Übersicht
Meine Einsatzstelle hat ihren Sitz im Brandenburger Landtag in Brandenburgs Hauptstadt Potsdam. Die Bündnisgrünen haben zehn Mandate im Parlament und sind Teil der Regierung, zusammen mit der SPD (25 Abgeordnete) und der CDU (15). Die Opposition bilden die Linken (10), AfD (26) und die Gruppe BVB/Freie Wähler (4).
Die Fraktion ist der parlamentarische Arm der Partei auf Landesebene. Sie ist nicht die Partei selbst und hat daher andere Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche. Sie ist auch nicht die Regierung. Die Grünen stellen zwei Ministerien, die erstmal unabhängig vom Parlament arbeiten. Sie sind die Exekutive, die Fraktion ist Teil der Legislative. Sie besteht neben den Abgeordneten aus der Geschäftsstelle, den Fachreferent*innen und dem Team Medien. Die Fraktion wird von unserer Fraktionsgeschäftsführerin geschäftlich geführt, weiter gibt es Sachbearbeiterinnen, Vorstandsreferent*innen, die den Vorstand unterstützen und ein ITler. Der Vorstand setzt sich aus den Fraktionsvorsitzenden Petra Budke und Benjamin Raschke und dem parlamentarischen Geschäftsführer, Clemens Rostock zusammen. Gemeinsam entscheiden sie über politische Leitfragen der Fraktion. Insgesamt arbeiten in der und für die Fraktion 34 Personen.
Die Fachreferent*innen haben den Überblick über zahlreiche politische Themen, arbeiten den Abgeordneten zu und stehen ihnen mit ihrem Expert*innenrat zur Seite.
Das Team Medien kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion. D.h., es vermittelt zum einen die Inhalte der politischen Arbeit der Abgeordneten über soziale Medien. Dazu gehört Instagram-Posts zu erstellen und über Gesetzesbeschlüsse und Anträge zu informieren, Pressemitteilungen (PMs) zu schreiben und zu teilen oder Veranstaltungen zu begleiten. Es gibt neben der Pressesprecherin Social Media Managerinnen und eine Referentin für Veranstaltungen. Sie kümmert sich um die Organisation von (fraktionsinternen) Veranstaltungen der Fraktion, wie Fachgespräche, in denen man Expert*innen einlädt und öffentlich ein spezifisches Thema beleuchtet, oder Fraktionsklausuren und Dienstreisen.
Meine Aufgabenbereiche
Bei meiner Einsatzstelle durchläuft man verschiedene Einsatzbereiche. Den ersten Monat verbringt man in der Geschäftsstelle, wo man an vielen Sitzungen, wie der Fraktionssitzung oder Fraktionsvorstandssitzung teilnimmt. Daneben unterstützt man bei organisatorischen Aufgaben. Irgendwer muss sich um die Post, Catering oder Raumbuchungen kümmern. Weitere typische FSJ-Aufgaben sind die Gesprächsliste (dort steht drin welche Besuchergruppen kommen, wofür MdLs gebraucht werden) zu koordinieren und Pressekonferenzen zu beobachten. Man ist auf eine Weise Mädchen für alles und das bleibt auch so, wenn man dann ins Team Medien wechselt. Dort bleibt man nach Vereinbarung 6 Monate und wird integrer Teil des Teams. Man kümmert sich hauptsächlich um das Erstellen von Instagram-Posts mit Designprogrammen und das Schreiben der zugehörigen Captions. Dies erfordert viel Abstimmungsarbeit mit den Fachrefs und MdLs. Teilweise kann man sehr kreativ in der Umsetzung sein. Ich stelle zusätzlich PMs auf der Fraktions-Website hoch und poste über Twitter. Daneben begleite ich eine Kampagne der Fraktion. Es kann auch vorkommen, dass man mal die Pressesprecherin vertreten muss, wenn diese Urlaub hat (dann aber nur in angemessenem Rahmen), oder der Referentin für Veranstaltungen bei der Vorbereitung eines Fachgesprächs hilft. Wenn jemand vertreten werden muss, übernehme ich das Fraktionstelefon, wo eigentlich jede*r anrufen kann und das Pressetelefon, bei dem sich Journalist*innen melden. Zum Ende des FSJs ist vorgesehen, in die inhaltliche politische Arbeit einzusteigen und man wechselt zu den Fachrefs, je nachdem für welches Schwerpunkthema man sich interessiert. Die Fachreferent*innen kennen sich in ihren jeweiligen Gebieten sehr gut aus und bereiten z.B Anfragen und Anträge vor, oder schreiben PMs.
Weitere Informationen zu den Aufgabenbereichen
Die Atmosphäre innerhalb der Fraktion ist sehr willkommen und freundlich. Wir arbeiten alle auf demselben Flur und gehen gemeinsam Mittag essen. Mein Team finde ich super, trotz starker Fluktuation in der Zusammensetzung. Alle duzen sich, selbst die Minister*innen werden mit Vornamen angesprochen. Trotzdem herrscht eine spürbare Hierarchie zwischen den verschiedenen Ebenen, auch zwischen den Mitarbeiter*innen und Mandatsträger*innen.
Meinem Empfinden nach ist die grüne Fraktion arbeitsrechtetechnisch vorne, denn der Geschäftsführung ist es wichtig, dass es allen gut geht. Meine Ansprechperson als FSJlerin ist unsere Fraktionsgeschäftsführerin und sie macht das sehr gut. Ich werde gut unterstützt bei Anliegen und Fragen. Der Betrieb ist sehr familienfreundlich und es wird sehr darauf geachtet, Familie und Beruf vereinbaren zu können. Wenn man krank ist, wird man dazu aufgefordert, zu Hause zu bleiben und es ist explizit gewünscht, sich alle Urlaubstage zu nehmen. Des Weiteren gibt es ein Sportangebot und kostenloses Obst für die Fraktion. Der Betriebsrat, der die Interessen der Beschäftigten vertritt, ist in gutem Kontakt mit der Geschäftsführung. Gerade durch die Streiks war ich öfters mal im Homeoffice und wegen Weihnachten eine Woche, sodass ich früher zu meinen Eltern fahren konnte. Als FSJlerin ist es aber wichtig, vor Ort zu sein, weshalb es einen expliziten Grund geben muss, wenn man zu Hause arbeiten möchte.
Die Arbeitszeiten variieren, ich bleibe meistens unter 40 Wochenstunden. An manchen Tagen arbeitet man bis zu 12 Stunden aufgrund von Veranstaltungen. Im Schnitt fange ich um 10 Uhr an und gehe gegen 17:30 Uhr. Bisher war ich auf einer Dienstreise in Brüssel, was spannend, aber sehr anstrengend war. Gerade im Social-Media-Bereich begleitet man Veranstaltungen oder Events, um Fotos zu machen. Letztens war z.B. Claudia Roth zu Besuch.
Mein Eindruck
Ich mag meine Einsatzstelle. Mein Team ist toll und alle sind freundlich (meistens). Es ist schön, dass ich in einem relativ weiblichen Umfeld arbeite und wir uns auf Augenhöhe begegnen. Es ist allerdings eine Gratwanderung zwischen der Rolle als FSJlerin und Mitarbeiterin. Man soll nicht zu sehr belastet, gleichzeitig aber nicht unterfordert werden. Manchmal fühle ich mich nicht ernst genug genommen, gleichzeitig traue ich mir selbst nicht so viel zu. Häufig fühle ich mich unwohl, noch einmal nachzufragen, weil ich den Anspruch an mich habe, alles schon zu können. Es ist wichtig, im Kopf zu behalten, dass alles ein Lernprozess ist und das FSJ ja v.a. auch dazu ist, sich weiterzubilden und neue Erfahrungen zu machen. Der Wechsel vom Schul- zum Arbeitsalltag war am Anfang herausfordernd. Persönlich musste ich mich erstmal daran gewöhnen, von morgens bis abends mit nur 30 Minuten Pause im selben Raum zu verbringen. (Sideeye an die kapitalistische Arbeitsmoral). Jetzt komme ich damit ganz gut klar, mehr als schlafen und arbeiten ist unter der Woche aber nicht mehr drin (Im Winter zumindest.) Dafür habe ich freie Wochenenden und kann die Arbeit in Potsdam lassen, was ich zu Schulzeiten sehr vermisst habe. Und die Zeit vergeht so krass schnell, was zum Teil daran liegt, dass man im Wochenrhythmus arbeitet und jeden Montag der Spaß wieder von vorne losgeht.
Für wen die Einsatzstelle etwas ist
Ich habe mich beworben, weil ich wissen wollte, wie es hinter den Türen der Politik wirklich zugeht. Hier bekommt man spannende Einblicke in die Abläufe eines Landtags, genauso wie die einer Fraktion. Man muss aber beachten, dass jede Fraktion in jedem Bundesland anders arbeitet. Es ist von Vorteil, wenn man sich für diesen Bereich interessiert und vielleicht schon ein paar politische Herzensthemen hat. Man muss aber nicht das System komplett durchgespielt haben, deswegen macht man ja ein FSJ. In der Fraktion sind viele mit klassischem Nine-to-five-Job beschäftigt, es ist also viel Büroarbeit, viel Arbeit am Computer. Aber wir haben Stehtische, so that’s a plus. Als FSJler*in wird man relativ geschont, was Verantwortung angeht, es wird aber erwartet, dass die dir zugeteilten Aufgaben sorgfältig und gewissenhaft erledigt werden. Schließlich ist man Teil eines Teams und man muss sich aufeinander verlassen können. Generell sollte man bereit sein, sich auf Neues einzulassen und sich anfangs überfordert zu fühlen, weil andere Skills als in der Schule gefragt sind. Ein FSJ im Brandenburger Landtag ist lehrreich, anstrengend, manchmal langweilig, meistens spaßig und häufig trubelig. Ich würd's wieder machen.