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Clemens Rostock spricht zu Wasserstoff

-Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!

Herr Walter, ich möchte Ihnen zu Ihrem Selbstvertrauen gratulieren: dass Sie immer annehmen, es gehe alles auf Sie zurück. - In diesem Fall war es schlicht so, dass der Verhandlungsprozess noch lief. An der Stelle möchte ich mich stellvertretend für die Koalition entschuldigen, dass der Neudruck so spät kam. Wir versuchen, das beim nächsten Mal früher hinzubekommen.

Das Thema Wasserstoff ist in aller Munde, und darin liegt tatsächlich ein großes Potenzial - das auch wir sehen -, zur Energiewende und zur Dekarbonisierung beizutragen. Ich möchte das aber in einen Kontext einbetten, der für uns Bündnisgrüne wichtig ist. Der beste Beitrag zur Energiewende, zur Dekarbonisierung, ist immer noch die Energieeinsparung. Mit jeder Kilowattstunde und jedem Joule, die wir einsparen können, sparen wir uns auch einen Streit darüber, woher sie kommen sollen.

Der zweitbeste Beitrag zur Energiewende, zur Dekarbonisierung, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Jede Kilowattstunde und jedes Joule, die von dort kommen, ersetzen fossil und nuklear erzeugte Energie, sorgen für dezentrale Bereitstellung und untergraben das Oligopol der vier großen Stromkonzerne bzw. lassen es schwinden. Das ist auch wettbewerbspolitisch gut.

Kommen wir zum drittbesten Beitrag, bei dem der Wasserstoff eine sehr große Rolle spielen kann - Herr Barthel hat die chemischen Vorteile deutlich gemacht -: Bei der Verbrennung entsteht nur Wasser. Wir können damit die Nachfrage und das Angebot zielgenau zusammenbringen, zeitlich und örtlich.

Herr Kubitzki, Sie haben gesagt, wir bräuchten Daten und Fakten. Vieles, was Sie aufgezählt haben, gibt es ja; es gibt schon viele Untersuchungen. Sie haben gesagt, das sei noch nicht ausgereift, und deswegen sollten wir da nichts machen und dem Antrag nicht zustimmen. Aber der Antrag zielt genau darauf ab, das zur Marktreife zu bringen und die Regularien, die das bisher behindern, zu beseitigen.

Und noch ein Vorteil von Wasserstoff, die Erleichterung der Sektorkopplung, wurde schon genannt. Er kann zur Bereitstellung von Strom und Wärme sowie für Mobilität genutzt werden. Deswegen haben wir diesen Antrag vorgelegt, für den wir um Zustimmung bitten.

Nun wurde die Technologieoffenheit bei der Herstellung angesprochen. Ich möchte das kurz darstellen: Es gibt drei große Nutzungen. Wir können ihn durch Elektrolyse - also mit Strom - herstellen. Es kommt auf den Strom an, ob es dann grüner oder grauer Wasserstoff ist.

Wir können ihn durch Reformierung herstellen, dann haben wir blauen Wasserstoff, oder durch Pyrolyse, dann haben wir türkisen Wasserstoff. Dass wir als Bündnisgrüne die Elektrolyse bevorzugen, ist klar - am besten unter Nutzung des Ökostroms. Hiermit können wir das Problem angehen, das gestern angesprochen wurde: die Stromspitzen bei der Windkraft besser zu nutzen, also nicht abzuregeln, sondern die Energie direkt zu nutzen.

Liebe BVB / FREIE WÄHLER, in der Begründung des Antrags steht, die Wasserstoffstrategie müsse auf Basis des Koalitionsvertrags erarbeitet werden. Im Koalitionsvertrag wird der Verpressung von CO2 eine klare Absage erteilt. Wir könnten das in jeden einzelnen Antrag schreiben. Damit würden wir die Erteilung der Absage aber nur abschwächen; denn wenn wir es in einem Bereich einmal vergessen, heißt es gleich: Aha, da ist es also doch möglich. - Wir halten uns lieber an die generelle Aussage im Koalitionsvertrag.

Der Antrag bezieht sich auf das Eckpunktepapier der ostdeutschen Kohleländer. Dort liegt die Betonung eindeutig auf dem grünen Wasserstoff. Dort wird auch die Technologieoffenheit angesprochen, aber ihr werden enge Grenzen gesetzt. Da steht nämlich: „Wenn dabei“ - also beim grünen Wasserstoff - „Lücken identifiziert werden, die sich nicht durch grünen Wasserstoff abdecken lassen, so muss der Markthochlauf technologieoffen, aber mindestens klimaneutral […] abgesichert werden.“

Damit sind der Reformierung und der Pyrolyse enge Grenzen gesetzt, und das ist richtig so, denn die wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigste Form ist und bleibt der grüne Wasserstoff.

Ich komme noch zu einem weiteren sehr wichtigen Punkt, der für uns in dem Kontext steht und auch fest im Antrag verankert ist. In der Begründung wird gesagt: Es geht um die - ich betone - effiziente Nutzung des Wasserstoffs. - Es gibt Bereiche, in denen er genutzt werden kann und wo es Alternativen gibt; und es gibt Bereiche, in denen es kaum oder nur schlechte Alternativen gibt.

In Industrieprozessen zum Beispiel - die Stahlindustrie wurde angesprochen - brauchen wir den Wasserstoff zur Dekarbonisierung; da gibt es kaum brauchbare Alternativen. Deshalb ist das ein gutes Einsatzfeld. Auch Speichermedien wurden angesprochen. Hier kann man, wenn mehr Strom vorhanden ist, Elektrolyse betreiben; wenn weniger Strom zur Verfügung steht, kann der Wasserstoff in Strom zurückgewandelt werden. Es gibt auch andere Speichermethoden: im großen Maßstab Pumpspeicherkraftwerke zum Beispiel, im kleinen Maßstab direkt in den Haushalten.

Auch haben nicht alle erneuerbaren Energien die Eigenschaft, volatil zu sein: Zum Beispiel kann man mit Wasserkraft, Biomasse und Biogas auf Nachfrageänderungen reagieren.

Schließlich muss man die Nachfrage auch nicht als gegeben annehmen; man kann auch Schwankungen in Angebot und Nachfrage zusammenbringen. Das klassische Beispiel hierfür ist das Kühlhaus: Wenn sehr viel Strom zur Verfügung steht, kühlt es weiter herunter, als es normalerweise tun würde. Wenn weniger Strom da ist, schaltet es die Kühlung kurz ab. Dazu gab es auch viele Projekte, zum Beispiel im Rahmen von „WindNODE“. Das heißt: Hier sollte man nicht ausschließlich auf Wasserstoff setzen, sondern immer die effizienteste Lösung nutzen. Letzter Bereich - Bei der Mobilität: Wir haben hier die

Tesla-Ansiedlung. Hier geht es um die direkte Nutzung von Strom; deshalb sollte man da erneuerbar gewonnenen Strom bevorzugen. Aber da, wo die direkte Nutzung des erneuerbar gewonnenen Stroms nicht ausreicht - bei langen Entfernungen oder großen Lasten -, sollten wir auf Wasserstoff setzen. Deswegen das Fazit:

Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein, es muss grüner Wasserstoff sein - perspektivisch und vorwiegend auf jeden Fall. Aber er muss effizient eingesetzt werden. Im Moment stehen dem viele Regularien entgegen. Der Antrag soll das ändern; ich bitte um Zustimmung.

- Vielen Dank.

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