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Axel Vogel spricht zum Antrag von SPD und DIE LINKE „Kapitalerträge durch Abschaffung der Abgeltungssteuer gerecht besteuern“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 25% wurde in der letzten großen Unternehmenssteuerreform der Großen Koalition 2008 unter Finanzminister Peer Steinbrück beschlossen und eingeführt.

Diese sogenannte Abgeltungsteuer galt als „Konzession an den internationalen Steuerwettbewerb“. Durch die Senkung der Einkommenssteuer auf 25 Prozent auf alle Kapitaleinkünfte wollte die damalige Bundesregierung die Kapitalflucht eindämmen und die Bereitschaft der Kapitalanleger erhöhen, Zinserträge in Deutschland zu versteuern. Vermögende Kapitalanleger mussten vorher Zinsen mit ihrem, in der Regel oft deutlich höheren individuellen Steuersatz versteuern.

Dass diese Zielsetzung alleine durch den geänderten Steuersatz erreicht wurde, darf bezweifelt werden. Vermutlich hat der Ankauf der Liechtensteiner und Schweizer Banken-CDs mit Daten über geheimgehaltene Kapitalanlagen durch deutsche Finanzminister und die hierdurch ausgelösten Selbstanzeigen einen ähnlich hohen Effekt auf die Steuerehrlichkeit gehabt.

Allerdings, dass die Erträge der Steuer auf Kapitaleinkommen von 13,5 Milliarden Euro in 2008, dem Jahr vor Einführung der Abgeltungssteuer, bis 2014 auf nur noch 7,8 Mrd. Euro fast halbiert wurden, hat eher mit den inzwischen massiv gesunkenen Zinssätzen zu tun.

Auch wenn wir hier nur über gut 1% des Gesamtsteueraufkommens reden und mangels hoher Vermögen in Ostdeutschland die Streichung der Abgeltungssteuer unmittelbar kaum Auswirkungen auf unseren Landeshaushalt hat, ist es allein schon aus Gerechtigkeitsgründen erforderlich eine Gleichbehandlung von Kapitaleinkünften mit den anderen Einkunftsarten zu erreichen.

Durch das Gesetz zum automatischen Informationsaustausch von Konteninformationen erhalten die deutschen Finanzbehörden jetzt automatisch sämtliche Informationen über ausländische Konten von in Deutschland ansässigen und steuerpflichtigen Personen. Eine effektive Erfassung und Besteuerung von Kapitalerträgen ist also schon jetzt auch ohne Abgeltungsteuer gesichert. Eine Abschaffung dieser Steuer ist also ohne Einbußen möglich und dieser Antrag wird daher von uns grundsätzlich unterstützt.

Anrede

Es ist sehr sinnvoll, dass Einkünfte aus Vermögen genauso wie Arbeitseinkünfte wieder dem progressiven, persönlichen Einkommensteuersatz unterliegen. In diesem Zusammenhang sind jedoch einige Fragen offen, die der Antrag nicht beantwortet.

An erster Stelle steht hier die notwendige Rechtsformneutralität des Steuersystems. Es muss sichergestellt sein, dass die steuerliche Belastung des Gewinns von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften durch die Ausgestaltung des Steuerrechts nicht unterschiedlich hoch ausfallen darf. Genau dies wäre aber bei einer bloßen Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Dividenden der Fall.

Denn während Einzelunternehmer ihr Einkommen aus Unternehmertätigkeit von vorne herein mit dem individuellen Steuersatz versteuern müssen, werden die Gewinne von Kapitalgesellschaften, also Aktiengesellschaften und GmbHs bereits mit 15% Körperschaftssteuer belegt, bevor die Gewinne nach Steuern als Dividenden an die Geldgeber ausgeschüttet werden.

Es ist daher nur folgerichtig, diese Einnahmen aus Dividenden anders zu besteuern als Zinsen, die ohne steuerliche Vorbelastung an die Vermögensinhaber ausgezahlt werden.

Bei einer generellen Abschaffung der Abgeltungssteuer müsste also auch für Dividenden an Privatpersonen eigentlich das Teileinkünfteverfahren zum Zug kommen, das seit 2008 genau diesem Umstand Rechnung trägt aber nur für Dividenden angewendet wird, die an Unternehmen ausgeschüttet werden. Die Einkünfte aus Dividenden werden bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens hierbei nur zu 60% veranschlagt. Allerdings gibt es deutliche Hinweise darauf, dass die Rückkehr zu diesem System heute nicht mehr europarechtskonform wäre. Es wäre daher intensiv zu prüfen, ob eine als Quellensteuer ausgestaltete Abgeltungssteuer bei Dividenden beibehalten werden sollte.

Bei der Abschaffung der Abgeltungssteuer sollte aber nicht nur mögliche Alternativen zum früheren Teileinkünfteverfahren bei Dividenden geprüft, sondern auch geklärt werden, wie mit anderen Regelungen, die vor der Einführung der Abgeltungssteuer galten, umgegangen werden sollte.

So wollen wir zum Beispiel die bis zur Einführung der Abgeltungssteuer geltende einjährige Spekulationsfrist nicht wieder haben. Danach konnten nach Ablauf eines Jahres alle Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren steuerfrei eingestrichen werden.

Die Steuern auf Kapitalerträge sollten grundsätzlich wieder, wie vor der Einführung der Abgeltungsteuer, als Erhebungsform der Einkommensteuer gelten und im Rahmen der individuellen Veranlagung voll angerechnet werden.

Anrede

Die Zeit zur steuerlichen Gleichbehandlung aller Einkommensarten ist reif. Auch der Bundesfinanzminister hat inzwischen die Abschaffung der Abgeltungssteuer gefordert. Auch Haushaltspolitiker der CDU im Bund wollen eine Abschaffung, allerdings erst nach der Bundestagswahl 2017. Es geht also nicht mehr um das ob, sondern um das Wie.

Die hierbei zu lösenden Probleme habe ich kurz erläutert. Der Antrag der Koalition lässt die Beantwortung dieser wichtigen Fragen allerdings offen. Die Abschaffung der Abgeltungssteuer ist jedoch ohne eine Klärung dieser Fragen unseres Erachtens nicht denkbar. Die Forderung, die Landesregierung möge sich auf Ebene des Bundes für die Abschaffung der Abgeltungsteuer einsetzen, greift also viel zu kurz. Die Überweisung und Behandlung dieses Antrags im Ausschuss für Haushalt und Finanzen halten wir daher für sinnvoll.