Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Rede im Landtag: Blick zurück nach vorn

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Gäste,

Unsere Verfassung ist dreißig geworden. Das ist ein Grund zu feiern. Vielen Dank für diese würdevolle Feierstunde und den Blick zurück vor Beginn unserer Sitzung heute.

Es waren viele unterschiedliche Akteur*innen, die damals an der Erarbeitung unserer Landesverfassung mitgewirkt haben. (Wir waren das erste neue Bundesland, das eine eigene Landesverfassung mit Zustimmung der Bürger*innen in einem Volksentscheid verabschiedet hat.) Die Aufbruchsstimmung der Friedlichen Revolution und die Diskussionen der Runden Tische haben maßgeblich Eingang in den Text gefunden. Unsere Verfassung war damals – das dürfen die Brandenburger*innen mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen – eine der modernsten Deutschlands.

Und so ist die wunderbare Präambel aktuell wie am Tag der Verabschiedung. Hier sind wichtige Grundrechte und Staatsziele wie die Würde und Freiheit des Menschen, das Gemeinwohl, Solidarität, Gerechtigkeit, Toleranz und der Schutz von Natur und Umwelt fest verankert.

Dennoch ist es auch immer wieder wichtig, zu überprüfen, ob und wo die Verfassung an gesellschaftliche Entwicklungen angepasst werden muss. Und so ist der Blick zurück auch immer ein Blick nach vorn!

Unsere Gesellschaft ist im steten Wandel. Die Grundfesten unserer Verfassung bleiben bestehen. Aber es gibt immer wieder in einigen Punkten Anpassungs- und Entwicklungsbedarf.

Ich freue mich, dass sich vier demokratischen Fraktionen hier im Brandenburger Landtag auf gemeinsame Vorschläge einigen konnten.

Und ich würde mich freuen, wenn Sie, liebe Fraktion BVB/Freie Wähler, auch für unsere Änderungsvorschläge stimmen würden!

Der brutale Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine offenbart einmal mehr, wie wichtig gute nachbarschaftliche Beziehungen und Frieden innerhalb Europas sind. Deshalb verstärken wir das Bekenntnis der Freundschaft zu unserem Nachbarland Polen!

Die aktuelle Diskussion über antisemitische Tendenzen auf der documenta, die Ausstellung eines Kunstwerks mit offen judenfeindlicher Bildsprache, zeigt, dass wir im Einsatz gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung nicht nachlassen dürfen. In der Coronazeit hat die Zahl antisemitischer Gewalt- und Straftaten erschreckend zugenommen. Ein wichtiger Grund für uns, die Bekämpfung von Antisemitismus und die Förderung jüdischen Lebens und jüdischer Kultur nun explizit als Staatsziel in der Verfassung zu verankern.

Sintize und Sinti sowie Romanja und Roma leiden bis heute unter ihrer jahrhundertelangen Verfolgung. Deshalb ist es an der Zeit, dass wir auch die Bekämpfung von Antiziganismus in der Verfassung festschreiben.

Liewe Lü, dat Plattdütsch dat daff nich utstiärwen. Dat de Lü Platt snackt, inne Schol, inne Volkshochschol, inne Kiärk und inne Verein, dat wullt wie möglick maken.

Eine weitere Änderung betrifft die Wahl der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten. Hier wollen wir für die Oppositionsfraktionen in Zukunft mehr Möglichkeiten eröffnen und das nicht an eine starre Vorgabe wie die Fraktionsgröße binden.

Eine sehr wichtige Neuerung ist, dass unsere Verfassung endlich geschlechtergerecht werden soll. Denn was so hoffnungsvoll in der Präambel beginnt „Wir Bürgerinnen und Bürger“ setzt sich im weiteren Text nicht fort. Deshalb wollen wir zahlreiche rein maskuline Bezeichnungen in männliche und weibliche oder in neutrale Formulierungen ändern.

Als Bündnisgrüne hätten wir uns hier deutlich mehr vorstellen können. Nämlich eine Sprache, die nicht nur beide Geschlechter berücksichtigt, sondern wirklich inklusiv ist. Auch weitere Änderungen beispielsweise zur Parität in den Parlamenten, Klimaschutz als Staatsziel, mehr direkter Demokratie, Stärkung von Minderheiten- oder Kinderrechten waren jetzt noch nicht mehrheitsfähig. Das bleiben wichtige Projekte für die Zukunft!

Wir verbinden unsere heutigen Änderungsanträge mit konkreten Handlungsaufträgen an die Landesregierung. Deshalb bringen wir zwei Entschließungsanträge mit zahlreichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus (und Antiziganismus) mit ein.

Meine Damen und Herren, nach diesem kurzen Blick zurück nach vorn bitte ich um Zustimmung zu diesen Änderungsvorschlägen!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Gesetzentwurf "Achtes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg (2. Lesung)" (TOP 1 der 69. Plenarsitzung)