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Ricarda Budke spricht zum Antrag „Landes-Kinder- und Jugendbeauftragte/n jetzt voranbringen!“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

Liebe Kolleg*innen,

Werte Gäste,

Brandenburg als drittes Bundesland überhaupt bekommt das Amt einer oder eines Kinder- und Jugendbeauftragten. Bisher gibt es solche Beauftragte erst in Sachsen-Anhalt und in Hessen.

In Hessen ist es aber lediglich eine ehrenamtliche Selle und zur Zeit unbesetzt. Natürlich gibt es Kinder- und Jugendbeauftragte auch in einigen Städten, aber auf Landesebene betritt Brandenburg damit ein relativ neues Terrain.

Das ist erstaunlich, weil wir inzwischen für sehr viele Interessensgruppen Beauftragte haben. Für Gleichstellung, Menschen mit Behinderung, Integration, Tierschutz und in dieser Legislatur neu auch einen Beauftragten für Seniorinnen und Senioren.

Spätestens nach dieser Aufzählung sollte klar sein, wer noch fehlt: Die Kinder und Jugendlichen. Da ist es nur folgerichtig, dass nun auch Kinder- und Jugendliche eine starke und unabhängige Lobby für ihre Interessen in der Landesregierung bekommen.

In der Corona-Krise haben wir gemerkt, dass gerade die Kinder und Jugendlichen diejenigen waren, die besonders stark von den Auswirkungen der Schutzmaßnahmen betroffen waren. Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen waren geschlossen. Fast alle Freizeitangebote haben nicht oder nur digital stattgefunden. Gleichzeitig war es wohl die Gruppe, die in dieser Krise mit am wenigsten Gehör bekam.

Jede Interessengruppe macht hier auf ihren Bedarf aufmerksam, kämpft für spezielle Rettungsschirme oder - je nach Pandemiegeschehen - für verstärkte Schutzmaßnahmen oder mehr Öffnungen in der Umgangsverordnung. Es gibt auch bereits tolle Interessensgruppen der Kinder- und Jugendlichen: die Landesschüler*innenvertretung, den Landesjugendring oder den Landes-Kinder- und Jugendausschuss.

Was aber noch fehlt ist eine gebündelte Stimme innerhalb der Landesregierung. Und genau diese Rolle soll der oder die Beauftragte erfüllen! Seit Jahren setzt sich der Landesjugendring gemeinsam mit den Jugendverbänden dafür ein, dass Jugendpolitik ressortübergreifend als eigenständiges Themenfeld begriffen und stärker in den Fokus genommen wird.

Die Fridays for Future-Bewegung zeigt deutlich, dass Kinder- und Jugendliche ihre gesamten Lebensbedingungen mitgestalten wollen. Das müssen wir ihnen ermöglichen. Als einen wichtigen Schritt hat der Landtag letzte Wahlperiode die Beteiligungsrechte von Kinder- und Jugendlichen auf kommunaler Ebene durch Änderung der Kommunalverfassung gestärkt. Das ist auch gut so und muss nun - auch mit Hilfe des Kompetenzzentrums Kinder- und Jugendbeteiligung - vor Ort mit Leben gefüllt werden.

Viele von Ihnen hier sind ja auch in lokalen Parlamenten. Bitte nehmen sie doch nochmal mit: Der Paragraph 18a in der Kommunalverfassung muss umgesetzt werden! Kinder und Jugendliche müssen beteiligt werden. Das ist das Recht der Kinder und Jugendlichen – und unsere Pflicht das hier umzusetzen.

Hierbei kann und soll auch die oder der Kinder- und Jugendbeauftragte unterstützend wirken. Aber was ist mit den Interessen von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene?

Gerade hier von uns werden durch Beschlüsse und Gesetze die Rahmenbedingungen für den Alltag und die Zukunft von Kindern und Jugendlichen gesetzt. Deswegen erhält die oder der Kinder- und Jugendbeauftragte nicht nur ein frühzeitiges Beteiligungsrecht bei allen Rechtssetzungsprozessen und Gesetzen, soweit sie unmittelbar und auch mittelbar die Rechte von Kinder- und Jugendlichen berühren.

Die oder der Beauftragte soll darüber hinaus darauf achten, dass Kindern und Jugendlichen selber bei den betreffenden Planungen beteiligt werden. Das ist ein mutiger Schritt, und ich bin selbst gespannt, wie wir den Erwartungen, die damit geweckt werden, dann auch gerecht werden.

Darüber hinaus, Frau Augustin ist schon darauf eingegangen, ist uns die Mitwirkung der oder des Beauftragten bei der Ausgestaltung des Kinderschutzes, insbesondere bezüglich sexualisierter Gewalt, ausgesprochen wichtig.

Zum Änderungsantrag der Linken: Wir stehen ja schon seit geraumer Zeit - auch gemeinsam mit Ihnen - mit dem Landesjugendring zum Aufgabenprofil und zur Ansiedlung der oder des Kinder- und Jugendbeauftragten im Austausch. Bei der Anbindung hätte sicher einiges auch für die Staatskanzlei gesprochen. Die Unabhängigkeit wäre wahrscheinlich am größten beim Landtag.

Aber dann ergäbe sich eine Ungleichbehandlung zu den Beauftragten, die beim Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbrauchschutz angesiedelt sind. Und wenn wir schon ein Ministerium haben, das „Jugend“ in seiner Bezeichnung führt, liegt es doch sehr nahe, dann auch dort die oder den Kinder- und Jugendbeauftragten anzusiedeln. Zumal dort die Wege zu den zuständigen Fachkolleg*innen nicht weit sind. Was die Ausstattung angeht, sind wir zunächst froh, dass wir in der Koalition Einigkeit erzielt haben, die notwendigen Mittel für die oder den Beauftragten schon jetzt im Haushalt 2021 bereitzustellen. Eine personelle Ausstattung, wie die Linke sie vorschlägt, wäre schön, ist aber im Moment nicht leistbar.

Schließlich stehen wir in dieser schwierigen Zeit ja auch vor der Herausforderung, die Infrastruktur für Kinder und Jugendliche zu sichern und auszubauen. Und selbst wenn die Personalvorstellungen der Linken erfüllbar wären, würde ein jährlicher Bericht der oder des Beauftragten diese Personalressourcen fast gänzlich binden. Schließlich unterschätzen wir nicht, was allein das weitgefasste Mitzeichnungsrecht an Arbeitsbelastung mit sich bringen wird.

Gerade in Zeiten, in denen einerseits die Kassen wieder knapper werden und andererseits durch die Klimakrise die Zukunft von Kindern und Jugendlichen in vielerlei Hinsicht gefährdet wird und wir ihre Perspektive brauchen, ist es umso wichtiger, dass Kinder- und Jugendliche eine starke Stimme als ihre Vertretung innerhalb der Regierung bekommen.

Die Kinder- und Jugendlichen in Brandenburg, aber auch viele Interessierte in anderen Bundesländern werden sehr genau darauf schauen, was wir aus dieser neuen Chance machen, zu der wir heute das Startsignal geben.

Dankeschön!