- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen,
starke Regierungen nutzen die Chance eines ersten Jahrestages, um ihre Erfolge im Rahmen einer Regierungserklärung der Öffentlichkeit zu präsentieren. In Brandenburg überlässt Rot-Rot dieses Thema der Opposition für eine Aktuelle Stunde – vermutlich aus dem unguten Gefühl heraus, dass mit einer Präsentation der bisherigen Erfolge wohl keine zehn Minuten Redezeit zu bestreiten sind.
So hatte es denn bei dieser Regierung bislang nur zu einer eilig zusammengerufenen Pressekonferenz gereicht, bei der man der erstaunten Öffentlichkeit die Mär von einer rot-roten Erfolgsgeschichte verkaufen wollte. Nach der Pressekonferenz vom 25.06.2010 mit Wowereit zur "Erfolgsgeschichte BBI" und der Presseerklärung vom 28.10. zur "beginnenden Erfolgsgeschichte Lausitzring", wäre der Ministerpräsident mit diesem Begriff angesichts der offenkundigen Misserfolge bei der Verwendung dieses Begriffs lieber etwas zurückhaltender gewesen, dann hätte er sich auch eine Menge Häme in den Medien ersparen können.
Da die Regierung sich für Misserfolge nicht verantwortlich machen lässt, wenn ich die Äußerungen von Matthias Platzeck richtig interpretiere, liegt die Verantwortung für ausbleibende Erfolge wohl allein an der "schreckliche Opposition", die ihren Pflichten nicht nachkommt und die Regierung nur unzureichend mit Ratschlägen und Vorschlägen begeistert, und zu wenig Ideen unterbreitet wie man das Land besser regieren könnte.
Welch schreckliche Entwicklung die CDU seit dem Ende von schwarz-rot genommen hat, vermag ich nicht zu beurteilen, bislang hatte ich es aber als verfassungsmäßige Aufgabe des Landtages verstanden, die Arbeit der von ihm gewählten und damit beauftragten Regierung zu unterstüzen, aber auch zu kontrollieren und zu bewerten. Von einer Aufgabe des Ministerpräsidenten die Oppositionsparteien im Landtag zu bewerten, habe ich allerdings noch nichts gehört:
Was hätten wir uns für heute erwartet?
Angesagt gewesen wäre heute eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten mit einer klaren "Wir haben verstanden"-Rede – eine Rede, in der der Ministerpräsident selbstkritisch die Fehler des letzten Jahres analysiert, das Scheitern wesentlicher Projekte wie "Arbeit für Brandenburg" aber auch des Luftverkehrskreuzes BBI einräumt und auf der Grundlage der geänderten Rahmenbedingungen neue Regierungsschwerpunkte für die nächsten 4 Jahre entwirft. Eine Neuausrichtung der Poltik, mit der diese Regierung wieder Tritt fassen will, allein mit Kritik an der Opposition wird sie es nämlich nicht schaffen:
Beispiele, die wir heute gerne hören würden:
Braunkohle
Klimaschutz und eine geänderte Politik des Vattenfall-Eigners Schweden haben den Abschied von der Braunkohle eingeläutet. Die Landesregierung nimmt diese Realität endlich zur Kenntnis und unterstützt die IHK Cottbus in ihrer Forderung nach einem Lausitzprogramm, das die Region für die Zeit nach der Braunkohle ertüchtigt. Sie verzichtet darauf als einzige deutsche Landesregierung der Chimäre CCS nachzulaufen und wird sich zukünftig dagegen einsetzen, dass Oderbruch und die Region Beeskow zum CO 2—Klo der Nation werden. Diese Position wird sie auch offen gegen die Bergbaugewerkschaft vertreten und nicht mehr ihren Minister Baaske zu Kampfreden gegen die Tagebaugegner auf Gewerkschaftsdemos entsenden.
Bildung
Die Landesregierung will die rote Laterne in der Bildungspolitik, wie zuletzt im Ländervergleichstext vom 23.Juni im Fach Englisch geschehen, endlich abgeben. Das gebetsmühlenhafte Mantra von den vielen "neuen Lehrern" wird aufgegeben und es wird eingeräumt, dass man auch im letzten Jahr wieder Stellen für Lehrkräfte abgebaut hat. Alle freiwerdenden Lehrerstellen werden nachbesetzt und die notwendigen Mittel für die LehrerInnenqualifikation (nicht nur im Fach Englisch) werden im Haushalt bereitgestellt.
Flughafen Schönefeld
Der Ministerpräsident verabschiedet sich vom Konzept des "hochmodernen Hochleistungsdrehkreuz BBI" (PK vom 1.7.2009) und kündigt an, dass sich die Inanspruchnahme der BBI- Kapazitäten zukünftig am notwendigen Lärmschutz der Bevölkerung ausrichten wird. Bereits nach dem gerichtlich erzwungenen Nachtflugverbot ist offenkundig, dass die bisherige Konzeption von BBI nicht verwirklicht werden kann. Mit der von der Landesregierung bislang bekämpften Flugticketsteuer werden Billigflugverkehr und der innerdeutsche Flugverkehr zum Nutzen von Bevölkerung und Umwelt beschränkt werden (lt. Prof. Schwarz mindestens 800.000 Paxe weniger). Diese Chance gilt es jetzt für den Lärmschutz zu nutzen. Zugleich muss ein Kassensturz gemacht werden, der aufzeigt, wie der absehbar reduzierte Flugbetrieb möglichst ohne Belastung der Landeshaushalte erfolgen kann.
Demokratie ausbauen
Der Ministerpräsident nimmt die zunehmende Skepsis gegenüber der Demokratie und die Wahlabstinenz bei den Landratswahlen zum Anlass für eine Demokratieoffensive. Den aktiven WählerInnen wird durch Abschaffung der Quoren bei Kommunalwahlen gezeigt, dass jede abgegebene Stimme von besonderer Bedeutung ist und nicht wie bisher bei einem Unterschreiten des Quorums verfällt und die Landratswahl wieder in den Bereich des politischen Kuhhandel zurückfällt.
Durch eine Erleichterung der Zugangsvoraussetzungen bei Volksbegehren, werden die bislang unzureichenden Elemente Direkter Demokratie zwischen den Wahlen ausgebaut.
Das bisherige Wahlrecht wird durch eine Ausweitung des Stimmrechts u.a. auf 16-jährige und mehr Einflußmöglichkeiten der WählerInnen auf die Sitzeverteilung im Landtag, z.B. durch Vorzugsstimmen novelliert.
Bildquelle: rbb
Dies sind vier Vorschläge von uns, einer kleinen Oppositionspartei, die mit 5 Abgeordneten natürlich nicht die Arbeit einer Regierung mit 50.000 Landesbedienstenten ersetzen kann. Machen Sie was daraus. Die nächsten 96 Vorschläge sparen wir uns für die nächsten Sitzungen auf.