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Axel Vogel spricht zum Bericht der Landesregierung „Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg“

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Es gilt das gesprochene Wort ! -

Sehr geehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Lieber Herr Christoffers, Liebe Fraktion der Linken,

wenn wir heute die Clusterstrategie als Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik begrüßen, dann würdigen wir zugleich auch den Abschied von der überholten Förderstrategie der Vorgängerregierung.

Wir würdigen das Ende der Branchenschwerpunktorte,

wir würdigen die Überwindung des Flickenteppichs der Branchenkompetenzfelder,

wir freuen uns, dass von der Neuausrichtung der Förderstrategie des Jahres 2005 bald nur noch die Regionalen Wachstumskerne übrig sind und damit der Geist der zu unrecht als Stärken-stärken-Konzept bezeichnete Förderstrategie Brandenburgs langsam aber sicher verschwindet.

Ich halte dies für eine große Leistung unseres Wirtschaftsministers und deshalb verzeihe ich Ihnen auch den Versuch diesen Paradigmenwechsel als „Weiterentwicklung der Branchenkompetenzfelder zu Clustern" zu verkaufen. Ich werte dies als Ihren Beitrag, um das Gesicht Ihres Koalitionspartners zu wahren.

Mit dem Stärken-stärken-Konzept des Jahres 2005 wurde die Überzeugung, dass nur eine konsequente Orientierung am Beispiel Silicon Valley Konzentrationsvorteile hervorbringt, institutionalisiert. Ein Zwangskorsett und zugleich Flickenteppich von 67 Branchenschwerpunktorten und 16 Branchenkompetenzfeldern sollte künstlich die einmaligen Bedingungen von Silicon Valley, einer außerordentlichen regionalen Konzentration homogener Unternehmen, nach Brandenburg übertragen.

Der volkswirtschaftliche Grundsatz, die Wirtschaftsförderung an die vor Ort herrschenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potentiale anzupassen, wurde hierdurch über Bord geworfen.

Die Clusterstrategie bricht konsequent mit dieser Überzeugung. Auf einmal wird die zentrale Voraussetzung eines Clusters, in der kritischen Masse von Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen in der gesamten Region Berlin und Brandenburg gesehen. Damit wird zugleich die Notwendigkeit der räumlichen Nähe von Partnern eines Clusters vollständig anders begriffen. Auf einmal ist die Region Berlin-Brandenburg das natürliche Gebiet für ein Cluster und nicht die Zusammenballung gleichartiger Unternehmen an einem Ort entscheidend. Das ist keine Veränderung um Nuancen, sondern eine radikale Abkehr von der Förderidee der Branchenschwerpunktorte.

Die Gemeinsame Innovationsstrategie Berlin und Brandenburg orientiert sich zu Recht an den guten Ansätzen anderer Bundesländer. Einen Überblick über gut situierte Cluster anderer Bundesländer geben die Elf Finalisten des Spitzen-Clusterwettbewerbs der Bundesregierung. Gleichzeitig stellen Sie dem Stärken-stärken-Konzept ein Armutszeugnis aus. Vier der elf Cluster erstrecken sich über die Grenzen von zwei bis drei Bundesländer. Beispielhaft möchte ich das WindPowerCluster im Nordwesten Deutschlands erwähnen. Dieses Cluster deckt mit Ihren 150 Partnern die gesamte Region zwischen Emden und Hamburg ab. Die anderen sieben Cluster bilden ein Partnernetzwerk auf der gesamten Gebiet der großen Flächenländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Mit der Innovationsstrategie Berlin Brandenburg stehen wir am Anfang eines sinnvollen Weges. Besonders positiv ist die Länderübergreifende Kooperation. Ich schätze diesen Beitrag der Innovationsstrategie, das Hindernis der künstlichen Ländergrenzen zwischen Berlin und Brandenburg in der Wirtschaftspolitik mitabzubauen.

Die Synergien einer Clusterförderung im Verbund mehrerer Bundesländer sollte aber auch für die vier Brandenburger Cluster stetig geprüft werden. Lieber Herr Christoffers, die angestrebte engere Zusammenarbeit mit Sachsen und Sachsen-Anhalt beim Cluster Kunststoffe/ Chemie begrüße ich. Dass bei den Clustern Ernährungswirtschaft und Metall das Land Berlin über keine nennenswerte Wertschöpfungskette verfügt ist leider nicht zu ändern. Zumindest bei der Ernährungswirtschaft ist aber eine Zusammenarbeit mit Mecklenburg-Vorpommern vorstellbar. Unzufrieden bin ich jedoch mit dem eigenständigen Brandenburger Cluster Tourismus. In dieser Branche ist doch besonders aus Brandenburger Sicht ein gemeinsames Agieren mit Berlin anzustreben. Erstens ist gerade im Tourismus ein Netzwerk zwischen Berliner und Brandenburger Unternehmen schon vorhanden. Zweitens spielt allein der Tagestourismus aus Berlin für Brandenburg eine herausgehobene Rolle. Zudem ist der geringe Bekanntheitsgrad touristischer Einrichtungen in Brandenburg das größte Defizit. Deshalb ist eine gemeinsame Arbeit mit der Tourismushauptstadt Europas eine große Chance.

Insgesamt ist die Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg für Brandenburg ein großer Schritt weg von der bisherigen provinziellen Förderstrategie. Brandenburg ist mit dieser Strategie am Anfang eines hoffentlich erfolgreichen Weges. Vielleicht wird auch ein Berlin-Brandenburger Cluster mittelfristig am Spitzencluster-Wettbewerb der Bundesregierung erfolgreich teilnehmen.

Der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion weist auf die Schwachstelle der Innovationsstrategie hin. Eine stärkere Einbeziehung des ländlichen Raumes ist eine wichtige Korrektur. Deshalb stimmen wir dem Entschließungsantrag zu.

Vielen Dank!