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- Es gilt das gesprochene Wort! -
Herr Präsident,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Mit den jetzt vorliegenden Entwürfen der Operationellen Programme hat die Landesregierung ihre Schwerpunkte der EU-Förderung für die kommenden 7 Jahre klar benannt. Für Brandenburg, das bekanntlich inzwischen nicht mehr zu den am wenigsten entwickelten Regionen zählt, ändert sich damit eine ganze Menge. Das betrifft nicht nur die Höhe der verfügbaren Mittel, die insgesamt etwa um ein Drittel sinken werden, sondern auch die Schwerpunkte.
Während in der jetzt auslaufenden Förderperiode noch der Großteil der Mittel des Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) in Infrastrukturprojekte geflossen ist, dürfen nach EU-Vorgabe ab jetzt 80% der Gelder nur noch für Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, zur Innovationsförderung und zur Senkung des CO2-Ausstoßes eingesetzt werden. Dies geht auf die Europa 2020 Strategie mit folgenden Prioritäten zurück:
· Intelligentes Wachstum: Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft
· Nachhaltiges Wachstum: Förderung einer ressourcenschonenden, ökologischeren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft
· Integratives Wachstum: Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt.
Mit diesen Vorgaben wird die Europäische Union zum Schrittmacher für Fortschritt und Entwicklung. Brandenburg musste daher seine EU-Förderstrategie in Teilen völlig neu konzipieren.
Diese EU-Vorgaben machen jetzt endlich Schluss mit der auch in Brandenburg weit verbreiteten Praxis, originäre Landesaufgaben wie zum Beispiel Erhalt und Ausbau von Verkehrsinfrastruktur durch EU-Fördermittel zu finanzieren. Jetzt muss Brandenburg endlich gezielt seine Schwäche im Bereich der betrieblichen Innovationen beheben. Auch für kleine und mittlere Unternehmen, die in Brandenburg mit 99% die überwiegende Mehrheit der Unternehmen darstellen, wird es jetzt einfacher an die EU-Fördermittel zu gelangen, da ein fester Anteil ausschließlich an diese Unternehmen fließen muss. Auch das hätte Brandenburg schon längst selber tun können, aber die Aussicht möglicherweise den ein oder anderen Großkonzern zu verärgern, hat wohl bislang eine solche, mittelstandsfreundlichere Regelung verhindert.
Brandenburg hat vor allem bei zwei EU-2020 Zielen noch erheblichen Handlungsbedarf. Das betrifft einerseits den Umfang von Forschung und Entwicklung wo hierzulande erst 50% des angestrebten EU-Wertes erreicht wurden und andererseits die Erhöhung der Energieeffizienz oder anders gesagt, die Senkung des Energieverbrauchs.
Was die Steigerung des Bereichs Forschung und Entwicklung anbelangt, erwarten wir von der Landesregierung, dass sie diese Neuausrichtung der EU-Förderung nicht durch eine breite Auslegung des Innovationsbegriffes verwässert. Die insgesamt zurück gehenden Fördermittel sollen also nicht wieder durch die Hintertür an Standardprojekte klassischer Industrieunternehmen fließen, sondern tatsächlich innovativen und jungen Unternehmen zum Durchbruch verhelfen.
Während die Forschung und Entwicklung also noch ausgebaut werden muss liegen die energiebedingten CO2-Emissionen in Brandenburg aufgrund des dort produzierten Stroms und energieintensiver Rohstoffprodukte überdurchschnittlich hoch und müssen gesenkt werden. In den letzten zehn Jahren konnte der Energieverbrauch kaum gesenkt werden. Die Verbesserung der Energieeffizienz ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Dieser Wert lag zuletzt bei nur 47 % des Bundeswertes, da die Wirtschaftsstruktur Brandenburgs von Bereichen geprägt ist, die eine sehr niedrige Energieproduktivität aufweisen. Brandenburg lag damit an letzter Stelle unter den Bundesländern.
Die Energieeffizienz wird in der Energiestrategie der Landesregierung zwar erwähnt, quantifizierte Zielvorgaben für die Erhöhung der Energieproduktivität liegen jedoch nicht vor. Der Primärenergieverbrauch soll um ca. 20 % gegenüber 2007 sinken. Auf diesem Gebiet konnten im Zeitraum 2007-2010 jedoch keine Fortschritte gemacht werden, der Verbrauch stieg im Gegenteil um 1,6 %. Ganze 16% der EFRE-Mittel will die Landesregierung für diese Herkulesaufgabe einsetzen.
Obwohl die Landesregierung den Ausbau der Breitbandversorgung schon im rot-roten Koalitionsvertrag als wichtiges Thema auf die Agenda gesetzt hat, ist lange nichts passiert. Jetzt werden im Hau-Ruck-Verfahren übrig gebliebene EU-Mittel ausgeschüttet, um zu verhindern, dass diese zurückgegeben werden müssen. Hier stellt sich allerdings die Frage, wie es mit dem Breitbandausbau in der südlichen Förderregion Brandenburgs weiter geht. Dort sind alle EFRE-Mittel abgeflossen und in der kommenden Förderperiode stehen hierfür nur die Gelder aus dem Landwirtschaftsfonds ELER zur Verfügung, die Mittel für Projekte im ländlichen Raum werden damit zusätzlich knapper. Im Süden bleibt es also weiter völlig offen, wie die Anbindung unterversorgter Gebiete erreicht werden kann.
Durch den Verzicht der Landesregierung auf eine maximale Umschichtung von Mitteln aus der ersten Säule (Flächenprämie) zur zweiten Säule, werden die Möglichkeiten zur Gestaltung dieser für den ländlichen Raum so wichtigen Förderprojekte unnötiger Weise verringert. Umfangreichere und anspruchsvollere Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes für eine umweltgerechte Landnutzung und Naturschutzmaßnahmen mittels der EU-Förderung sind daher in Zukunft nur noch in deutlich verringerter Form möglich.
Die hier vorgelegten Programme zur Agrarförderung Brandenburgs haben die weitere Industrialisierung einer exportorientierten Agrarwirtschaft mit immer weniger Betrieben und Beschäftigten zum Ziel. Der Ausverkauf des ländlichen Raumes an große Kapitalgesellschaften ist so nicht zu stoppen. Der Grüne Vorschlag, die EU-, Bundes- und Landesmittel so umzuschichten, dass die Subventionen für umweltschädigende Investitionen und Bewirtschaftungsformen möglichst gering ausfallen und zugunsten von dem Umwelt-, Natur- und Tierschutz dienenden Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Attraktivierung der berlinfernen Regionen eigesetzt werden können fand leider keine Mehrheit.
Auch auf eine bessere Ausgestaltung des EU-Sozialfonds (ESF) hat die Landesregierung zu Gunsten des EFRE leider verzichtet. Mit diesen Mitteln hätte der Bereich der aktiven Eingliederung gestärkt und damit innovative Ansätze, wie sie zum Beispiel derzeit in NRW und Baden-Württemberg erprobt werden, in weitaus größerem Umfang finanziert werden können.
Und selbst sehr gut laufende Projekte fallen der neuen Ausrichtung der EU-Förderung durch die Landesregierung zum Opfer: das MUGV halbiert die Mittel für das Freiwillige Ökologischen Jahr, obwohl die Nachfrage gegenüber dem Angebot an Plätzen bis zu sechsfach höher ist. Hier werden Zukunftschancen und Engagement von jungen Menschen ohne Grund und Not verspielt. Dahingegen gelingt es wundersamer Weise dem MBJS und dem MWFK ihre Plätze auch in der neuen Förderperiode in den freiwilligen Sozialen Jahren konstant zu halten.
Anrede
Um es kurz zu machen, die wirklich innovativen Vorgaben der neuen Operationellen Programme kommen aus Brüssel, nicht aus Potsdam, die Herausforderungen im Bereich Klimaschutz wird diese Regierung mit ihrer rückwärtsgewandten Energiepolitik kaum schultern können und sowohl im Agrar- als auch im sozialen Bereich werden Chancen vertan, Brandenburg nachhaltiger und zukunftsfester zu machen.