- Es gilt das gesprochene Wort -
„Wenn ich Unternehmensberater wäre, würde ich Vattenfall raten, (ich ergänze: aus der Braunkohle ) auszusteigen.“ (Hans-Joachim Schellnhuber)
„Die Rettung der Braunkohle kann kein Staatsziel sein.“ Hans-Joachim Schellnhuber
Braunkohle ist „ein Stück weit Unternehmenssache“. MP Platzeck
Zitate, aus der PNN die erst drei Tage alt sind. Aktueller wie mit der Diskussion zu diesem Antrag zur Zukunft der Lausitz kann der Landtag kaum sein und hier gehört diese Diskussion auch hin.
Seit Gründung des Landes Brandenburg haben alle Landesregierungen so ziemlich alles, aber wirklich alles unternommen, um die nach der Deutschen Einheit vor dem Aus stehende Braunkohleförderung in der Lausitz über die Zeit zu retten, von Braunkohlevorranggesetzen bis hin zu massivem Lobbying bei Bund und EU zur Verbesserung der Position der Braunkohle im Emissionshandel. Ich denke, da kann sich jetzt nicht der Ministerpräsident zurückziehen und die Entscheidung über die weitere Nutzung oder den Ausstieg aus der Braunkohle zur Unternehmens-angelegenheit erklären. So wie mit der politisch bedingten Absicherung der Braunkohlenutzung in der Lausitz der Gestaltungsspielraum der Landesregierung in der Vergangenheit (u.E.) falsch genutzt wurde, so muss der politische Handlungsspielraum jetzt genutzt werden um den fälligen Ausstieg aus der Braunkohle politisch zu begleiten und da kann sich ein MP mit dem Hinweis auf Unternehmensentscheidungen nicht wegducken.
Der Ausstieg aus der Braunkohle ist längst keine Frage der Technologie mehr, sondern nur noch eine Frage der Zeit. Damit verbunden sind nicht nur wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Auswirkungen, zugleich wird ein tiefer gesellschaftlicher Wandel der bisherigen „Energieregion Lausitz“ eintreten. Und wenngleich der Ausstieg aus der Braunkohle nicht von jetzt auf gleich von statten gehen wird, gilt es den Tatsachen endlich ins Auge zu sehen und jetzt Ideen zu entwickeln, um die Region bei der Gestaltung des damit verbundenen Strukturwandels zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund scheint der Antrag der CDU zunächst einmal ein Lichtblick zu sein. Die CDU fordert die Landesregierung auf bis zum Mai 2012 ein Zukunftskonzept für die Lausitz zu entwerfen. Als zentrale Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Konzeptes gibt sie an, dass die Braunkohle als „Energieträger endlich ist“.
Aber auch wenn auf den ersten Blick mit der Anerkennung des bevorstehenden Endes von Braunkohleförderung und -verstromung Realismus in die CDU eingekehrt zu sein scheint, so enttäuscht der Antrag beim genaueren Hinsehen auf der ganzen Linie.
Die Braunkohlevoräte in der Lausitz sind endlich - wohl wahr. Die Frage ist aber, wo beim Braunkohleabbau die Endmarke gesetzt werden soll. Ist es die Auskohlung der noch bis mindesten 2030 reichenden Vorräte von 1,2 Mrd Tonnen in den aktuell genehmigten 3 Tagebaufelder Cottus-Süd, Jänschwalde und Welzow-Süd, wollen Sie die aktuell von Vattenfall und Landesregierung zusätzlich zum Aufschluss vorgesehenen Braunkohlefelder Welzow Süd TF II, Jänschwalde-Nord, Bagenz- und Spremberg-Ost öffnen oder wollen Sie gar die 4 weiteren vom Landesbergamt als besonders abbauwürdig eingestuften Lagerflächen auf denen sich 27 Orte mit insgesamt 7.000 Einwohnern befinden auch noch erschließen.
Unverändert wird im Antrag die Absicherung der weiteren Nutzung der Braunkohle an die erste Stelle der Maßnahmen gesetzt. Den von Vattenfall geplanten und von SPD und Wirtschaftsminister bisher unterstützten Aufschluss neuer Tagebaue nimmt die CDU als gegeben hin. Damit soll die mit den bisherigen Tagebaufeldern bis mindestens 2030 noch mögliche Braunkohleverstromung um weitere Jahrzehnte verlängert werden. Lediglich die Aussparung von Ortschaften von der Abbaggerung soll nun geprüft werden. Wohl um die Akzeptanz zu erhöhen soll die Landesregierung einen Ansprechpartner für die weitere Braunkohlenutzung für die Kommunen benennen.
Das Festhalten an einer jahrzehntelangen weiteren Braunkohleverstromung und die Schwerpunktsetzung auf den Energiebereich sind die Kardinalfehler dieses Papiers. Wir denken dagegen, dass die entscheidenden und auch sehr bald zu beantwortenden Fragen für die Lausitz in der Tat sind, wie jetzt der Ausstieg aus der Braunkohle organisiert wird und was nach der Braunkohle kommt.
Angesichts des rapiden Ausbaus der Erneuerbaren Energien und steigender Preise für CO2-Zertifikate ist die Braunkohle in absehbarer Zeit allen Durchhalteparolen von Vattenfall zum Trotz nicht mehr wettbewerbsfähig. Und auch die CCS-Technologie wird sie völlig unabhängig von den jüngsten Erklärungen des Ministerpräsidenten zum CCS-Gesetz oder den plötzlich aus dem Nichts aufgetauchten Phantasiepipelines nach Stettin nicht retten können. Im Gegensatz zu der von CDU und SPD vertretenen Position ist die Braunkohle eben „kein Partner für die erneuerbaren Energien“. Die schwerfälligen Braunkohle-Grundlastkraftwerke sind vielmehr ein großes Hindernis auf dem Weg zur regenerativen Vollversorgung, da zukünftig flexibel regelbare Kraftwerke benötigt werden. Anstatt den Vorbetern von Vattenfall und IGBCE das Mantra der zentralistischen und fossilen Energiepolitik des 20. Jahrhunderts nachzubeten, sollten sich SPD und CDU auf die Erarbeitung einer alternativen Vision für den notwendigen Strukturwandel in der Lausitz des 21. Jahrhunderts einlassen.
Seit Jahren liegen Cottbus und die Lausitzer Braunkohlelandkreise auf den hintersten Plätzen der Prognoszukunftsstudien. Anlass genug hier endlich Konsequenzen zu ziehen. Man stelle sich einmal einen Fußballverein vor, der seit Jahren auf den abstiegsgefährdeten Plätzen steht und dessen Trainer immer nur neue Spieler und mehr Geld fordert. Wie soll die Vereinsführung reagieren: Dem Trainer jedes Jahr aufs Neue zum Abstiegsplatz gratulieren und seinen Vertrag verlängern? Ich denke, jeder vernünftige Vereinsvorstand würde einmal prüfen, ob nicht der Trainer selbst die Ursache für den fehlenden Fortschritt ist und einem solchen Trainer den Stuhl vor die Tür setzen.
Nur in Brandenburg will man der Wahrheit nicht ins Auge blicken und diese lautet: Die Braunkohle ist das Problem der Lausitz und nicht die Lösung ihrer Probleme.
Der Diskussionsprozess ist vor Ort ja bereits in vollem Gange. Angefangen von den öffentlichen Ringvorlesungen an der BTU über die Meinungsbildungsprozesse in der IHK Cottbus bis hin zu den Diskussionen auf den Seiten der Lausitzer Rundschau: Die Region ist dabei sich auf ihre endogenen Potentiale zu besinnen und Entwicklungskonzepte für die Zeit nach der Braunkohle zu erarbeiten. Dabei ist die Weiterentwicklung der Lausitz von einer Braunkohleregion zu einer Region für Erneuerbare Energien nur ein Element von vielen. Nicht übersehen werden darf, dass Vattenfall mit fast 5.000 Arbeitskräften zwar immer noch der größte Arbeitgeber in der Lausitz ist, aber dennoch 97 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Lausitz nicht in der Braunkohle beschäftigt sind. Eine Konzentration auf den Energiemarkt ginge daher an den realen Problemen der Lausitz vorbei.
Die Lausitz ist eben auch eine ländliche Region mit all den auch aus Uckermark und Prignitz bekannten Abwanderungserscheinungen peripherisierter Räume, es ist mit dem Bisophärenreservat Spreewald, den beiden Niederlausitzer Naturparken und dem Oder-Neiße Radweg eine wachsende Tourismusregion, es ist mit der BTU Cottbus und der Fachhochschule Lausitz auch eine Bildungslandschaft und es könnte als Bestandteil einer grenzüberschreitenden „Euroregion“ zugleich zur Drehscheibe zwischen Mittel und Mittelosteuropa werden, um nur einige Ansatzpunkte zu nennen, die teilweise auch in Ihrem Antrag auftauchen.
All dies muss diskutiert werden. Allerdings nicht in Form eines von der Landesregierung zu erarbeitenden Konzeptes. Wir müssen endlich von diesem Top-Down-Ansatz wegkommen. Aufgabe der Landesregierung kann es nur sein die Erarbeitung eines solchen Zukunftskonzeptes für die Lausitz zu unterstützen. In Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern, den politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Trägern der Region sollte von der Basis ausgehend gemeinsam mit der Landesebene ein Masterplan für den Strukturwandel in der Lausitz ausgearbeitet und die ersten Schritte zu dessen Umsetzung eingeleitet werden.
Für einen solchen Masterplan enthält der Antrag der CDU auch einige sinnvolle Hinweise und Ideen. Da Sie sich aber immer noch nicht von der langfristigen Fortführung der Braunkohleverstromung trennen können, müssen wir diesen Antrag allerdings entschieden ablehnen.