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Axel Vogel zu unserem Antrag gemeinsam mit der CDU-Fraktion „Keine Schnellschüsse, sondern ein Behörden-Standortkonzept für ganz Brandenburg“

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich denke Sie alle haben schon einmal den Begriff der „good governance“, auf Deutsch, der „Guten Regierungsführung“ gehört und jeder hat so seine Vorstellung, was das bedeuten soll.

Was vielleicht nicht jeder verinnerlicht hat, ist, dass diese „gute Regierungsführung“ von supranationalen Organisationen wie OPEC und Weltbank nicht nur näher definiert, sondern in mehreren überstaatlichen Vereinbarungen auch als Zielvorgabe verbindlich festgeschrieben ist.

So definiert das AKP-EG-Partnerschaftsabkommen von Cotonou/Benin/Afrika (2000)„Gute Regierungsführung“ in Artikel 9 Abs. 3 u.a. wie folgt: „In einem politischen und institutionellen Umfeld, in dem die Menschenrechte, die demokratischen Grundsätze und das Rechtsstaatsprinzip geachtet werden, ist verantwortungsvolle Staatsführung ist die transparente und verantwortungsbewusste Verwaltung der menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und ihr Einsatz für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung. Sie beinhaltet klare Beschlussfassungsverfahren für Behörden, transparente und verantwortungsvolle Institutionen, den Vorrang des Gesetzes bei der Verwaltung und Verteilung der Ressourcen und Qualifizierung zur Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen insbesondere zur Verhinderung und Bekämpfung der Korruption.“

Ich hebe noch einmal hervor: Transparenz, verantwortungsbewusster Umgang mit menschlichen und finanziellen Ressourcen, klare Beschlussfassungsfahren, nachhaltige Entwicklung. Das ist der Anspruch, den die EU an ihre 92 (79) Partnerländer in Afrika, dem Pazifik und der Karibik, von denen viele früher immer wieder mit Bananen in Verbindung gebracht wurden, stellt, Ansprüche, die wir aber auch an uns selbst stellen müssen.

„Gute Regierungsführung“, dazu gehört definitiv nicht: Überfallartiges Schaffen vollendeter Tatsachen, Ausblenden gesetzlich oder vertraglich geregelter Beteiligungsverfahren, Ignoranz gegenüber Ansprüchen der Beschäftigten an eine moderne Personalführung oder bundesweit geltenden Haushaltsgrundsätzen.

Man sollte davon ausgehen können, dass dieser Anspruch von einer bundesdeutschen Landesregierung beispielhaft erfüllt wird. Aber im hier diskutierten Falle weit gefehlt.

Worum geht es?

Am 18.04. erreichte uns Abgeordnete ein bemerkenswertes Schreiben des Ministerpräsidenten, datiert vom 17.04.:

Demnach hatte die Landesregierung am Tag zuvor beschlossen, mehrere Landesbehörden auf andere Standorte zu verteilen und das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) nach Cottbus zu verlegen.

Dem Personalrat des betroffenen Ministeriums war die Entscheidung 2 Stunden vor Sitzungsbeginn mitgeteilt worden. Der rechtlich garantierte Anspruch auf vertrauensvolle Zusammenarbeit wurde missachtet, Mitwirkungsrechte der Personalvertretungen u.a. nach § 13 GGO ignoriert.

Noch schlimmer bei den Mitarbeitern der Landesforstverwaltung, die lt. Aussage des HPR-Vorsitzenden die Verlegung ihres Dienstsitzes nach Eberswalde trotz des zeitgleich stattfindenden Monatsgesprächs mit der Staatssekretärin erst aus den Medien erfuhren.

Die nach Artikel 94 Landesverfassung vorgeschriebene Unterrichtung des Landtages erreichte uns erst am 9.Mai, nachdem der Chef der Staatskanzlei auf diese Unterrichtungspflicht hingewiesen worden war. Die vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 LHO fand nicht statt, und ist nach Auffassung des Finanzministers auch nicht beabsichtigt, da es sich um eine strukturpolitische Richtungsentscheidung handelte.

Wer wie Herr Bartels hier nur missglückte Kommunikation sehen will, oder die ganze Beschlussfassung jetzt als Auftaktveranstaltung eines langfristig zu gestaltenden Prozesses umdeuten will, übersieht die wirkliche Dimension dieses Vorgangs.

Offensichtlich gedachte die Landesregierung einen „Coup zu landen“, und vollendete Tatsachen zu schaffen, und um es gleich allen deutlich zu machen, dass jeder Widerstand zwecklos und die ganze Angelegenheit als abgeschlossen zu betrachten ist, verfiel der Ministerpräsident in seinem Schreiben vom 17.04. an uns Abgeordnete in die Vergangenheitsform.

Wörtlich heißt es dort in seinem Abgesang auf den MWFK-Standort Potsdam:

„Keine Frage, dass das MWFK seinen Sitz in Potsdam hatte, war ein Standortvorteil, auf kurzen Wegen konnte jederzeit schnell ein Kontakt hergestellt, ein Gespräch geführt werden.“

Als Beschreibung der Gegenwart im Präsens wäre das eine gute Zustandsbeschreibung, aber, wer weiß, dass dieser Umzug frühestens 2023, also zum Ende der nächsten Legislaturperiode wirksam wird, hätte eher mit einer Beschreibung im Präsens, allenfalls im Futurum 2 gerechnet. Also: „Wenn wir diesen Beschluss umsetzen, wird das MWFK 2023 seinen Standortvorteil verloren haben“.

Aber dieser Zeithorizont kommt im Schreiben des MP nicht zum Ausdruck, stattdessen wird der Eindruck einer dringlichen Entscheidung geweckt.

Ganz schnell! Deswegen wurde der Beschluss auch als unaufschiebbare Entscheidung, die dringlich noch vor Ostern fallen musste proklamiert. Unaufschiebbar angeblich, weil die seit längerem vorbereitete Ansiedlung der Bundespolizei auf dem landeseigenen Gelände der Heinrich-Mann-Allee den Umzug von Landesbehörden erforderlich macht.

Unverzüglich und unaufschiebbar, weil die Ministerien auf 2 Standorte in Potsdam konzentriert werden sollen und der bisherige Sitz des MWFK im Großen Waisenhaus rund 250 m von der Treskow-Straße entfernt liegt. Das ist doch lächerlich!

Dringlich und unaufschiebbar war meines Erachtens nur eines: Nämlich einen Wahlkampfschlager für die SPD als „Lausitzpartei“ zu finden. Herausgekommen ist ein veritabler Rohrkrepierer. Die Kulturszene ist in Aufruhr, 95 % der Beschäftigten des MWFK stimmen einer Versetzung nicht zu und werden mit Kusshand beim Bund, dem Land Berlin oder in anderen Ministerien Aufnahme finden. Nachbesetzungen freier Stellen des MWFK am Standort Potsdam werden damit sofort schwieriger werden. Die Unruhe innerhalb der Koalitionsreihen ist demgegenüber nur eine zu vernachlässigende Größe.

Jetzt soll mit der Umsetzung der 150 Stellen des MWFK also die Lausitz entwickelt werden. Völlig unberührt von den landesweiten Aufgaben eines Ministeriums, ich zitiere aus dem Schreiben des örtlichen Personalrats: „Ein Ministerium arbeitet strategisch, politisch, Programm gestaltend und nicht operativ. Das MWFK betreibt auch keine eigene Forschung und Entwicklung und ist selbst auch kein Kulturprojektträger. Synergien und Effizienzsteigerungen werden in Cottbus durch einen Ministeriumsstandort nicht erzielt.“ Und weiter: „Das MWFK wird in eine Außenseiterrolle innerhalb der Landesregierung gedrängt“.

Der Lausitz muss geholfen werden, ganz richtig, aber der Umzug des MWFK ist es nicht.

Der frühere SPD-Bildungsminister Steffen Reiche hat es auf den Punkt gebracht:

„Der Umzug des MWFK aber ist kein Zeichen des Respekts! Weder für die Lausitz, noch für das MWFK sowie Wissenschaft, Forschung und Kultur. Diese Entscheidung ist nicht nachhaltig, denn dieser Aktionismus wird nach den Wahlen wieder kassiert werden.“

Lassen Sie uns diesen Respekt gegenüber der Lausitz aufbringen! Sicher kann auch über die in den Sternen stehende Gründung einer Medizinischen Hochschule in Cottbus gesprochen werden. Aber reden wir auch darüber, wie wir die Unterfinanzierung und Schrumpfung der BTU beenden. Wie wir neue Arbeitsplätze in Industrie- und Gewerbe schaffen. Wie wir das Fachkräfteproblem lösen und NeubürgerInnen in die Lausitz bewegen. Und ja, lassen Sie uns in der nächsten Legislaturperiode auf fundierter Basis darüber reden, ob und wie wir den Verwaltungsstandort Cottbus stärken können. Wie wir die Stellen der 5.980 schon in Cottbus Beschäftigten des Landes sichern und ggf. auch ausweiten können. Der Antrag von CDU und Grünen soll dazu dienen diese Grundlagen zu legen.

Die bisherige Beschlusslage der Koalition zu einer angeblich alternativlosen und ein für alle Mal beschlossenen Verlegung des MWFK 4 Monate vor der Landtagswahl ist dagegen die Hybris einer dem Ende zulaufenden Regierung in Endzeitstimmung. Noch viel weiter in die Zukunft ausgreifend als beim Doppelhaushalt 2019/20 will sie die Handlungsfreiheit der nächsten Landesregierung beschneiden. Mit diesem Aktionismus schadet sie der Lausitz wie dem gesamten Land.

Dies kann in niemandes Sinne sein. Wir sollten stattdessen die Regierung zu ihrer Verantwortung für gute Regierungsarbeit verpflichten. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

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