Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der BER scheint der offenkundige Beweis für die Gültigkeit von Murphys Gesetz - alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen - zu sein. Dabei sind die Ursachen des andauernden Planungs-und Bauchaos bekannt und für jedermann im Bericht des Brandenburger Rechnungshofes von 2015 oder auch im Buch des gefeuert Chefarchitekten von Gerkan „Black Box BER" nachzulesen: die Unmöglichkeit, hohe Regierungsämter mit den zeitlichen und qualitativen Anforderungen an einen Aufsichtsrat in Einklang bringen zu können ein Architektenbüro, das jede noch so unqualifizierte Umplanung des Aufsichtsrats willfährig absegnet der scheinbar grenzenlose Zugriff auf Steuergelder - um nur drei Beispiele zu nennen. Konkrete Schlussfolgerungen aus dem Bericht des Landesrechnungshofs scheint - außer der Landesregierung Brandenburg bei der Bestückung des Aufsichtsrats bislang niemand ziehen zu wollen.
Wir könnten jetzt zwar unendlich jammern, es erleichtert am Ende vielleicht die Seele, aber es bringt uns in der Sache keinen Schritt weiter.
(Beifall des Abgeordneten Loehr [DIE LINKE])
Scheinbar einleuchtende Sinnsprüche im AfD-Antrag á la „Besser nie als zu spät" und damit verbundene Scheinlösungen á la „Neubau an anderer Stelle" bringen uns überhaupt nichts.
(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und DIE LINKE)
Zur Ratlosigkeit besteht allerdings auch kein Anlass, genauso wenig wie zur Schön-färberei. Bei diesem Flughafen wäre es ja schon ein Erfolg, wenn wenigstens das Naheliegende getan würde, das heißt: Abschluss der planfestgestellten Lärmschutzmaßnahmen vor der Eröffnung, Fertigstellung des Terminals, so wie es inzwischen genehmigt ist, und als Tüpfelchen auf dem i käme hinzu, dass die Passagiere den Flughafen ohne stundenlanges Warten im Stau oder in überfüllten S-Bahnen erreichen könnten. Hierin sollte alle Kraft investiert werden und nicht darin, ständig immer neue Erweiterungs- und Ausbaumaßnahmen zu planen.
(Beifall B90/GRÜNE)
Angesichts der Lage des BER im dicht besiedelten Berliner Metropolenraum - es ist angesprochen worden -‚ der Belastungen der Anwohnerinnen und Anwohner durch Lärm und Feinstaub, aber auch aufgrund der besonderen Klimaschädlichkeit des Flugverkehrs kann es kein Ziel sein, den Flugverkehr immer weiter auszuweiten und jede Steigerung zu bejubeln.
Dass in dem vorhandenen Terminal keine 30 Millionen oder 40 Millionen Passagiere abgefertigt werden können, ist bekannt. Das stellt aber aus unserer Sicht kein ernst-haftes Problem für die Inbetriebnahme dar. Im Zweifelsfall richtet sich die Inanspruchnahme der verfügbaren Kapazitäten des BER nach Angebot und Nachfrage. Werden die Gebühren so hoch festgesetzt, dass der Flughafenbetrieb nicht vom Steuerzahler bezuschusst werden muss - das ist auch unser Anspruch -‚ dann wer-den im Zweifelsfall die Billigflieger auf andere Flughäfen ausweichen. Verpassen in-nerdeutsche Geschäftsreisende ihren Flug, weil das Taxi auf dem Autobahnzubringer steckenbleibt, dann setzen sie sich beim nächsten Mal vielleicht lieber gleich in die ökologisch vorteilhafte Bahn nach Frankfurt oder nach München.
So viel Flugverkehr wie nötig, so wenig wie möglich. - Das sollte unsere generelle Devise sein. Das heißt aber auch, die Blütenträume vom internationalen Luftdrehkreuz, den Traum, in einer Liga mit Heathrow oder Paris-Orly zu spielen, endlich zu beerdigen, Rückbesinnung auf die Grundlagen des Planfeststellungsbeschlusses, einen Single-Airport für die Deckung des Bedarfs der Region Berlin-Brandenburg und nicht mehr.
(Beifall B90/GRÜNE)
Lassen Sie mich noch kurz auf die brandaktuelle Situation eingehen und auf das mehrfach angesprochene Ritual, dass zuerst die Bauleiter gefeuert werden und dann anschließend die Geschäftsführer drankommen. Ich denke, wir müssen die bislang praktizierte Strategie des Hire und Fire der Bauleiter kritisch hinterfragen. Bislang hat jede Ablösung - Herr Genilke hat es angesprochen der Bauverantwortlichen zu Vh-nötigen Friktionen und Zeitverzögerungen geführt. Und wenn Mühlenfeld erklärt, dass Marks bisher einen hervorragenden Job gemacht hat, ein großartiger Techniker sei, der die Flughafenplanung endlich genehmigungsfähig gemacht habe und die technischen Lösungen für den Brandschutz ihm zuzuschreiben seien, dann fragt man sich, warum dieser hervorragende Mann jetzt mit einer halben Million Euro in der Tasche auf Jobsuche geschickt werden soll. Wenn es stimmt, dass Marks nicht der jetzt benötigte Experte für Vertragsmanagement und Controlling ist, warum stellt man ihm dann nicht einfach einen solchen Experten zur Seite?
Wenn der Aufsichtsratsvorsitzende Müller beklagt, vom Geschäftsführer nicht oder nur unzureichend in eine Entscheidung von solcher Tragweite eingebunden worden zu sein, warum wird dann nicht zuallererst die Frage nach Entstörung der Kommunikationsbeziehungen innerhalb der FBB gestellt? Es kann ja wohl nicht sein, dass Mühlenfeld den Berliner Senat informiert haben will, der Regierende Bürgermeister Müller dies aber offiziell bestreiten lässt. Genauso, wie es eigentlich nicht sein kann, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Müller ohne Kenntnis der übrigen Aufsichtsratsmitglieder Terminverschiebungen am Rande einer SPD-Klausur in Thüringen bekannt gibt. Die Kommunikationsprobleme sind hausgemacht und nicht allein Mühlenfeld zuzuschreiben.
Wenn heute Abend Mühlenfeld der Stuhl vor die Tür gesetzt wird, wäre also wenig gewonnen. Wir brauchen eine Gesellschaft mit funktionierenden Organen - von der Gesellschafterversammlung über den Aufsichtsrat bis hin zur Geschäftsführung. Dies zu schaffen, muss im Mittelpunkt der heutigen Aufsichtsratssitzung stehen, und das ist die Erwartung, die der gesamte Landtag mit der heutigen Debatte zum Ausdruck bringen sollte. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall B90/GRÜNE)