Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen den Grund, aus dem wir in dieser Haushaltswoche von der üblichen Debattenkultur abweichen. Üblicherweise haben bisher zu Beginn der 2. Lesung erst einmal die Haushaltspolitiker und -politikerinnen Stellung bezogen, dann die Fachpolitiker. Dann gab es am Ende in der 3. Lesung die Diskussionsrunde der Fraktionsvorsitzenden. Wir sind davon abgewichen, weil unser politischer Freund und Weggefährte Burkardt verstorben ist, weil morgen seine Beerdigung stattfindet. Gerade wir Haushaltspolitiker – egal ob im Haushaltsausschuss oder im Haushaltskontrollausschuss der letzten Legislaturperiode – haben ihn als politischen Weggefährten liebgewonnen.
Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn er mich mit seinem verschmitzten Lächeln ansah, wenn spürbar war, dass er zuhört, wenn er mitunter der Einzige war, der Beifall spendete, weil ich einen Punkt anbrachte, der ihn besonders bewegte. Von daher heißt es, Abschied zu nehmen. Das möchte ich mit diesen Worten von dieser Stelle aus tun. Auch wenn es mich drängte, zu seiner Beerdigung zu gehen, so muss ich morgen hier sein, um als Haushaltspolitiker und Fraktionsvorsitzender vor dem Parlament zum Haushalt in 3. Lesung zu sprechen.
(Allgemeiner Beifall)
Ich komme nun zum Haushalt. Diese Umstellung hat ein Problem mit sich gebracht, weil die Fraktionsvorsitzenden bei haushaltspolitischen Fragestellungen mitunter nicht ganz so versiert sind wie die Haushaltspolitiker. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ness hat in seiner Rede die steile These aufgestellt, dass die Schulden in Nebenhaushalten des Landes keine Schulden seien. Natürlich sind sie Schulden des Landes. Es kommt hier ständig zu einer Begriffsverwirrung. Wenn wir über das Sondervermögen reden, dann geht es zunächst einmal darum, dass ein bestimmter Betrag vom allgemeinen Landeshaushalt abgekoppelt wird. Damit ist noch keine Aussage darüber getroffen, wie sich das Geld zusammensetzt. Es könnte natürlich einfach dem Landeshaushalt entnommen worden sein. Es ist auch keine Aussage darüber getroffen, wie es dem Empfänger zur Verfügung gestellt wird. Die Landesregierung hat sich entschieden, dieses Sondervermögen mit einem relativ niedrigen Zinssatz als Darlehen aufzunehmen und als Darlehen auszureichen. Das ist der Gegenstand des Sondervermögens.
Wir hätten nichts gegen ein gut ausgestaltetes Sondervermögen, das durchaus dazu beitragen könnte, mehr Transparenz herbeizuführen, sofern alle Positionen, die den Flughafen betreffen, darin zusammengefasst wären, aber es wird ja nur ein einziger Teil, nämlich das Darlehen in Höhe von 407 Millionen Euro, herausgezogen, als Sondervermögen ausgewiesen und weitergereicht. Indem das Geld als Darlehen des Landes aufgebracht wird, erhöht es die Nettokreditaufnahme des Landes. Das ist eine Tatsache.
Wir haben uns für eine Finanzierung aus der Rücklage ausgesprochen. Herr Ness hat eine zweite steile These vertreten, nämlich dass die Rücklagen Bargeld seien. Rücklagen sind kein Bargeld! Der Finanzminister hat dieses Geld nicht, sondern es sind letztendlich nicht in Anspruch genommene Ermächtigungen zur Nettokreditaufnahme aus früheren Haushaltsjahren.
(Beifall B90/GRÜNE - Minister Görke: Das wollen Sie!)
Letztlich bedeutet das, dass die reale Verschuldung des Landes bei Banken, Privatpersonen, Hedgefonds, bei wem auch immer, um mindestens diese Höhe der Rücklagen, also um mindestens 900 Millionen Euro niedriger ist, als es der Schuldenstand in der mittelfristigen Finanzplanung ausweist. In der mittelfristigen Finanzplanung steht ein Schuldenstand von 18,37 Millionen Euro. Tatsächlich wurden aber nicht in dieser Höhe Schulden aufgenommen, sondern rechnerisch ist eine Rücklage vorhanden. Wenn in die Rücklage gegriffen wird, heißt das, dass bisher nicht aufge-nommene Kredite nun aufgenommen werden, und selbstverständlich müssten wir auch dann ca. 600 000 Euro an Zinsen zahlen, genauso wie es der Fall ist, wenn wir eine Nettokreditaufnahme obendrauf satteln.
(Minister Görke: Das habe ich immer gesagt!)
Insofern können wir feststellen: Dadurch, dass eine zusätzliche Nettokreditaufnahme erfolgt, erweitert der Finanzminister seinen Handlungsspielraum. Das ist der Zusammenhang. Wir, CDU und Grüne, wollen diese zusätzliche Verschuldung in Höhe von 407 Millionen Euro nicht, sondern sprechen uns dafür aus, die Rücklagen zu verringern, wohlwissend, dass sich der effektive Schuldenstand des Landes dadurch ebenfalls erhöht. Die Alternative wäre, die Rücklagen aufzulösen und damit vollständig Schulden zu tilgen. Rechnerische Schuldentilgung wäre das. So weit gehen wir nicht, weil wir es ja für richtig halten, dass das Land Rücklagen bildet.
Die Ausreichung als Darlehen – Herr Finanzminister, da treffen wir uns – war auch immer eine grüne Forderung. Ich glaube, auch die CDU hat im Prinzip nichts dagegen, dass der Flughafengesellschaft die Mittel aus Darlehen ausgereicht werden. Wir halten auch Bürgschaften per se nicht für ein Übel, wohl aber, wie es zu dieser Bürgschaft kommt und wofür sie, ohne dass die Grundlagen einer näheren Prüfung unterzogen werden, gewährt werden soll.
Herr Lüttmann, Sie haben ein wichtiges Thema angesprochen: den Länderfinanzausgleich. An einer Stelle begehen Sie eineen Fehler, nämlich wenn Sie sagen, wir würden auch in Zukunft einen Sonderbedarf-Ost benötigen. Ich denke, das ist genau der falsche Weg. Wir müssen von der Vorstellung Abschied nehmen, dass der Länderfi-nanzausgleich nach Himmelsrichtungen ausgereicht wird. Wir müssen konstatieren, dass der Länderfinanzausgleich dazu dient, die Unterschiede in der Steuerkraft auszugleichen. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um ein Land im Osten oder zum Beispiel um das Saarland tief im Westen Deutschlands handelt. Fehlende Steuerkraft muss ausgeglichen werden. Wenn wir als Ostdeutsche immer den Anspruch auf Erhalt eines Zuschlags erheben, egal ob 300, 500 oder 700 Millionen Euro im Jahr, werden wir immer als Kostgänger des Westens gehandelt werden, und das ist nicht in unserem Interesse. Ich denke, die Landesregierung wird in jedweden Verhandlun-gen darlegen können, dass unsere Steuerkraft eben nur bei 70, vielleicht 80 % derer der alten Bundesländer liegt. Das wird auch noch eine Zeit lang so bleiben. Solange das der Fall ist, werden wir selbstverständlich einen Finanzausgleich brauchen. Es gibt eigentlich niemanden, der sagt: Ab 2019 gibt es keinen Länderfinanzausgleich mehr. Vielmehr wird über die Bedingungen verhandelt. Deshalb die klare Bitte, nicht zu versuchen, einen Ost-Bonus auszuhandeln – dies bedeutete, immer von der Gnade der anderen abhängig zu sein –, sondern klare Kriterien, die für alle gültig sind. Damit werden wir Ende mehr erreichen.
(Beifall B90/GRÜNE)
Zur fehlenden Steuerkraft zwei Anmerkungen. Ungefähr 93 bis 95 % des deutschen Vermögens befinden sich in Westdeutschland bzw. den alten Bundesländern. Jegliche Erhöhungen der Erbschaftssteuer und die Einführung der Vermögensteuer hätten für uns zunächst keinerlei Bedeutung. Das Erbschaftsteueraufkommen in Brandenburg ist niedriger als das Biersteueraufkommen. Das wird sich auch nur unwe-sentlich ändern, weil das Vermögen nicht hierher fließt. Wir sind für Änderungen in der Erbschaftsteuer, aber entscheidend ist, dass es in den Länderfinanzausgleich einbezogen wird: Wenn sich in anderen Ländern das Erbschaftssteueraufkommen erhöht, erhalten wir im Rahmen des Länderfinanzausgleichs mehr Geld. Wir müssen uns von der Illusion verabschieden, dass wir mit Steuererhöhungen allgemeiner Art in Brandenburg große Einnahmen erzielen. Wir müssen danach trachten, unsere Einkommenssteueranteile in die Höhe zu schrauben, für mehr Beschäftigung zu sorgen und sozialversicherungspflichtige Einkünfte zu erzeugen. Ich denke, das ist der richtige Weg, und dann werden wir irgendwann einmal mit dem Westen gleichziehen. – Recht herzlichen Dank.
(Beifall B90/GRÜNE und AfD)
Unsere Änderungsanträge
>> Schlüsselzuweisungen an Gemeinden und kreisfreie Städte (pdf-Datei)
Unsere Änderungsanträge wurden abgelehnt.