- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede
Zum Auftakt der Haushaltsdebatte am Dienstag hatte Herr Senftleben hier besondere Aufmerksamkeit mit der Aussage hervorgerufen, dass bei ihm zu Hause die Bewirtschaftung des Familienetats Frauensache ist.
Im Brandenburger Landtag dagegen ist Haushalt Männersache. Von 11 Mitgliedern des Ausschusses für Haushalt und Finanzen sind 11 Männer. Nur wenn einmal ein Mann verhindert sein sollte, stehen bei SPD und Linker je 1 Frau als stellvertretende Mitglieder bereit. Diese Männerriege steht nicht eine starke Frau auf Regierungsseite gegenüber, sondern ein Minister. Geschlecht natürlich männlich. Nur bei Abwesenheit wird die Regierung von einer Staatssekretärin vertreten.
Was soll's wird vielleicht der eine oder andere von Ihnen denken, schließlich stellen die Frauen im Sozialausschuss im Verhältnis von 9:1 in der Mehrheit. Nur bei der CDU hat ein Mann seinen Platz in diesem Gremium gefunden.
Traditionelle Rollenverteilungen gibt es also auch hier im Landtag. Dort wo die Macht sitzt, wo über das Geld und damit das Schmiermittel unserer Wirtschafts- und Sozialordnung entschieden wird sitzen die Männer am Drücker. Für das Soziale sind die Frauen zuständig.
Und das ganze spiegelt sich auch bundesweit wieder, von 16 Finanzministern sind 5 Frauen, von 16 Gesundheitsministerinnen nur 4 Männer. Warum sollte uns das, ja warum muss uns das interessieren? Nicht nur wir meinen, dass zumindest gegenwärtig noch der männliche Blick auf die Welt mitunter ein anderer ist als ein spezifisch weiblicher. Man vergleiche nur einmal das Wahlverhalten von Männer und Frauen. Wenn die AfD in der neuesten Infratest-Umfrage zwar 23 % der Männer, aber weniger als 10 % der Frauenstimmen in Brandenburg bekommen würde, dann scheint sie programmatisch und kulturell doch Inhalte und Werte zu vertreten, die eher Männer als Frauen ansprechen. Vermutlich gibt es für die Forderungen nach freiem Waffenbesitz und freiem Parken auf Bürgersteigen, der schnellstmöglichen Beseitigung von allem was im eigenen Umfeld so stört, als da z.B. wäre die Abschiebung von Flüchtlingen, das Wegsperren von Straftätern oder das Totschießen von Kormoranen, Bibern und Wölfen, es gibt so einiges im AfD-Programm, das offenkundig harte Männer besonders anspricht und Frauen eher abturnt. Eine Vorprüfung der Auswirkung unserer Gesetze auf die Lebensverhältnisse von Männern und Frauen wäre also eigentlich angebracht.
Beim Haushalt sollte es zum Beispiel darum gehen, die Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Ressourcenverteilung im Lande zu steuern. Denn machen wir uns nichts vor: Es gibt keine geschlechtsneutrale Haushaltspolitik und jeder öffentliche Haushalt hat unterschiedliche Auswirkungen auf das Leben von Männern und Frauen. So kommt es möglicherweise nicht von ungefähr, dass Erzieherinnen ganz unten in der Besoldungshierarchie, verankert sind und Grundschullehrerinnen (weiblich) trotz Hochschulabschluss niedriger bezahlt werden als Gymnasiallehrer (mit höherem Männeranteil).
Es macht am Ende einen gewaltigen Unterschied, ob wir Kitas finanzieren oder Betreuungsgeld an Familien ausreichen. Die auch von uns angestrebte Beitragsfreiheit für Kitas hätte natürlich auch Auswirkungen auf die Bereitschaft von Frauen ein Hausfrauendasein aufzugeben und eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Wenn aber zunächst einmal der steuerliche Vorteil des Ehegattensplittings überwunden werden muss und zugleich das Familieneinkommen durch hohe Kitagebühren geschmälert wird, dann bleiben viele Frauen, deren Einkommen niedriger als das des Mannes wäre dann doch lieber daheim; Alles so belassen wie es ist, bedeutet daher die Verfestigung eines traditionellen Familienmodels.
Wenn im Landeshaushalt Mittel für ein Gleichstellungsprogramm eingestellt werden, mit dem Mädchen motiviert werden sollen sich auch einmal in anderen Berufen als Friseurin, Floristin oder Verkäuferin zu erproben, dann sieht die AfD gleich den Genderwahn ausgebrochen, denn angeblich ist wie gestern zu Protokoll gegeben, die Unterstützung der Kinder bei der Berufswahl alleinige Aufgabe der Eltern.
Welche geschlechtsspezifischen Auswirkungen hat nun also dieser neue Haushalt? Das ist nicht immer so einfach wie früher zu beantworten. Früher, d.h. als Kinderwagen noch von den Müttern geschoben wurden und die Väter vom Fahrersitz des Familienautos die vorbeiziehenden Alleen betrachteten war das noch einfach. Barrierefreie Straßenbahnen dienten Frauen, Ortsumgehungen Männern.
Kommt der Zuschuss an den ÖPNV eher Frauen zu Gute? Wir vermuten es. Kommen die 300 Millionen DirektzahLung an die Landwirtschaftsbetriebe eher Männern zu Gute? Wir wissen es nicht! Es ist aber an der Zeit sich auch diese Ebene von HaushaLtspoLitik mal zu vergegenwärtigen. In Berlin gehört diese Einschätzung dieser Nebenwirkungen eines Haushaltes schon seit der großen (bitte jetzt alle auf der rechten Seite des Hauses festhalten:) Gender Budgeting Konferenz 2010 zur Aufstellung eines Landeshaushaltes dazu. Dabei werden alle haushaltspolitischen Entscheidungen, Maßnahmen, Programme und Gesetze sowie die Haushaltspläne auf ihre Auswirkungen auf Frauen und Männer überprüft. Auf Grundlage dieser Analyseergebnisse wird das gesamte Haushaltsverfahren mit dem Ziel der Realisierung der gLeichstellungsorientierten Ressourcenverwendung umgestaltet. Und man stelle sich vor: Das klappte sogar mit einem männlichen Finanzminister. In einer rot-schwarzen Koalition. Und vielleicht klappt es demnächst ja auch in Brandenburg.
Anrede
Dieser Etat ist kein Haushalt der Frauenbewegung und er ist inhaltlich auch kein grüner Haushalt, genauso wenig wie wir eine grüne Landesregierung haben. In diesem Haushalt drückt sich keine Energiewende aus, keine grundlegende Wende in der Agrarpolitik oder gar eine MobiLitätswende, weg von Auto und Flugzeug, hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer die ökologische Modernisierung will, muss die Grünen in die Regierung wählen.
Aber es ist ein klassisch konservativer Haushalt zweier im Kern sozialdemokratischer Parteien, die anerkanntermaßen ein paar neue Akzente in der Sozialpolitik und im BiLdungsbereich setzen. Keine Neuverschuldung aber auch keine SchuLdentiLgung; die Zeit und ich wiederhole das gerne: die Zeit des „Sparen bis es quietscht“ ist zu Ende, jetzt ist „Sparen mit Augenmaß“ angesagt.
Wobei Sparen als solches übrigens nicht geschlechtsspezifisch ist. Denn wenn ein Leitmotiv für Sparsamkeit gesucht wird, dann sind es üblicherweise die schwäbische Hausfrau oder der Schotte.
Die seit 2011 verstetigte gute Einnahmesituation hat für Entspannung gesorgt und erlaubt der Koalition sich einmal etwas entschiedener um die aufgelaufenen Versäumnisse zu kümmern: Um die sogenannte Altanschließerproblematik, den Breitbandausbau, die Rückabwicklung von Teilen der Polizeireform, die Fertigstellung des Flughafens BER (traue ich mich schon fast nicht zu nennen), die Überschuldung der kreisfreien Städte, die marode gewordene Infrastruktur (Landesstraßen, Radwege) oder die rote Laterne bei der Finanzierung von Universitäten und Schulen.
Auf Grund der guten Konjunktur gelingt es rot-rot mit diesem HaushaLtsentwurf, wenn auch auf niedrigem Niveau die gröbsten Löcher zumindest halbwegs zuzudecken.
Wobei wir in Brandenburg naturgemäß kleinere Brötchen backen müssen als die westdeutschen Bundesländer. Einen solch hohen Personalbestand im Landesdienst wie Baden-Württemberg oder NRW werden wir uns auf Dauer nicht leisten können. Das mag man als preußische Sparsamkeit verklären, tatsächlich ist es unserer niedrigen Steuerkraft und Wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (beides 70 % des Bundesschnitts) geschuldet.
Das wissen Sie natürLich, deswegen sehen Sie vermutlich auch die dringende Notwendigkeit eines besseren Marketings der Regierungspolitik. Die dafür vorgesehenen Mittel, 1,5 Mio. EUR an Sachkosten und eine Referentenstelle, haben wir daher auch entsprechend kommentiert. Eine gute und bürgernahe Regierungspolitik braucht keinen Erklärer, sie erklärt sich von selbst.
Anrede
Nun ist es aber nicht so, dass mit diesem Haushalt alles gut würde. Zum Beispiel die Politik für den Ländlichen Raum, die sich im so benannten Ministerium offenkundig in schlechten Händen befindet. Zugunsten einer „Politik für die industrielle Landwirtschaft“ wird hier der Ländliche Raum vernachlässigt. Minister VogeLsänger predigt ungerührt die Unantastbarkeit der 1. Säule der EU-Förderung. Unverändert fließen daher fast 300 Millionen Euro p.a. ohne nennenswerte Auflagen am Landeshaushalt vorbei als Flächenprämie in die Kassen der Landwirtschaftsbetriebe. Wie das Beispiel KTG zeigt, fließen sie von dort aus immer öfter weiter direkt in die Taschen außerLandwirtschaftlicher Investoren. Am Ende landet dort dann auch das Eigentum an den Landwirtschaftsflächen. Der heutige Landadel in dessen Händen sich das Eigentum konzentriert, sitzt allerdings nicht mehr auf den heimischen Gütern sondern in den Metropolen dieser Welt. Die Wertschöpfung verbleibt nicht im Land, sondern fließt ab. Und noch schlimmer, trotz der hohen Subventionen brechen die Einkommen der konventionellen Agrarbetriebe weg. Während die Einkommen der ökologisch zertifizierten Betriebe 2015 um 25% gestiegen sind, hat der konventionelle Landbauletztes Jahr in allen Segmenten Einbußen von über 10% hinnehmen müssen. Zeit also für einen kompletten Kurswechsel in der Landwirtschaftspolitik.
Wie bei der Braunkohle fungiert Brandenburg zunehmend auch in der Landwirtschaft wie ein klassisches Entwicklungsland, welches Rohstoffe gegen niedrige Bezahlung liefert und die sozialen, und ökologischen Folgekosten dann aus eigenen Mitteln tragen muss. Entgegen den ständigen Beteuerungen auf Strohballenfesten, man lasse die ländlichen Regionen nicht im Regen stehen, tut diese Regierung genau das. Anstatt diese Politik zu ändern, wird beim Marketing aufgerüstet.
Zum Beispiel die Rolle der Landesregierung beim Fluchhafen BER und dem Lärmschutz. Das Versagen der Landesregierung in den Aufsichtsgremien der FBB wurde uns vom Landesrechnungshof fein säuberlich aufgelistet. Die Folgen für den Landeshaushalt sind entsprechend schmerzlich. Ein Ende noch immer nicht in Sicht. Das kann wirklich niemand mehr erklären.
Gleiches gilt für den Umgang mit den Pendlern in den immer volleren Zügen; die Regionalisierungsmittel werden mit diesem Haushalt auf Vorrat gebunkert, statt die Nahverkehrsangebote in Berliner Umland zielgerichtet zu verbessern. Und eher werden die vom Strukturwandel in der Lausitz Betroffenen auf der Suche nach Finanzieller Unterstützung beim Bund fündig als bei der eigenen Landesregierung, die zwar zunehmend unseren Vorschlag eines Lausitzfonds aufgreift, aber keine Mittel dafür zur Verfügung stellen will. Wenn es dieser Regierung schwer fällt, diese Politik zu erklären, vielleicht, Herr Ministerpräsident, liegt es ja an der Politik und nicht an der Art der Kommunikation?
Anrede
Lassen Sie mich nun den Blick noch etwas nach vorn richten. Der gerade ausgehandelte Kompromiss beim Länderfinanzausgleich hat ja auch nicht unerhebliche Konsequenzen für den Landeshaushalt. Die Verstetigung der Mittel aus der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den Ländern und dem Bund sind das Eine, das Andere sind neue Kontrollmöglichkeiten der Bundesebene für die Länderhaushalte. Beschlossen wurde ja auch, dass der Stabilitätsrat von Bund und Ländern künftig auch die Einhaltung von EU-Vorgaben für den Staatshaushalt und der SchuLdenbremse in den Etats der Bundesländer überwacht. Wie das genau umgesetzt werden soll, muss in dem jetzt anstehenden Gesetzgebungsverfahren konkretisiert werden.
Ab 2020 gilt die Schuldenbremse auch für Brandenburg. Brandenburg gehört zu den wenigen Bundesländern, die dazu noch keine Landesrechtlichen Regelungen getroffen haben. Diese müssen aber jetzt schleunigst auf die Agenda. Dabei sind viele Fragen zu klären beispielsweise bei der Konjunkturbereinigung, bei der Festlegung von Fristen oder den Konsequenzen von Zielverfehlungen. Das gilt es im Sinne Brandenburgs so zu gestalten, dass insbesondere im Abschwung eine prozyklisch wirkende Sparpolitik vermieden werden kann. Zudem muss gewährleistet werden, dass durch die Umsetzung der Schuldenbremse die kommunalen Haushalte nicht belastet werden. Aber das Zeitfenster für die Umsetzung der Schuldenbremse in Landesrecht schließt sich, wie der Rechnungshof in seinem Jahresbericht zutreffend bemerkt. Nutzen wir die Zeit jetzt nicht, dann gilt ab 2020 ausnahmslos ein striktes NeuverschuLdungsverbot. Schon in seinem Jahresbericht 2015 hatte der Landesrechnungshof für die Umsetzung der SchuLdenbremse in Landesrecht plädiert. Der Minister der Finanzen hat zwar ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren angekündigt, bislang aber nicht eingeleitet.
Pressemeldungen aus dem Finanzministerium wonach die Schuldenbremse abgelehnt werde weil sie eine gerechte Finanzpolitik nur noch eingeschränkt möglich mache, stimmen einen da sehr bedenklich. Die Landesregierung sollte das schon ernster nehmen! Die Begrenzung des Schuldenmachens erhält langfristig den Spielraum der öffentlichen Haushalte und nicht umgekehrt. Es reicht eben nicht bei guter Haushaltslage die Überschüsse teilweise zur Schuldentilgung zu verwenden, wir müssen das Thema ausgestalten und Regeln für den Umgang mit der Schuldenbremse erarbeiten. Erste Anzeichen zur Zinswende in Amerika zeigen, wie schnell die Zinsen auch in Europa wieder steigen könnten. Die Konsequenzen für die hochverschuldeten öffentlichen Haushalte liegen auf der Hand.
Bund und Länder haben außerdem Strukturveränderungen bei der Aufgabenverteilung zwischen den staatlichen Ebenen beschlossen: So bekommt der Bund die alleinige Zuständigkeit für die Autobahnen, die künftig in einer privatrechtlich organisierten neuen Infrastrukturgesellschaft organisiert werden. Eckpunkte für die Ausgestaltung sind noch festzulegen (u.a. Zeitplan, Regelungen in der Übergangsphase, Übergang von Personal-, Pensions- und Sachmitteln). Da geht es um die Zukunft des Landesbetriebs für Straßenwesen.
Ich komme nun zum SchLuss. Dieser Haushalt ist trotz der Schaffung neuer Stellen in der Polizei, bei Lehrkräften oder der Justiz unverändert ein Sparhaushalt, - ein anderer Haushalt Wäre auch gar nicht denkbar - er stopft die dringendst zu schließenden Lücken.
Von diesem Haushalt geht aber trotz Rekordausgaben kein neuer Schwung aus, der im Land die Dynamik entfalten könnte, die Brandenburg eigentlich bräuchte, um wenigstens mittelfristig an vergleichbare westdeutsche Bundesländer aufschließen zu können. Die Koalition, die sich vorgenommen hat Brandenburgs Aufbruch zu vollenden, ist allenfalls fähig den Status quo zu verwalten. Von Aufbruch weit und breit keine Spur.
Zukunftsprojekte der Landesregierung sind im Haushalt nur schwach erkennbar. Es gibt in Brandenburg keine Energiewende trotz Energiestrategie 2030, es gibt keine Verkehrswende trotz einmaliger Voraussetzungen wachsenden Schienenpersonennahverkehrs, es gib auch keine Agrarwende obwohl die rückläufige Entwicklung der Ländlichen Räume Brandenburgs mit Händen zu greifen ist. Wo ist die Digitalisierungsstrategie, die das Land ins 21. Jahrhundert führen könnte? Auch bei der Umsetzung der VerwaLtungsstrukturreform hat die RegierungskoaLition versagt und bislang nicht geschafft die Betroffenen mit ins Boot zu holen. Wir sehen all das mit großer Sorge, während wichtige Zukunftsprojekte also nicht angepackt werden, häufen sich die Skandale und Skandälchen der RegierungsmitgLieder. Minister stürzen über teilweise Lächerliche Fehltritte und müssen sich peinliche Befragungen der Fachausschüsse unterziehen.