten Aufsichtsräte unterliegen aber nach Unternehmensrecht der Verschwiegenheitspflicht. Informationen, die eigentlich öffentlich zugänglich sein müssten, sind so nur für die Aufsichtsräte verfügbar. In der Öffentlichkeit entsteht dadurch schnell der Eindruck, es werde selbstherrlich gehandelt und letztlich von niemandem Verantwortung übernommen. Wir Bündnisgrüne fordern seit Langem auf Bundesebene eine Teilöffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen und Berichtspflichten gegenüber den beteiligten Gebietskörperschaften.

Auch die Landesebene könnte anders agieren: Wie viele privat geführte Gesellschaften hat das Land Brandenburg sogar einen Corporate Governance Kodex für seine Beteiligungen, eine Selbstverpflichtung für gute Unternehmensführung. Er beschreibt eine Art Gewaltenteilung zwischen Geschäftsführern, Aufsichtsrat und den Anteilseignern und enthält Handlungsanleitungen. Dieser Kodex beschreibt, wie unternehmenseigene Ziele in enger Abstimmung mit den Ministerien zu erstellen und fortzuschreiben sind, wie das mit der Beteiligung verfolgte Landesinteresse zu konkretisieren ist. Dazu gehört eine Zielerreichungskontrolle genauso wie zum Ende eines jeden Jahres ein öffentlicher Bericht über die Zielerreichung und die Erfüllung des Landesinteresses. So die Theorie. Die Praxis sieht anders aus: Die Bitte unserer Fraktion, sich die Umsetzung der Corporate-Governance-Kodex-Ziele in einigen öffentlichen Betrieben des Landes ansehen zu dürfen, wurde vom Finanzministerium abgelehnt. Das Ansinnen sei durch unsere durch Verfassung und Geschäftsordnungen definierten parlamentarischen Informationsrechte nicht gedeckt.

Die Kluft zwischen den für die Flughafengesellschaft Verantwortlichen, die leichtfertig mit Steuergeldern hantieren, und einer Öffentlichkeit, deren berechtigtes Informationsinteresse abgebügelt wird, vertieft sich immer mehr. Welche abstrusen Argumente hier teilweise bemüht werden, stellte jüngst erst wieder der Chef der Berliner Senatskanzlei unter Beweis: „Mit Offenbarung der für den Ausbau und die Fertigstellung des Flughafens relevanten Dokumente würde der FBB GmbH neben dem genannten wirtschaftlichen Schaden auch ein erheblicher Rufschaden aufgrund umfangreicher öffentlicher Berichterstattung drohen.“ (PNN, 21.2.13). Solche Bruchpiloten hat die Demokratie nicht verdient. „Transparentere Informationspolitik“, sieht anders aus.

Dieser Gastbeitrag von Marie Luise von Halem erschien am 5. März 2013 in den Potsdamer Neuesten Nachrichten.