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Axel Vogel spricht zum gemeinsamen Gesetzentwurf von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg“

>> Zum Gesetzentwurf (pdf-Datei)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Schulden sind die ineffektivste und unsozialste Form der Staatsfinanzierung. Daher dürfen wir sie nur in absoluten Ausnah-mefällen zulassen. Das gilt für die Vergangenheit wie für die Zukunft" - so der dama-lige haushaltspolitische Sprecher der SPD, Mike Bischoff am 7.Oktober 2010 in dem damals von CDU, FDP und den Grünen eingebrachten Antrag zur Verankerung der Schuldenbremse in der brandenburgischen Verfassung.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt CDU sowie AfD - Bischoff [SPD]: Wir haben es gemacht!)
Es käme in diesem Hohen Hause ziemlich selten vor - das war übrigens ein Irrtum von Ihnen -, dass die Opposition brauchbare Anträge einbringe. Das waren weitere Worte von Herrn Bischoff in dieser Debatte, der aber unser damaliges Ansinnen ausdrücklich lobte und darlegte, dass dies auch für die märkische SPD ein sehr wichtiges Thema sei, dem die märkische SPD deswegen auch auf Bundesebene zugestimmt habe. Herr Bischoff legte sich auch für die SPD eindeutig fest, und es wäre schön gewesen, Herr Schmidt, wenn Sie das noch einmal nachgelesen hätte. Er sagte wörtlich:
„Wenn wir die Schuldenbremse umgesetzt haben - das wollen wir mit der Net-tokreditaufnahme im Jahre 2015 erreichen -, werden wir sie selbstverständlich in die Landesverfassung aufnehmen"
(Bischoff [SPD]: Das wird auch kommen!)
Hört, hört! Wir sind gespannt, ob es auch kommen wird.
Staatsverschuldung - um an die damaligen Worte von Herrn Bischoff anzuknüpfen - „ist nicht nur die ineffektivste und unsozialste Form der Staatsfinanzierung, sondern sie ist auch die am wenigsten zukunftsfähigste. Die Kosten für die Konsum von heute auf zukünftige Generationen zu verlagern, verbietet sich daher von selbst"
(Bischoff [SPD]: Alles richtig!)
Diese Erkenntnis hat sich inzwischen europaweit - Stichwort Fiskalpakt -, bundesweit - Stichwort Schuldenbremse in Art. 109 Grundgesetz - und in den Bundesländern durchgesetzt, die der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz im Bundes-rat zugestimmt haben. Dort, wo für die Verankerung in Länderverfassungen Volks-entscheide erforderlich waren - wie in Bayern und in Hessen -, hat zudem jeweils eine große Mehrheit der Bevölkerung zugestimmt. Die Verankerung der Schulden-bremse in Brandenburg ist überfällig, und zwar nicht nur, weil Herr Bischoff dies für 2015 angekündigt hatte, und nicht nur, weil die Regierung entgegen ihrer Ankündi-gung einer Nettokreditaufnahme Null in 2015 bei der Finanzierung des BER in einen Schatten-, pardon, Nebenhaushalt flüchtet, sondern weil in dieser Legislaturperiode eine landesrechtliche Regelung erfolgen muss, wenn nicht ab 2020 die grundgesetz-lich strikte Schuldenbremse ohne Ausnahmemöglichkeit greifen soll. Genau darauf hat Herr Weiser in dem Artikel in der „Märkischen Oderzeitung" heute auch hinge-wiesen. Herr Schmidt, da scheinen Sie ihn aber gründlich missverstanden zu haben!
Wir Grünen und die CDU orientieren uns bei unserem Vorschlag an dem sächsi-schen Modell einer „atmenden Schuldenbremse`,` die im Gegensatz zu einem absolut strikten Kreditaufnahmeverbot Möglichkeiten in definierten konjunkturellen Schwä-chephasen wie auch in Notsituationen eröffnet, um sicherzustellen, dass das Land handlungsfähig bleibt. Wenn Sie keine Verfassungsänderung haben wollen und kein eigenständiges Gesetz dazu einbringen, dann können Sie eben diese Möglichkeiten, die das Grundgesetz bietet, nicht nutzen. Allerdings ist auch klar, dass für uns die Verantwortung für das Feststellen von Ausnahmesituationen dem Parlament über-tragen werden muss und nicht dem Belieben der Regierung anheimgestellt werden darf.
(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU und AfD)
Aus der Diskussion über das Sondervermögen BER ersehen wir ja, dass es für eine Landesregierung immer gute Gründe gibt, doch noch neue Schulden zu machen und kreative Wege zu suchen und auch zu finden.
(Beifall des Abgeordneten Jung [AfD])
Der Flucht in Sonderschuldenfonds wird mit dieser Verfassungsänderung ein Riegel vorgeschoben - genauso wie einer Schuldenverlagerung in Landesbetriebe und lan-deseigene Gesellschaften. Damit wird zum Beispiel - das ist ein fiktives Beispiel; da-rauf kommt hier glücklicherweise niemand - ausgeschlossen, dass der Landesbe-trieb Forst Kreditaufnahmen tätigt, um seine bisher vom Land getragenen Budgetde-fizite auszugleichen. Diese würden in 20 bis 30 Jahren dazu führen, dass der Lan-deswald versilbert werden müsste, um diese Kredite zu tilgen. Das kann natürlich nicht sein. Genau das muss auch für den Fall ausgeschlossen bleiben, dass ein cle-verer Finanzminister den Forst in eine GmbH oder Aktiengesellschaft umwandelt, wie es in einigen anderen Lädnern geschehen ist. Die FBB ist nicht betroffen, da sie nur eine Gesellschaft mit Landesbeteiligung und keine landeseigene Gesellschaft ist.
Wir Grünen sagen nicht, Herr Finanzminister, dass die Landesregierung in der Haushaltspolitik alles falsch macht. Wir finden es richtig, dass Haushaltsüberschüsse zur Hälfte in eine allgemeine Rücklage eingebracht und die andere Hälfte zur Schul-dentilgung verwandt wird. Investitionen im Konjunkturabschwung aus zuvor ange-spartem Geld zu finanzieren, ist in der Tat ein besserer Weg, als die Nettokreditauf-nahme zu erhöhen. Aber unser Gesetzentwurf lässt eine solche Nettokreditaufnah-me, verbunden mit klaren Tilgungsregeln, ausdrücklich zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierung, wenn Sie etwas nachdenken und die Erkenntnis durchsickert, dass eine Landesregelung erforderlich ist, dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen, dass die Opposition der Regierung hier einen austarierten und zustimmungsfähigen Antrag vorgelegt hat, der im Ausschuss sicher noch weiter qualifiziert werden kann bzw. könnte.
Ich stelle fest: Ich bitte vermutlich vergeblich um Ihre Zustimmung zu dieser Überwei-sung. Ich finde es ausgesprochen schade, dass die SPD 2010 schon einmal weiter war, aber vielleicht entwickelt sie sich ja wieder in die richtige Richtung.- Recht herzlichen Dank!
(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU und AfD)
Präsidentin Stark:
Vielen Dank. - Das Wort erhält nun die BVB/FREIE WÄHLER Gruppe.

[...]


Vogel (B90/GRÜNE):
Ich möchte nur richtigstellen, Herr Minister, eine Verlagerung von Schulden in einen Nebenhaushalt ist nicht nettokreditaufnahmenneutral. Es darf keinen Unterschied machen, ob die Verschuldung direkt im Einzelplan 20 veranschlagt ist oder in einem spezialgesetzlich geregelten Verschuldungsfonds, den Sie Vermögensfonds nennen. Das darf einfach nicht sein und das lassen die Bestimmungen zur Berechnung der Staatsverschuldung nicht zu. Von daher verabschieden Sie sich von dieser fehler-haften Darstellung, als ob der Verschuldungsfonds für den Flughafen keine Staats-schulden seien.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und AfD)
Zum Zweiten nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie die Ausgestaltung des Konjunkturbereinigungsverfahrens in der Sächsischen Verfassung für - gelinde gesagt - Käse halten.
(Minister Görke: Sie haben es ergänzt durch zwei entscheidende Punkte!)
Wir hatten auf das Konjunkturbereinigungsverfahren rekurriert. Wir könnten uns da-mit im Ausschuss auseinandersetzen, es wird nur so schnell nicht dazu kommen. Ich nehme erfreut zur Kenntnis: Die Landesregierung wird also eine landesgesetzliche Regelung in den Landtag einbringen, mit der unserem Anliegen entsprochen wird, nämlich den Artikel 109 GG so auszuführen, dass für den Fall von konjunkturellen Schwankungen Nettokreditaufnahmemöglichkeiten festgezurrt werden. Daneben wird geregelt, wer für die Bestimmung und die Zulassung zuständig ist. Sie werden auch eine Regelung vorschlagen - das haben Sie nicht angesprochen, aber davon gehe ich aus -, dass für Notfallsituationen entsprechende Ermächtigungen bestehen. Genau das ist das Anliegen von CDU und Grünen gewesen. Wir freuen uns, wenn wir uns da - nicht sofort, aber zu einem späteren Zeitpunkt - ein Stück weit durchgesetzt haben. - Recht herzlichen Dank.

>> Zum Gesetzentwurf (pdf-Datei)

Der Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs in den Hauptausschuss wurde abgelehnt.