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Rede im Landtag: Rückzahlungen für Altanschließer

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

die letzte Debatte zum Thema Altanschließer hier im Landtag ist heute auf den Tag genau 11 Monate her. Wir hatten damals darüber debattiert, dass das Bundesverwaltungsgericht die Revision von vier Abwasserverbänden gegen die Rückzahlungsverpflichtung, die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2015 ergeben hat, verworfen hat. Heute haben wir eine ähnliche Debatte. Mit seinem Urteil vom 6. Oktober 2021 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die „hypothetische Festsetzungsverjährung“ auch dann zum Tragen kommt, wenn Abwasserverbände fusionieren oder sonstwie um-gebaut werden.

Ich persönlich, und das hatten wir ja auch schon im Innenausschuss besprochen, finde beide Urteile nicht überraschend. Ich stimme in meinem Rechtsgefühl auch mit beiden Urteilen überein und freue mich, dass sie so gefallen sind. Ich würde also mal sagen, hier hat die Justiz einen guten Job gemacht!

BVB/Freie Wähler legen nun einen Antrag vor, der dem Innenministerium aufgeben soll, einen Brief zu schreiben an die Abwasserverbände, das Urteil zu beachten. Was sie ja sowieso machen müssen. Und Sie wollen den Verbänden mitteilen, dass sie alle Beiträge, die nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil als rechtswidrig anzusehen sind und nicht bestandskräftig sind, zurückzuzahlen haben. Was sie ebenfalls sowieso müssen. Insofern ist nicht zu verstehen, was ein Beschluss dieses Antrags bringen soll. Wäre ein solcher Antrag von den Koalitionsfraktionen eingebracht worden, würden Sie ihn zu Recht als Schaufensterantrag kritisieren.

Was Sie ja ganz richtig ansprechen, ist der von Ihnen als „kreative Rechtsauslegung“ bezeichnete Versuch mancher Abwasserverbände, sich der Rückzahlung rechtswidrig erhobener und nicht bestandskräftiger Beiträge zu entziehen. Ich würde sogar sagen: „Die Trickserei der Verbände muss endlich ein Ende haben!“

Das wäre natürlich sehr plakativ und auch populistisch: Wer entscheidet denn, was „Trickserei“ ist? - Sie? Ich? Selbst ein Landtagsbeschluss in der Art, wie Sie ihn jetzt vorschlagen, hätte ja die Trickserei mit dem Wechsel des Einrichtungsträger nicht verhindert, weil ja gerade die Verbände der Meinung waren, damit würden sie dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht unterfallen. Wir können doch wohl nicht davon ausgehen, dass sie, die Verbände, in Unkenntnis des Urteils des Verfassungsgerichts gehandelt haben! Nein, sie hatten die Rechtsauffassung, dieses Urteil sei auf ihre Situation nicht anwendbar. Sie dann also aufzufordern, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, liefe doch offensichtlich ins Leere! Zumal eine derartige Aufforderung im Rundschreiben ja auch nicht bindend wäre.

Rechtssicherheit zur Auslegung der Gesetze und zur Auslegung von Urteilen zu schaffen, ist nicht Aufgabe des Landtags, sondern der unabhängigen Justiz. Ich gebe zu, das dauert manchmal unerträglich lange. Aber kommt zu den nach meinem Rechtsempfinden richtigen Ergebnissen. Dafür ist die Judikative in unserem Staat da. Eines durch die Legislative beschlossenen Eingriffs der Exekutive auf Landesebene braucht es nicht.

Für die Kontrolle der Abwasserverbände ist auch sowieso nicht der Landtag zuständig, sondern die Verbandsversammlungen. Diese sind politisch auf der Ebene der Kommunalpolitik besetzt, sie entscheiden über alle Angelegenheiten des Verbandes bis hin zur Wahl oder Absetzung der Verbandsleitung. Manchmal habe ich den Eindruck, dass alle die kommunale Selbstverwaltung hochhalten, bis zu dem Zeitpunkt, wo etwas nicht wie gewünscht funktioniert, und sich dann doch die „ordre du mufti“ von höherer Ebene wünschen.

Meine Damen und Herren, auch wenn die juristischen Auseinandersetzungen quälend lange dauern, und man bisweilen den Eindruck bekommt, damit würde bewusst getrickst, ist der Antrag von BVB/Freie Wähler nicht hilfreich, da er nicht zu einer Veränderung der Situation führen würde.

Den Antrag lehnen wir ab. Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Abwasser auf die Mühlen der Justiz: Altanschließer erneut im Recht - Rückzahlungen jetzt auf den Weg bringen" (TOP 22 der 68. Plenarsitzung)