Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wer Fragen an die Mitglieder der Landesregierung nicht nur stellen, sondern sie auch beant-wortet haben möchte, der sollte inzwischen gemerkt haben, dass eine Sondersitzung des Landtages dafür nicht das geeignete Forum ist.
(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)
So hätten wir Bündnisgrünen, soweit es den Förderfall Human BioScience betrifft, erklärtermaßen eine gut vorbereitete Sitzung des Wirtschaftsausschusses und eine daran anschließende Regierungserklärung des Ministerpräsidenten bevorzugt. Erst Aufklärung in den parlamentarischen Gremien, dann politische Debatte im Plenum – das wäre unseres Erachtens der bessere Weg gewesen.
(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)
Das gilt umso mehr, als bereits im Vorfeld klar war, dass der Ministerpräsident heute die Abgabe einer Regierungserklärung verweigert. Selbst wenn er nach mir noch das Wort ergreifen sollte, so wird daraus noch lange keine Regierungserklärung. Dass von Herrn Ness und Frau Mächtig Antworten zum Förderfall HBS gegeben und die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden, hat hier wohl niemand ernsthaft angenommen. Ich muss allerdings sagen, Herr Ness, was Sie hier geboten haben, war echt der Tiefpunkt der politischen Kultur in diesem Landtag.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Genau das, was Sie der CDU vorwerfen, haben Sie gemacht: Sie haben reine Ablenkungsmanöver und persönliche Attacken gegen Herrn Eichelbaum gefahren. Im Übrigen: Wenn Sie Herrn Eichelbaum ansprechen, wo bleibt dann der Hinweis auf Herrn Kosanke? Wird da der Balken im eigenen Auge nicht gesehen? So etwas führt die ganze Debatte ad absurdum. So etwas zerstört jeden Versuch, diesen Landtag zu einem Forum der inhaltlichen Auseinandersetzung zu machen.
(Beifall B90/GRÜNE)
Ich muss, Frau Mächtig, auch wenn ich Ihre Schlussfolgerung nicht teile, ausdrücklich anerkennen, dass Sie wenigstens den Versuch unternommen haben, sich inhaltlich mit der Fragestellung auseinanderzusetzen. Dass am Ende der Debatte eine Rücktrittserklärung des Wirtschaftsministers erfolgt, so vermessen in seinen Erwartungen kann wohl niemand sein. So funktioniert Politik nicht, weder im Bund noch in Brandenburg. Das Ergebnis dieser Sitzung war und ist so vorhersehbar wie die sonntägliche Liturgie in der Kirche. Am Ende des Tages hat die Koalition ihre Reihen geschlossen. Am Ende steht, dass DIE LINKE sich um ihren in den eigenen Reihen wegen seiner Braunkohlepolitik durchaus umstrittenen Minister Christoffers schart.
Wenngleich dieses Ergebnis der heutigen Sitzung absehbar ist, so fordern wir Grünen dennoch gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen, CDU und FDP, die Entlassung von Minister Christoffers – wohl wissend, dass ein Rücktritt nicht die unmittelbare Folge der heutigen Debatte sein wird. Wir tun dies, weil wir uns als Opposition selbst aufgeben würden, wenn wir angesichts der bislang zutage getretenen Missstände bei der Fördermittelvergabe an die HBS, insbesondere aber wegen des Abstreitens jeglicher Verantwortung seitens des Ministers, nicht die notwendigen politischen Konsequenzen einforderten.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Wir tun dies, weil wir nach Einsicht in die Akten feststellen mussten, dass genug Warnzeichen vorlagen, es frühzeitig Hinweise auf fehlendes Eigenkapital, auf zweifelhafte Belege und die mangelnde Seriosität der HBS-Unternehmensvertreter gegeben hatte, von denen sowohl die Investitionsbank des Landes als auch das Wirtschaftsministerium Kenntnis hatten. Wir tun dies, weil der Minister mitwirkte, als der Förderfall HBS entgegen der im Zuwendungsbescheid festgeschriebenen Auszahlungsvoraussetzungen zur Auszahlung gebracht wurde. Wir fordern den Rücktritt des Wirtschaftsministers aber insbesondere, weil Minister Christoffers bei seiner wohl als Flucht nach vorn gedachten Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag ein Amtsverständnis offenbart hat, das jeglicher Beschreibung spottet. Wir haben einen Minister erlebt, der jegliche Verantwortung von sich gewiesen hat und trotz seines inzwischen dokumentieren aktiven Einschaltens in das Fördermittelverfahren alle Schuld bei der ILB abladen will.
(Beifall B90/GRÜNE)
Das ist gelinde gesagt unwürdig und unvereinbar mit dem Ministeramt.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Wir mussten feststellen, dass das Informationsgebaren des Ministers zum Fördermittelbetrug der HBS-Verantwortlichen dem inzwischen üblichen traurigen Verfahren verfehlter Krisenkommunikation folgte. Statt offensiv die Fakten auf den Tisch zu legen und die eigene Rolle kritisch zu reflektieren, kamen die Informationen nur über die Presse und scheibchenweise ans Tageslicht. Als Mitglied des Wirtschaftsausschusses habe ich selbst erlebt, wie Minister Christoffers zunächst jegliche Mitwirkung an der im September 2012 getroffenen Entscheidung, der Firma HBS eine zweite Fördermitteltranche in Höhe von 3,2 Millionen Euro auszuzahlen, bestritt. Ich habe miterlebt, wie er die Bedeutung von Manoj Jain, dem wegen Fördermittelbetrugs in den USA verurteilten Eigentümer des Mutterbetriebs von HBS kleinzureden versuchte und wie er erklärte, Kontakte mit den HBS-Verantwortlichen angeblich nur in offizieller großer Runde gehabt zu haben.
Von Gesprächen an der Hausbar in Mr. Jains Privathaus war da ebenso wenig die Rede wie von internen Vermerken der ZAB und der ILB zu Geldwäscheverdacht, Scheinfirmengeflechten und vermutlich zehnfach überteuerten Gefriertrocknern.
Wie aus einem schlechten Lehrbuch zur Krisenkommunikation wurde dementiert, was ohnehin niemand behauptete. So hat nie jemand unterstellt, dass der Minister wie im Fall Odersun der ILB eine förmliche Weisung erteilt hätte, aber genau diese Nichtbehauptung wurde mit Inbrunst zurückgewiesen. Dass es unterhalb der Schwelle einer förmlichen Weisung vielfältige Möglichkeiten der Einflussnahme auf Entscheidungen gibt, will der Minister bis heute anscheinend nicht verstehen. Ihm scheint insbesondere nicht klar zu sein, welche Rolle er als Minister spielt und welche Bedeutung ihm zukommt. Er ist ja nicht nur Minister, sondern er sitzt als stellvertretender Vorsitzender auch im Verwaltungsrat der ILB; aktuell gibt es übrigens keinen Vorsitzenden, sodass er derzeit der Höchstrangige im Verwaltungsrat der ILB ist. Dass seine Meinung bei den Mitarbeitern der ILB eine entscheidungsleitende Rolle spielt, das will er nicht sehen.
(Beifall B90/GRÜNE)
Unstrittig ist, dass die ILB und das Wirtschaftsministerium von skrupellosen Fördergeldbetrügern die Pistole auf die Brust gesetzt bekamen und mit dem Abbruch des Projekts gedroht wurde, falls die zugesagten Gelder nicht kurzfristig ausgezahlt werden. Vor die Wahl gestellt, entweder die vorgelegten, aber nach dem Wortlaut des Zuwendungsbescheids unzureichenden Bescheinigungen zu akzeptieren oder das verheißungsvolle Investitionsprojekt scheitern zu lassen, knickte der Minister ein und ließ zahlen. Auch wenn es formell keine Weisung gegeben hat, ein Gespräch, zu dem der Minister einlädt, nachdem die ILB die Zahlung aussetzt und nachdem schriftlich festgehalten wird, dass nach erneuter Prüfung die zurückgehaltenen Gelder innerhalb von 24 Stunden fließen sollen, lässt vermuten, in welche Richtung hier Druck aufgebaut wurde.
Nach dem Fall Odersun ist der Wirtschaftsminister hier zum zweiten Mal gegen den Rat der Fachleute aktiv geworden – zum Schaden des Landes. So, wie er im Fall Odersun die widerstrebende ILB in Mithaftung für die von ihm getroffene und nur dürftig dokumentierte Entscheidung zur Bewilligung einer von der ILB abgelehnten Förderung nehmen wollte, so soll jetzt im Fall HBS der ILB die alleinige Verantwortung zugeschoben werden. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder ist die ILB in der Tat nicht in der Lage, die Interessen des Landes bei der Vergabe von Fördermitteln zu wahren, oder aber es wird eine Rufschädigung als Kollateralschaden in Kauf genommen, um das Ansehen des Ministers zu wahren. Was wäre schlimmer?
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Sekundiert wird dem Minister von Ministerpräsident Woidke, der in einem Interview mit der „Lausitzer Rundschau“ vom Samstag alle Vorwürfe gegen Christoffers für rundum entkräftet erklärt, mit dem Hinweis, dass es seit dem Jahr 2008 einen „Rechtsanspruch der HBS auf För-dermittel gegeben hat und es bei einer Verweigerung der Auszahlung mit Sicherheit Schadensersatzansprüche gegen das Land gegeben hätte.“ – Nicht nur aus heutiger Sicht eine ausgesprochen verwegene Aussage. Die Landeshaushaltsordnung sieht nicht vor, dass man Zuwendungsempfängern bei Betrugsverdacht hilflos ausgeliefert ist.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Wenn es anders wäre, müsste man sich um den Zustand unseres Landes echte Sorgen machen. Selbstverständlich gibt es nach den Verwaltungsvorschriften zur LHO Möglichkeiten, einen Zuwendungsbescheid zu widerrufen. Diese Möglichkeit wäre schon deshalb gegeben gewesen, weil die HBS 2010 nicht mehr auf die ursprünglich angegebenen und angeblich von der ILB eingehend geprüften Finanzierungsquellen zurückgreifen konnte. Sie wäre aber darüber hinaus 2012 geboten gewesen, weil die Fördermittel nicht für nachgewiesene und angezahlte Bauleistungen, sondern für augenscheinlich fingierte Anzahlungen für Gefriertrockner erfolgte. Sie wäre zwingend erforderlich gewesen, weil die HBS nicht in der Lage war, die im Zuwendungsbescheid verbindlich vorgeschriebene Erklärung der Hausbank über die Finanzierung des Gesamtvorhabens vorzulegen.
Was hätte die HBS aus heutiger Sicht vorlegen können, um einen vermeintlichen Anspruch auf Schadensersatz durchzusetzen? Kopien von in Rupien ausgestellten Barschecks, die in einem undurchsichtigen Firmengeflecht zwischen Indien und den Seychellen transferiert wurden? Unbezahlte Bauträgerrechnungen, für die sie selbst keine Anzahlung erbracht hatte? Das ist doch lächerlich. Nein, der Fall HBS ist symptomatisch für die Wirtschaftsförderung in Brandenburg, wo man versucht, mit Fördermitteln Strohfeuer zu entzünden, in der Hoffnung, der Funke würde irgendwie überspringen.
(Beifall B90/GRÜNE)
Es ist seit Jahren üblich, Investoren nicht zu viele Ansprüche aufzubürden - man will ja keinen verscheuchen; dann schaut man auch nicht so genau hin. Das war vor Jahren beim Lausitzring so, das war bei der Verlegung der Produktion von Francotyp-Postalia nach Wittenberge so, und das gilt aktuell für die HBS. Es ist genau diese Investorenversessenheit, die man dem Minister vorwerfen muss. Er macht eine grundfalsche Wirtschaftspolitik, indem er mit hohem Risiko versucht, Unternehmen in die Brandenburger Provinz zu holen.
(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])
Den Wechsel an der Spitze des Wirtschaftsressorts fordern wir nicht in erster Linie, weil der Minister einem Scharlatan aufgesessen ist, sondern vor allem, weil er seine Verantwortung im System anscheinend überhaupt nicht begriffen hat. Er und niemand anders trägt die Verantwortung für die Wirtschaftsförderung im Land.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Wenn es schon eine investorenfreundliche Grundhaltung im gesamten System gibt, muss we-nigstens der Minister – zumal ein linker Minister – in der Lage sein, die Übersicht zu behalten und allzu leichtfertige Fördermittelzusagen zu stoppen – erst recht, wenn er mit dem Projekt seit Jahren vertraut ist. Im Fall HBS hat er trotz mehrfacher Warnungen jedoch nicht die Reißleine gezogen, sondern – wie Gregor Beyer von der FDP es hier wirklich minutiös dargestellt hat – entscheidend daran mitgewirkt, dass die zweite Rate der Fördermittel ausgezahlt wurde. Dafür trägt er die politische Verantwortung.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Nebenbei bemerkt: Die Fehleranfälligkeit des Brandenburger Fördermittelsystems ist auch nicht neu, denn im gleichen Jahr – 2012 – erging ein Urteil gegen Hilpert, das ein umfassendes Versagen der ILB bei der Förderung des Resorts Schwielowsee dokumentierte. Dies allein schon hätte Minister Christoffers Anlass genug sein müssen, angesichts der Aktenlage bei der HBS eine deutlich kritischere Haltung an den Tag zu legen.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ansicht, dass hier eine Regierung aus dem Tritt geraten sei, ist falsch. Richtig ist, dass die seit 166 Tagen im Amt befindliche Regierung Woidke bis heute nicht Tritt gefasst hat.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Nach den ersten 100 Tagen haben wir Grünen ihm mangels vorzeigbarer und bewertbarer Leistungen weitere 100 Tage Einarbeitungszeit und Schonfrist gewähren wollen. Diese Frist läuft langsam ab.
(Oh! Bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)
Wir haben bislang keinen wesentlich besseren Eindruck gewonnen. Die Notwendigkeit, heute eine Regierungserklärung abzugeben, hat Ministerpräsident Woidke nicht gesehen. Die Chance, auf der nächsten Plenarsitzung eine Regierungserklärung abzugeben, sollte er allerdings nutzen, denn es gibt genügend Punkte, über die wir gern aus dem Munde des Ministerpräsidenten Klarheit hätten. Bis heute steht seine Aussage, dass er den Sitz als Vertreter Brandenburgs im BER-Aufsichtsrat nicht wahrnehmen wolle, um für die Durchsetzung der Brandenburger Interessen in puncto Nachtflugverbot und Lärmschutz freie Hand zu haben, unausgefüllt im Raum.
Am 27.02.2013 – das ist noch gar nicht so lange her; es jährt sich bald – wurde das Volksbe-gehren vom Brandenburger Landtag angenommen. Der Jahrestag dieses Beschlusses steht vor der Tür. Was haben die Bemühungen der Landesregierung um ein erweitertes Nachtflugverbot gebracht? Der sogenannte Bericht der Landesregierung vom 27. Dezember 2013 fasst es zusammen: Nichts. Im Raum stehen geringfügige Veränderungen am Betriebskonzept während der beiden am wenigsten genutzten Nachtstunden. Von einer Ausweitung des Nachtflugverbots ist aber keine Spur. Kann dies ein Verhandlungsergebnis sein, wenn sich gleichberechtigte Partner gegenüberstehen und einer davon ein ernsthaftes Anliegen hat? Nein, entweder sind die Partner nicht gleichberechtigt und Brandenburg hat gegenüber Berlin nichts zu melden, oder das Anliegen wurde von Brandenburg nicht ernsthaft vertreten. Ersteres wäre ein Skandal, das zweite Wortbruch.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)
Lärmschutz: Erst vor zwei Wochen, am 28. Januar, hat das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz bestätigt, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: Die Anwohner des BER müssen exakt den Schallschutz erhalten, den die Flughafengesellschaft einst selbst in ihrem Antrag auf Planfeststellung angab. Ein solcher Schallschutz war die Voraussetzung dafür, dass Bau und Betrieb des BER am Standort Schönefeld überhaupt genehmigt werden konnten. Die Flughafengesellschaft hat jedoch von Anfang an mit Wissen und weitestgehender Billigung der Landesregierung nur einen Bruchteil des Betrages, den ein solcher Schallschutz kostet, in ihre Kostenkalkulation eingestellt. Seit 2008 war das MIL darüber im Bilde, dass die Flughafengesellschaft einen Lärmschutz plante, der weit hinter den ursprünglichen Zusagen zurückbleiben sollte. Es ist und es war ein Skandal, dass die Landesregierung der betroffenen Bevölkerung in der wichtigen Frage des Schallschutzes die Solidarität aufgekündigt und den notwendigen Beistand verweigert hat.
(Beifall B90/GRÜNE und FDP)
Eineinhalb Jahre nach der geplanten Flughafeneröffnung und wenige Monate vor der Inbetriebnahme der Südbahn ist bislang kein einziger von 14 200 berechtigten Haushalten im Tag-schutzgebiet mit dem vorgeschriebenen Lärmschutz ausgestattet. Wie gedenkt die Regierung damit umzugehen? Finanzierung des BER: Obwohl Brandenburg mit Minister Markov seit Jahren den Vorsitzenden des Finanzausschusses der FBB stellte, können FBB und Landesregierung bis heute keine Auskunft über die Gesamtkosten des BER, seine Folgekosten nach Inbetriebnahme, seine Gesamtfinanzierung oder notwendige ergänzende EU-Notifizierungsverfahren geben. Wie gedenkt die Landesregierung hier weiter vorzugehen?
(Schulze [B90/GRÜNE]: Sind ja nur ein paar Millionen!)
Andere Fragen, auf die wir eine Antwort erwarten: Die Gesundheits- und Umweltministerin setzt sich aus guten Gründen für weitestgehende Beschränkungen des Totalherbizids Glyphosat ein. Inzwischen ist das Umweltgift allgegenwärtig. Es ist in unseren Gewässern und Nahrungsmitteln; bei 70 % der Deutschen soll es inzwischen im Urin zu finden sein. Dennoch stimmt Brandenburg im Bundesrat gegen Beschränkungsforderungen der rot-grün regierten Bundesländer. Wo steht hier der Ministerpräsident?
(Beifall B90/GRÜNE)
Der Landwirtschaftsminister macht sich bundesweit beachtet zum Apologeten der industriellen Massentierhaltung.
(Oh! Bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)
Die für das Arzneimittelrecht zuständige Gesundheitsministerin warnt dagegen vor den Gefahren des mit der Massentierhaltung einhergehenden Einsatzes von Antibiotika in den Ställen und der damit verbundenen Ausbildung antibiotikaresistenter Keime für die menschliche Gesundheit. Einen Überblick über die in Brandenburger Ställen eingesetzten Antibiotika hat sie dennoch nicht. Machtmittel, den nach Arzneimittelrecht verbotenen prophylaktischen Einsatz von Antibiotika zu verhindern, hat sie anscheinend auch nicht. Wie gedenkt der Ministerpräsident mit dieser Situation umzugehen?
Braunkohle: Während der sächsische Ministerpräsident Tillich eine Übernahme der Braunkohlesparte von Vattenfall ablehnt, weil es nicht die Aufgabe des Landes ist, als Unternehmer tätig zu sein, lässt die Landesregierung eine Arbeitsgruppe bilden, die einen potenziellen Erwerb der Braunkohlesparte von Vattenfall durch das Land prüft. Dies ist erkennbar eine Sackgasse. Viel wichtiger wird damit aber die Frage, wie sich der Ministerpräsident die weitere Zukunft der Lausitz ohne Vattenfall und ohne Braunkohle vorstellt.
(Beifall B90/GRÜNE)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die zukünftige Entwicklung unseres Landes ist entschei-dend, welche Ziele sich die Landesregierung politisch setzt und welche Qualität ihre politischen Entscheidungen haben. Das Festhalten an überkommenen Technologien, die Weigerung, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und das Negieren von Megatrends wie dem der biologischen Landwirtschaft wirken sich lähmend auf die Entwicklung insgesamt aus.
(Beifall B90/GRÜNE)
Brandenburg verspielt mit seinem sturen Festhalten an der Braunkohle die Zukunft einer ganzen Region, die sich mit Recht immer öfter fragt, ob diese Regierung überhaupt noch weiß, was sie tut, oder - schlimmer noch -, ob sie in der Lage ist, das, was sie eigentlich vorhat, auch umzusetzen. Von der Inklusion über die Polizeireform, den Flughafen oder Beschäftigungsprogramme - diese Regierung agiert weitgehend chaotisch und planlos.
Bischoff [SPD]: Da klatscht ja gar keiner! – Beifall B90/GRÜNE)
- Doch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Die Schlussfolgerungen aus einer verfehlten Politik zu ziehen und über eine andere Verteilung der politischen Mehr-heitsverhältnisse im Land zu entscheiden ist Aufgabe der Wählerinnen und Wähler. Die Aufgabe des Landtags ist es, offen über Mängel im Regierungshandeln und bessere Alternativen zu diskutieren, um den Wählerinnen und Wählern auch die unterschiedlichen Positionen deutlich zu machen. Eine solche Diskussion war heute, wenn überhaupt, nur in kleinen Auszügen möglich. Ich möchte deshalb noch einmal eindringlich dafür werben, dass der Ministerpräsident sich nicht wegduckt, sondern in der nächsten Plenarsitzung eine umfassende Regierungserklärung abgibt – wie es in unserem gemeinsamen Antrag der Opposition dargestellt ist.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)