Frau Präsidentin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Eine Kammer bildet Pensionsrückstellungen für ehrenamtlich Tätige, finanziert einen schicken Dienstwagen auch für private Nutzung, eine mehrtägige Präsidiumssitzung findet auf Malta statt, es gibt In- House-Geschäfte im familiären Umfeld. Beispiele, wie Kammern nicht arbeiten sollten und es dennoch gelegentlich tun. Die Verfehlungen des früheren Potsdamer IHK Präsidenten sind uns alle noch recht geläufig, nehme ich mal an. „Problem erkannt, Problem gelöst“ wird der eine oder die andere von Ihnen denken. Warum sollten wir uns noch darum kümmern?
Die IHK ist - bei allen Selbstverwaltungsrechten, die ihr eingeräumt werden - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist nicht eine bloße Wirtschaftsvereinigung oder ein Berufsverband, sondern Teil der mittelbaren Staatsverwaltung.
Eine IHK nimmt öffentliche Aufgaben wahr. Sie wird getragen von einer Pflichtmitgliedschaft und nimmt Pflichtbeiträge der Kammermitglieder ein; diese können im Streitfall sogar von den Vollstreckungsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte beigetrieben werden. Die Kammern werden von allen Seiten öffentlich gestützt und erfüllen öffentliche Aufgaben. Deswegen ist es auch Aufgabe der öffentlichen Hand, sich um die Kammern zu kümmern, und die Pflichtmitglieder zu schützen.
Die Tatsache, dass es Jahre dauerte bis die Probleme in der IHK Potsdam erkannt und gelöst wurden zeigen auf, dass der Verweis auf eine bundesweit tätige Prüfinstanz der IHKen nicht ausreicht. Die Vorgänge in der IHK Potsdam waren ja kein Einzelfall, wie die inzwischen bundesweit durchgeführten Prüfungen durch die Landesrechnungshöfe der Länder aufgezeigt haben.
Eine Prüfung durch den Landesrechnungshof dient dazu, Mängel aufzuzeigen, auf Abweichungen vom rechten Weg hinzuweisen, aber auf keinen Fall dazu die Kammern in ihren Selbstverwaltungsmöglichkeiten einzuschränken oder sie gar zu vernichten. Genau so sieht es übrigens auch die IHK Potsdam, die nach einer umfassenden Reform einer entsprechenden Prüfung daher auch sehr gelassen gegenüber steht. So wird es auch inzwischen in den allermeisten Ländern gesehen, die Ihre IHK-Gesetze entsprechend formuliert haben. Eine Klausel, die die Industrie- und Handelskammern von einer Prüfung durch den Landesrechnungshof explizit ausklammern, so wie im Brandenburger IHK-Gesetz, findet sich daher so nur noch in Mecklenburg-Vorpommern.
Natürlich können Vorfälle wie in der IHK-Potsdam durch ein allgemeines Prüfrecht des Landesrechnungshofs nicht komplett verhindert werden, aber dieses würde mit Sicherheit sehr disziplinierend wirken.
Inzwischen haben wir ja auch erste Erfahrungen mit Kammerprüfungen durch den Landesrechnungshof gemacht. So haben die aktuellen Prüfungen der Handwerkskammern Cottbus und Potsdam durch den Landesrechnungshof zu einigen durchaus bemerkenswerten Feststellungen geführt. So stellte der Landesrechnungshof bei einem Vergleich der Vergütung der Hauptgeschäftsführer fest, dass die in den Handwerkskammern gewählte Orientierung an vergleichbaren Positionen eines Unternehmens nicht sinnvoll und die Bezüge beider Hauptgeschäftsführer daher im Bundesvergleich zu hoch sind. Auch die Regelungen zur privaten Nutzung von Dienstwagen und zur Altersversorgung sind teilweise deutlich besser als bei vergleichbaren Handwerkskammern andernorts. Einen personengebundenen Dienstwagen zur alleinigen und uneingeschränkten Nutzung gibt es in Brandenburg nur für Mitglieder der Landesregierung, Staatssekretären und den diesen besoldungsrechtlich gleichgestellten Beamten. Die Handwerkskammern als landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts, sollten sich daran orientieren und ihre Geschäftsführungen nicht wie einen Chef der Staatskanzlei oder Staatssekretäre ausstatten, das zumindest ist die gut begründete Position des Landesrechnungshofes in seinem Jahresbericht 2017.
Unverkennbar ist, dass sich nicht alle Kammern einer Prüfung durch den Landesrechnungshof stellen wollen und dagegen juristisch vorgehen. Bislang allerdings ohne jeglichen Erfolg, Der Thüringer Landesrechnungshof kann nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts in Weimar über eine Klage der IHK Erfurt vom November 2016 die Finanzen aller drei Industrie- und Handelskammern prüfen. Denn auch die Kammer in Südthüringen hat ihre Klage gegen die Prüfung zurückgezogen und die IHK Gera war von Anfang an nicht dagegen. Die Weimarer Richter verwiesen bei der Begründung darauf hin, dass nach der Thüringer Landeshaushaltsordnung der Rechnungshof das Recht habe, die Finanzen der Kammern unter die Lupe zu nehmen. Das Gericht bezog sich dabei auch auf Grundsatzentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Industrie- und Handelskammern sind Organisationen öffentlichen Rechts. Unternehmen müssen Mitglied sein und einen Mitgliedsbeitrag entrichten. . Experten gehen davon aus, dass mit Klagen Brandenburger IHKs zwar Zeit geschunden werden könnte, aber diese am Ende auf Kosten der Mitglieder verloren gingen. Nach mündlicher Verhandlung am 23. November 2017 bestätigte das Verwaltungsgericht Potsdam jetzt erst das Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes auch für die Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg und das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Brandenburg.
Sollen wir bei den IHKen also einfach warten, bis entsprechende Urteile durch die Instanzen geklagt werden? Ist es nicht einfach an der Zeit, diesem letzten prüfungsfreien Raum im Lande gesetzlich eineindeutig ein Ende zu bereiten? Wir meinen ja. Vor einem Jahr hatten wir diesen Vorschlag im Zusammenhang mit unserem Gesetz zur Rückverlagerung der überörtlichen Prüfung von Landkreisen und kreisfreien Städten auf den Landesrechnungshof schon einmal dem Landtag vorgelegt. Tenor aus den meisten Fraktionen war, das Thema IHK doch bitte separat zu behandeln, was wir hiermit tun. Wir freuen uns, dass mit der Überweisung in die Ausschüsse der erste Schritt zu einer Verabschiedung des Gesetzentwurfs getan wird. Wir freuen uns auf die weiteren Beratungen.
Diese Rede wurde zu Protokoll gegeben.
Unser Gesetzentwurf wurde in den Ausschuss überwiesen.