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Axel Vogel spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Steuern senken, Familien stärken - Sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Artikel und Dienstleistungen des Kinderbedarfs!“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Kinderarmut ist ein Problem. Und ja, es wurde angesprochen: Jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet. In Brandenburg sind über 40 % der Alleinerziehenden armutsgefährdet. Ja, es muss etwas geschehen, ja, es gibt auch jede Menge vernünftige Vorschläge dazu, was geändert werden kann. Viele vernünftige Vorschläge haben wir heute beschlossen - zwei Tagesordnungspunkte früher, als wir über den Runden Tisch gegen Kinderarmut gesprochen haben. Kindergrundsicherung beispielsweise oder die Beitragsfreiheit für die Kitas - ja, das hilft den Menschen. Vor allen Dingen führt die Kindergrundsicherung dazu, dass Erhöhungen des Kindergeldes bei Hartz-IV-Empfängern nicht mehr automatisch von den Leistungen nach SGB II abgezogen werden. Allerdings ist eine Aufforderung an den Bundesrat, sich mit dem Thema ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Artikel und Dienstleistungen des Kinderbedarfs zu beschäftigen, angesichts der großen Problemlagen und des Bedarfs nur als naiv oder bestenfalls als Herumdoktern an Symptomen zu bezeichnen.

Die Begründung Ihres Antrags spiegelt diese Naivität auch ein Stück weit wider: So schreiben Sie in Ihrer eigenen Begründung zum ermäßigten Steuersatz selbst - ich zitiere - „haben Studien ergeben, dass der gesetzgeberische Zweck der Entlastung der Verbraucher in ihrer grundlegenden Lebensführung oftmals verfehlt wird. Hinzu kommt eine […] unübersichtliche Regelungslage, die auf umfänglichen Anlagen zum Umsatzsteuergesetz, umfangreichen Verwaltungsanweisungen beruht, so dass man mehr und mehr auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung angewiesen ist“. Gut. Und? Setzen Sie sich damit auseinander? Machen Sie Vorschläge zur Vereinfachung? Wie verträgt sich diese Analyse mit der Forderung, eine „geeignete Legaldefinition [sic!]“ - Zitat aus Ihrem Antrag - „zu schaffen, die die Begriffe ‚Artikel des Kinderbedarfs‘ und ‚Dienstleistungen des Kinderbedarfs‘ für umsatzsteuerliche Zwecke handhabbar machen“. Mit solchen Forderungen verbunden mit der Aufforderung, zur Gegenfinanzierung - ich zitiere wieder - „solche Produkte […] aus der Sieben-Prozent-Privilegierung ausscheiden zu lassen, die erkennbar keinen Bezug zur allgemeinen Grundsicherung haben“, schaffen Sie eine Lebensaufgabe für Rechtsanwälte und Richter an Finanzgerichten aller Instanzen und helfen angesichts absehbarer Mitnahmeeffekte niemandem.

Wir denken: Wenn Sie armen Familien mit Kindern ernsthaft unter die Arme greifen wollen, ist all das viel zu kleinkariert. Dann müssen wir über eine auskömmliche Kindergrundsicherung reden, aber nicht darüber, ob Quietsche-Enten mit 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuer belastet sind. Natürlich kann und sollte man angesichts eines in die Jahre gekommenen und an allen Ecken und Enden durchlöcherten Umsatzsteuersystems, auch angesichts gewerblichen Umsatzsteuerbetrugs in Milliardenhöhe, über eine grundlegende Umsatzsteuerreform nachdenken. Wir könnten - wie bereits 2014 - über einen einheitlichen Steuersatz diskutieren oder über die Abschaffung der Umsatzsteuerprivilegierung ganzer Unternehmensgruppen. Wir müssten über Mitnahmeeffekte reden und darüber, wie Steuersenkungen auch an die Verbraucher weitergegeben werden. All das kann man machen. Nur löst das nicht das Problem der Kinderarmut.

Ihr Antrag ist Effekthascherei, bestenfalls ein Placebo. Wir verweisen auf Tagesordnungspunkt 7 und den verabschiedeten Entschließungsantrag zur Kindergrundsicherung. Und überhaupt: Wir lehnen Ihren Antrag ab.

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.