- Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Erleben wir heute nach der Verabschiedung des Parité-Gesetzes einen weiteren historischen Moment im Landtag Brandenburg? Stellt sich Brandenburg jetzt an die Spitze der weltweiten Divestment Kampagnen? „Divestment“ ist das Gegenteil von Investment. Der Begriff bedeutet, dass Vermögensanlagen in unethischen Aktien, Anleihen oder Investmentfonds abgestoßen werden.
Stellen wir uns also nach der Verankerung paritätischer Listen im Wahlrecht erneut an die Spitze einer zukunftsgerichteten parlamentarischen Bewegung und entziehen als erstes Bundesland der Kohle- und Erdölindustrie staatliche Geldanlagen.
Leider nein! Diese Chance hätte bestanden, wenn Landesregierung und Landtag unserem Antrag zur ethisch verantwortbaren Vermögensanlage des Pensionsfonds vom Oktober 2015 schneller entsprochen hätte, so aber haben wir anderen grün mitregierten Ländern den Vortritt gelassen.
Das erste Bundesland, das einen Divestment-Beschluss verabschiedete, war im Sommer 2016 das Land Berlin. Im April 2017 beschloss die Bremer Bürgerschaft nicht mehr in Kohle, Gas und Öl zu investieren. Im August 2017 fiel auch in Baden-Württemberg die Entscheidung, Kapitalanlagen aus dem Kohle-, Öl und Frackingsektor abzuziehen.
Brandenburg steht bei fossil free Deutschland noch auf der Liste der „schmutzigen 5“. Das können und wollen wir jetzt ändern! Zumindest das Aktienportfolio des Versorgungsfonds wird im Laufe dieses Jahres keine Investitionen in Kohle- und Öl-Unternehmen mehr vornehmen. Es werden außerdem zukünftig ethische Kriterien wie zum Beispiel international geächtete Waffen, Atomenergie aber auch in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung berücksichtigt.
Werden wir jetzt mit diesem Beschluss an, den politischen Einfluss der Öl- und Kohleindustrie, die immer wieder Schritte zur Bekämpfung des Klimawandels behindert, entscheidend schwächen? Nein, soweit ist es dann doch noch nicht, dazu sind die Finanzanlagen des Landes mit etwas weniger als 1 Milliarde Euro doch zu wenig. Aber mit der Vorlage 32/18 „Berücksichtigung von ethischen und ökologischen Kriterien bei der Mittelanlage im Sondervermögen Versorgungsfonds des Landes Brandenburg“ des Finanzministers geht das Land immerhin einen ersten Schritt in diese Richtung.
Brandenburg hat das Sondervermögen 'Versorgungsfonds des Landes Brandenburg' zum 1. Januar 2009 errichtet. Damit soll für die Finanzierung der anwachsenden jährlichen Pensionszahlungen Vorsorge getroffen werden. Die Spitze der Pensionsausgaben wird für 2045 mit ca. 1,3 Mrd. EUR erwartet. Der Versorgungsfonds legt die Mittel am Kapitalmarkt verzinslich an damit sie sich vermehren und zu gegebener Zeit die jährlichen Pensionsausgaben dämpfen können.
Gemäß Versorgungsfondsgesetz erfolgt die Anlage der Mittel unter Wahrung der Anlagengrundsätze Sicherheit, Liquidität und Rendite. Anlageformen, die eine absolute Sicherheit bieten, gleichzeitig höchstmöglichen Ertrag bringen und darüber hinaus gewährleisten, dass die angelegten Mittel bei Bedarf rechtzeitig und somit schnell wieder zur Verfügung stehen, gibt es aber nicht. Daher bedarf es hierzu einer Konkretisierung. Dies geschieht durch eine entsprechende Anlagerichtlinie.
Diese soll nun geändert werden. Denn die Ausrichtung der Investments spielte dort bisher keine Rolle. Brandenburg hat auch in Unternehmen investiert, die Ölförderung im Amazonas-Urwald oder Atomkraftwerke betreiben oder diese finanzieren – Hauptsache die Rendite stimmte, das Geld war sicher angelegt und stand bei Bedarf wieder zur Verfügung.
Unser Antrag vom Oktober 2015 (!) zielte darauf ab, das zu ändern indem soziale und ökologische Kriterien bei der Auswahl von Investitionen berücksichtigt werden. Der Auftrag ging an den Finanzminister hier Vorschläge zu machen. Diese liegen nun endlich vor. In der entsprechenden Vorlage legt das Finanzministerium seine neue Strategie dar. Zusammen mit den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen wird ein nachhaltiger Aktienindex konstruiert, der diese neuen Kriterien berücksichtigt.
Die Anlagegrundsätze Sicherheit, Liquidität und Rendite werden weiterhin eingehalten. „Ethische und ökologische Kriterien in die Mittelanlage zusätzlich einzubeziehen stellt in dem Zusammenhang keinen Widerspruch dar“, macht das Ministerium in seiner Information klar. Dass man in der Landesregierung für diese Erkenntnis gut drei Jahre gebraucht hat, scheint allerdings bemerkenswert, lag aber nicht am Finanzminister, der schon vor 2 Jahren umsteuern wollte. Auch finanzpolitisch aus gutem Grund: Investitionen in fossile Energieträger sind inzwischen weltweit auf dem Rückzug und daher auch wirtschaftlich höchst problematisch.
Daher sollte in einem nächsten Schritt die Anleihen im Sondervermögen auf nachhaltigere Investitionen umgestellt werden. Darüber hinaus sollte der Runderlass für die kommunalen Geldanlagen ebenfalls soziale und ökologische Kriterien vorsehen.
Anrede
Bemerkenswert ist die gemeinsame Entwicklung nachhaltiger Aktienindizes durch vier auf den ersten Blick recht unterschiedliche Bundesländer. Brandenburg wird hier zusammen mit den doch wesentlich größeren Ländern Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen agieren und profitiert dabei natürlich auch weil die Menge der anzulegenden Mittel im Länderverbund eine Größenordnung erreicht, die den wirtschaftlichen Erfolg solcher Finanzinstrumente erst ermöglicht.
Anrede
Es macht wenig Sinn, soziale oder ökologische Projekte mit Steuergeldern zu fördern und im allgemeinen Handeln staatlicher Organe darauf dann keinen Wert zu legen. Daher wollen wir eine konsistente Politik und auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, bei der Geschäftspolitik der staatlichen Unternehmen oder bei der Fördermittelvergabe in Zukunft stärker soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt wissen. Der Ausstieg aus Kohle- und Ölwirtschaft ist für Deutschland ein wichtiger Schritt, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Für langfristig ausgerichtete Investoren ist ein Ausstieg aus der Kohlewirtschaft deshalb nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch sinnvoll und folgerichtig.