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Heiner Klemp spricht zu: Altanschließerbeiträge: Unrecht verjährt nicht - Flächendeckende Rückzahlungen weiter anstreben

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

schon die Überschrift des Antrags lässt aufhorchen: „Unrecht verjährt nicht“.

Reden wir hier von Mord? Bei Mord sind Verjährungsfristen abge­schafft, sonst gibt es für fast alles Verjährungsfristen.

Gerade im Bereich der Altanschließer geht es ja um Ver­jährung. Es geht nämlich darum, ob für die inhaltlich absolut legiti­men Ansprüche der Abwasserverbände Verjährung eingetreten ist oder nicht. Diese Frage ist inzwischen glücklicherweise gerichtlich geklärt.

In den entschiedenen Fällen war definitiv Verjährung eingetreten, daher dürfen Beitragsbescheide nicht mehr vollstreckt werden. Das ist übrigens völlig unstrittig!

„Unrecht verjährt nicht“, vielleicht geht’s ja auch mal eine Nummer kleiner. Ich will meine Redebeiträge vom 12. Dezember 2019 und vom 23. September 2020 hier nicht wiederholen und werde mir und Ihnen eine detaillierte Argumentation daher heute ersparen, nur soviel:

Ich hatte damals ausgeführt:

„Ich sehe auch nicht, dass der soziale Frieden dadurch gestört ist, dass Anlieger Beiträge für Anlagen entrichten müssen, die sie ja tatsäch­lich nutzen. Selbst wenn Andere – durch die verworrene Rechtslage - diese Beiträge nicht zahlen müssen. Das wäre genauso, als würden Sie ein Ticket für den Bus nicht bezahlen wollen, weil nebenan einer kein Ticket gezogen hat.“

Das ist nach wie vor der Stand. Die vielfache Beschäftigung mit dem Thema hat auch ergeben, dass pauschale Regelungen, diese Gerechtig­keits­lücke zu beseitigen, an anderen Stellen neue Gerechtigkeitsfragen aufwerfen würde. Das hat keinen Sinn.

BVB/Freie Wähler begehren nun, dass der Innenminister wieder einen Brief schreibt. Zunächst sollen die Verbände darauf hinge­wiesen werden, dass eine Vollstreckung rechtwidriger Bescheide nicht erfolgen darf. Aber genau das steht bereits in dem Rund­schreiben.

Ich zitiere:

„Der Nichtannahmebeschluss entbindet die Aufgabenträger nicht von der Umsetzung des BVerfG-Beschlusses vom 12. November 2015, insbesondere nicht von der Rückzahlungs­pflicht für auf noch nicht bestandskräftig gewordene Bescheide gezahlte Beiträge und auch nicht von dem Vollstreckungsverbot für bestandskräftige Bescheide.“

Es kann doch nicht Gegenstand eines Landtagsbeschlusses sein, dass der Innenminister den Verbänden Nachhilfeunterricht in der Defi­ni­tion des Begriffs „Vollstreckungsverbot“ geben soll. Also bitte!

Ferner wollen Sie den Verbänden mitteilen lassen, dass im Fall von Verbandsgebietsänderungen auch eine Anwendbarkeit des Verfassungs­gerichtsurteils gegeben sei. Das ist aber meines Erachtens gar nicht ausgeurteilt! Versuchen Sie hier durch die Hintertür eine rechtliche Verschiebung zu erreichen?

Und drittens wollen Sie das Hilfsprogramm des Landes, welches in den letzten Jahren kaum noch in Anspruch genommen wurde, umge­stalten, um – wie Sie meinen - den sozialen Frieden wiederher­zustellen.

Das Land Brandenburg hat, auch das hatte ich in einer früheren Rede ebenfalls schon ausgeführt, wahrlich nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Das sollten wir gemeinsam anerkennen. Aber nichtsdestotrotz:

Niemand wurde zu Beiträgen für Anlagen herangezogen, von denen er nicht profitiert, auch wenn – wie wir heute wissen – der Beitrag zum Zeitpunkt der Bescheidung bereits verjährt.

Den Antrag werden wir ablehnen.

Vielen Dank.