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Axel Vogel spricht zur Großen Anfrage „Zur Situation des Waldes, seiner Bewirtschaftung, seines Nutzungspotentials, der forstlichen Lehre und der Forstpolitik in Brandenburg“ der FDP-Fraktion

Die Stimmung ist besser als die Lage:

die vorgelegten Zahlen legen den Eindruck nahe, dass die Brandenburger Forstwirtschaft im Aufwind ist. Der Landesforstbetrieb erwirtschaftet seit 2011 einen positiven Deckungsbeitrag von zuletzt 2,90 € pro ha Holzbodenfläche nachdem der Landeshaushalt in den letzten Jahren bis zu 112 € p.ha zuschießen müßte. der Privatwald erwirtschaftet danach sogar erstmals Überschüsse von über 100 Euro p.ha HB.

Alles gut? Eher nicht!

Wurden 1990 durchschnittlich noch 74DM/m3 Rohholz erzielt, betrug dieser Wert 2012 47,61 €. Rechnet man die Inflationsrate seit 1990 aber mit ein, dann wird heute inflationsbereinigt ein niedriger Preis pro Einheit Holz erzielt als 1990. Gleichzeitig sind aber die Kosten für Personal, Treibstoffe, Nebenleistungen drastisch angestiegen. Wenn im Wald also heute rechnerisch Überschüsse erwirtschaftet werden, dann ging das nur durch einen massiven Mechanisierungs- und Rationalisierungsschub und das heißt Personalabbau und teils auch massive Eingriffe ins Lohn- und Gehaltsgefüge, heißt Ablösung von festen Arbeitsverhältnissen durch Saisonarbeitskräfte, heißt am Ende prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Selbstausbeutung der Waldbesitzer.

Legt man die Zahlen des Testbetriebsnetzes zugrunde werden im Privatwald incl.Eigentätigkeit des Eigentümers 0,45 AK, im Körperschaftswald 0,83 AK und im Landesforstbetrieb 2,6 AK je 1.000 ha HBF beschäftigt. Auch wenn wir die outgesourcten Drittleistungen mit einbeziehen, ist Wald leider kein großer Beschädtigungsfaktor im ländlichen Raum ( Vergleich: 1.7 AK je 100 ha LN in BBG, 3,3 AK je 100 ha LN im Bundesdurchschnitt).

Dabei täuschen die angegeben Zahlen für den Privatwald noch gewaltig:

Anmerkung: das umfangreiche Tabellenmaterial täuscht bezogen auf den Privatwald eine Genauigkeit vor, die gar nicht existiert. Die Angaben beruhen auf einem Testbetriebsnetz, das insgesamt 9 Betriebe über 200 ha HB umfasst, es ist damit in Maßen repräsentativ für insgesamt 145 Forstbetriebe. Allerdings gibt es nach der Antwort auf die GA rund 100.000 Waldbesitzer in Brandenburg. Die Repräsentativität von 9 Betrieben für eine solche hohe Zahl von Waldbesitzern darf da wohl bezweifelt werden, aber die Zahlen geben zumindest Hinweise auf den Personaleinsatz in mittelgroßen und großen Forstbetrieben. Im Kleinbesitz wird Wald als Energieholz zwar sinnvoll genutzt, fArbeitsplätze werden aber wohl kaum geschaffen und Wertholz nur unzureichend mobilisiert. Deshalb sind forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse auch so wichtig und müssen weiter unterstützt werden.

Negativen Einfluss auf die Wirtschaftlichen Ergebnisse hat aber auch der hohe Kiefernanteil in Brandenburg. So zeigt der Betriebsvergleich Westfalen-Lippe, dass Kiefernbetriebe Deckungsbeiträge erwirtschaften, die grundsätzlich um die 100€/ha unter denen von Fichten- und Buchenbetrieben liegen. Als Besonderheit bei Kiefernbetrieben wurde auch festgestellt, dass im Schnitt ca. 70% des Einschlages durch Selbstwerber getätigt wird.

Die positiv gewertete Eignung von Kiefernreinbeständen für moderne Holzerntetechnologien bestätigt nur das Problem mangelnder Beschäftigungswirkung Brandenburger Wälder.

Man sollte also davon ausgehen, dass die Landesregierung den Waldumbau beschleunigt. Das ist aber nicht der Fall.

So wurde der Anteil der Kiefer in 12 Jahren nur von 80,4 auf 77,2 % um 3,2% reduziert. In der neuen Förderperiode ist keine Aufstockung von Fördermitteln vorgesehen (Frage 29). Das ist auch ein Brandschutzproblem, da das awaldbrandrisiko in Brandenburg den Mittelmeerländern vergleichbar ist (Frage 103) und laut Antwort zu Frage 104 die umfassendste Maßnahme zur Vorbeugung der Waldumbau, also die Anreicherung von Laubbäumen in Kiefenbeständen ist.

Nur 33.488 ha des Waldes in Brandenburg, davon 15431 ha im Landeswald sind nach FSC zertifiziert, bei 1,05 Mio. ha Waldfläche ein äußerst mageres Ergebnis (Frage 45), das Land strebt hier keine Veränderungen an (vgl. Frage 46). Auch dies schmälert potentielle Erlöse.

Lassen Sie mich zum Ende noch kurz auf die Staatliche Forstverwaltung eingehen:

- Brief der IG BAU Forstjugend Kunsterspring „Nachhaltigkeit in Gefahr- ein Brief aus dem Wald“ zum Thema Forstwirtlehrlinge und Aussichtslosigkeit bzgl. der Übernahme in den Landesforstbetrieb, Vorwurf des Lohndumpings im Landeswald.

- Antwort auf Frage 31: „die Holznutzung wird in allen Eigentumsformen als nachhaltig angesehen“ à bezieht sich in erster Linie nur auf den Holzvorrat, nicht aber auf die Ökologie

- Ökosystemdienstleistungen werden bisher nicht systematisch erfasst, ein Projekt zum „gläsernen Forstbetrieb“mit dem NABU ist jedoch in Planung, aber noch nicht beschieden (Frage 35)

- Kahlschlagsregelung von 2ha als Grenzwert ist bedenklich, oft werden mehrere Flächen gerodet und nur schmale Streifen dazwischen stehen gelassen

- Es gibt in BB keine Untersuchungen zu den Auswirkungen der hohen Schalenwildbestände auf die Biodiversität (Frage 89)