– Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede
Kernpunkt dieser Gesetzesänderung ist die schrittweise Anhebung des an die Kommunen fließenden Teils der Landeseinnahmen von derzeit 20% auf 22,43% im Jahr 2022. Die Verteilung von Steuergeldern zwischen einem Land und seinen Kommunen nach einer festen Quote ist bei weitem nicht in allen Ländern üblich. Brandenburg nimmt im bundesweiten Vergleich eher eine Zwischenposition ein.
Während vor Allem die großen Länder wie Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen sich nach einer festen Verbundquote richten und andere Länder, wie Thüringen oder Hessen, die Kommunen über eine reine Bedarfsorientierung finanzieren, wurde in Brandenburg das Verbundquotenmodell mit einer Aufgabenanpassungsklausel versehen. Die Angemessenheit der jeweiligen Verbundquote wird also regelmäßig gutachterlich überprüft und das hat diesmal ergeben, dass eine Anhebung der Verbundquote angebracht ist.
Soweit, so gut. Aber damit ist es unseres Erachtens nicht getan. Trotz der nun schon seit Jahren anhaltenden, positiven wirtschaftlichen Entwicklung im Land kommt eine verbesserte Finanz- oder Haushaltssituation in einem Teil der brandenburgischen Gemeinden noch nicht an. Etwa ein Fünftel der Brandenburger Kommunen müssen Haushaltssicherungskonzepte aufstellen. Die mangelnde Ausfinanzierung der kommunalen Aufgaben ist unserer Auffassung nach ein wesentlicher Grund für diese hohe Zahl. Die jetzt vorgenommene Anhebung der kommunalen Schlüsselzuweisungen wird den Problemen dieser Kommunen jedoch kaum gerecht. Allenfalls der weitere Anstieg der schon seit Jahren stetig wachsenden Kommunalausgaben für Soziales kann hierdurch halbwegs kompensiert werden.
Landkreise sowie Städte und Gemeinden die heute schon unterfinanziert sind, werden es daher auch in Zukunft bleiben. Die vom Land angebotene Teilentschuldung hilft hier sicher aber das betrifft vornehmlich die kreisfreien Städte. Die ebenfalls vorgesehene Anpassung des Soziallastenausgleichs wirkt hier wie der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Die Anhebung hat mit 60 Mio. EUR nur ein homöopathisches Ausmaß. Und sie kompensieren teilweise die nach 2020 für die Kommunen völlig weggefallenen Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von 40 Mio. EUR.
Will man die dauerhaft abgehängten Kommunen also besser fördern ist der kommunale Finanzausgleich also dringend reformbedürftig. Nicht was die absolute Höhe der Ausgleichszahlungen anbelangt, dem wird diese Änderung jetzt durchaus gerecht, sondern was die Verteilung zwischen den Städten und Gemeinden anbelangt. Das wesentliche Kriterium im Finanzausgleichsgesetz ist die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner. Kommunen, die viele Menschen verwalten, bekommen mehr als kleinere Kommunen. Dass mit zunehmender Größe eigentlich die Effizienz pro Einwohner steigt, wird hierbei unberücksichtigt gelassen. Der hiesige Verteilungsmechanismus setzt dem aber sogar noch etwas oben drauf: Je größer die Gemeinde oder Stadt, desto höher ist der Zuschuss pro Einwohner. 10 von 13 Flächenländern in der Bundesrepublik verwenden in ihren kommunalen Finanzausgleichssystemen solche Einwohnerwertungen. Lediglich in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz gibt es statt einer Hauptansatzstaffel ausschließlich aufgabenbezogene Bedarfsindikatoren.
Inzwischen besteht unter den Experten jedoch Einigkeit darüber, dass die ursprünglich gegebenen Begründungen zur Einführung von solchen Einwohnerveredelungen zum Teil überholt sind. Sie stellten auf die damaligen unterschiedlichen Ansprüche der Land- und Stadtbevölkerung vor Allem im Bereich der Infrastruktur ab. Die heutigen Begründungen beziehen sich auf die Bedarfsrelevanz siedlungsstruktureller Besonderheiten, etwa von Ballungsräumen, daneben aber auch auf die besondere Funktion der größeren Gemeinden für das Umland in den Bereichen Bildung, Kultur und allgemein städtischer Infrastruktur. In einem Land wie Brandenburg aber, in welchem fast die Hälfte der Bevölkerung eigentlich in Vororten Berlins wohnen, die so gut wie keinerlei Umlandfunktion übernehmen, ist dieser Ansatz dringend zu hinterfragen.
Eine Verteilung allein nach der Größe der jeweiligen Gemeinde führt zu der heute existierenden Unwucht des FAG. Vergleicht man zum Beispiel das Berliner Umland mit dem weiteren Metropolenraum, so stellt man fest, dass das Umland von den seit Jahren steigenden Schlüsselzuweisungen weit mehr profitiert, als die ländlichen Räume. Von 2017 bis 2019 wachsen die Schlüsselzuweisungen im Berliner Umland um 23,7% und im Rest des Landes nur um 11,5%. Die Schere geht also weiter auseinander anstatt sich zu schließen. Wenn nicht die Bedarfe in den jeweiligen Kommunen die Höhe der Schlüsselzuweisungen bestimmen sondern die Höhe fast ausschließlich nach Größe verteilt wird, macht das also wenig Sinn. Bedarfsorientierte Kriterien wie sie im Soziallastenausgleich zum Einsatz kommen, wären da aus unserer Sicht wesentlich geeigneter. Andere Aspekte, wie zum Beispiel der Umfang der zu bewirtschaftenden Infrastruktur wie Straßen oder Abwassersysteme werden vom Städte und Gemeindebund ins Spiel gebracht und haben ebenfalls ihre Berechtigung.
Anrede
All das ist Grund genug, sich mit dem Finanzausgleich grundlegender zu beschäftigen, als das hier jetzt möglich ist. Eine solche grundlegende Überarbeitung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen hätte sich in dieser Legislaturperiode aus unserer Sicht gemeinsam mit der Verwaltungsstrukturreform angeboten.
Als kleines Überbleibsel der Verwaltungsstrukturreform wird es nun in Brandenburg die Verbandsgemeinde geben, die mit diesem Gesetzentwurf auch in das FAG integriert werden soll. Ein solcher freiwilliger Zusammenschluss mehrerer Ortsgemeinden ist letztliche nichts anderes als eine Stadt bestehend aus mehreren Ortsteilen. Wenn man also schon an der Einwohnerveredelung festhalten möchte, muss dies auch für die zu bildenden Verbandsgemeinden gelten.
Denn, folgte man der vom Städte- und Gemeindebund vorgelegten Argumentation gegen einen erhöhten Bedarfsansatz von Verbandsgemeinden, müsste man auch den erhöhten Bedarf größerer Städte und Gemeinden insgesamt also die Einwohnerveredelung ablehnen. Da diese grundlegende Reform des FAG aber zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr möglich war, werben wir um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag auch die Verbandsgemeinden bei der Einwohnerveredelung zu berücksichtigen.
Der Antrag wurde abgelehnt.