- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Sehr geehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nach 3 ½ Jahren im Landtag dachte ich eigentlich, dass mich hier nur noch relativ wenig überraschen kann. Der hier vorgelegte Bericht der Landesregierung zählt allerdings dazu. Wieso?
In dem, diesem Bericht zugrunde liegenden, Beschluss vom August 2011(!) bat der Landtag auf Beschlussantrag der rot-roten Mehrheit die Landesregierung, nach dem sie den Gesetzentwurf der CDU für ein Transparenzgesetz abgelehnt hatte, „“gegebenenfalls“ Vorschläge zur weiteren Ausgestaltung der Transparenz zu unterbreiten“. Dabei war natürlich dem Wortlaut des Beschlusses nach, nicht nur so wie es in der Überschrift des jetzt vorliegenden Berichtes heißt, Transparenz in Bezug auf die Vergütung der Mitglieder von Geschäftsführung und Aufsichtsrat gemeint, sondern Transparenz im Allgemeinen. Der jetzt vorliegende Bericht beschränkt sich jedoch darauf, festzustellen, dass man in Bezug auf die Vergütungen noch die Gehälter der Aufsichtsorgane einiger landesunmittelbarer Unternehmen transparent machen sollte, dass es darüber hinaus aber keinen weitergehenden Handlungsbedarf gäbe.
Wie ist das zu verstehen? Ziemlich offenkundig hat man bewusst den umfassenden Ansatz des Corporate Governance Kodex nicht weiter betrachten wollen! Genau dies wäre aber nötig gewesen. Stattdessen wird uns mit der Beschränkung des Berichts auf die Gehälter in landesunmittelbaren Unternehmen Spielmaterial zugearbeitet. Sie werden angesichts dieser Vorgeschichte verstehen, dass wir hier nicht mitspielen und ich mich in meinem Beitrag auf den Ursprungsbeschluss beziehe .
„Corporate Governance umfasst das gesamte System der Leitung und Überwachung eines Unternehmens, einschließlich seiner Organisation, seiner Werte und geschäftspolitischen Grundsätze und Leitlinien sowie der internen und externen Kontroll- und Überwachungsmechanismen.“ So beschreibt ein großes, international tätiges Unternehmen, worum es hier geht. „Gute und transparente Corporate Governance gewährleistet eine verantwortliche, auf Wertschöpfung ausgerichtete Leitung und Kontrolle des Unternehmens.“ so heißt es dort weiter. Eine solche Corporate Governance fördert somit das Vertrauen der Kunden aber auch der Anteilseigner – im Falle einer landeseigenen Gesellschaften also der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Davon ist Brandenburg allerdings noch sehr sehr weit entfernt.
In einer Demokratie besteht der Anspruch zu wissen, was Unternehmen, die sich im Eigentum ihrer Bürgerinnen und Bürger befinden, im wahrsten Sinne „unternehmen“, welche Ziele sie haben und in welcher Weise sie zum Wohlstand der Gesellschaft beitragen? Ist es dieser Landesregierung wirklich entgangen, wie sehr die Öffentlichkeit inzwischen staatlichem Handeln auf die Finger schaut oder herrscht dort noch die Meinung vor, zu viel Einfluss und Mitsprache seien nur schädlich für´s Geschäft?
Worum geht es? Unternehmen wie die Tourismus Marketing Gmbh, die Lottogesellschaft aber auch die Flughafengesellschaft sind Eigentum der öffentlichen Hand. Sie gehören also keiner privaten Organisation, sondern letztendlich jeder Bürgerin und jedem Bürger dieses Landes. Unternehmen im Eigentum des Landes machen unseres Erachtens aber nur Sinn, wenn diese Unternehmen Aufgaben übernehmen, die entweder durch Behörden nicht so gut oder durch private Unternehmen gar nicht bzw. nicht im öffentlichen Sinne wahrgenommen werden. Es ist also von öffentlichem Interesse, dass die Ziele und Funktionen dieser Unternehmen bekannt sind und darüber diskutiert werden kann, ob und wie diese Ziele erreicht werden. Wie ich ja eingangs schon erwähnt habe, haben bereits große Privatunternehmen erkannt, dass Corporate Governance das gesamte System der Leitung und Überwachung eines Unternehmens beinhaltet und der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollte.
Die Praxis in Brandenburg sieht jedoch ganz anders aus. Konkrete Ziele, die die im Eigentum des Landes sich befindenden Unternehmen verfolgen und erreichen sollen, sucht man vergebens. Das im Corporate Governance Kodex geforderte „Zielsystem“ besteht in der Regel nur aus allgemeinen Grundsätzen. Worin der eigentliche Sinn und Zweck der einzelnen Unternehmen besteht, kann man sich daraus schon irgendwie zusammenreimen aber welchen Nutzen jeweils das Landesinteresse begründet, bleibt unklar. Ob solche Interessen dann auch bedient werden, und wenn ja in welchem Umfang bleibt ebenfalls offen. Eklatantes Beispiel für diesen Mangel ist derzeit die Flughafengesellschaft, die die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landeshaushaltes über alle Maßen strapaziert ohne, dass die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, welche Kostenlawinen hier auf uns zurollen und welche Alternativen sich geboten hätten oder noch bieten würden. Mit dem Verweis auf Geschäftsgeheimnisse und angebliche Konkurrenzflughäfen wird die Offenlegung des Businessplanes und die öffentliche Diskussion über die Folgelasten des BER verhindert. Transparenz sieht anders aus, das wissen hier alle und soweit es den Einblick in die Geschäftsunterlagen betrifft, haben wir Grünen mit dem hier eingebrachten entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes bereits umfassende Vorleistungen erbracht.
Sehr geehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der uns hier vorliegende Bericht verschweigt, dass die Transparenz bei der Steuerung öffentlicher Unternehmen in Brandenburg weit hinter dem Anspruch, den moderne Gesellschaften an das Thema heute haben, zurück bleibt. Es fehlt an verbindlichen Leitlinien (was erwarten wir von unseren Unternehmen eigentlich genau?) und vor allem an einem Rechenschaftsbericht darüber, ob und wie diese Ziele in jedem Jahr erreicht wurden. Der Geschäftsbericht eines Unternehmens gibt zwar an, wie sich das Unternehmen entwickelt und welchen Gewinn es unter Umständen gemacht hat, das begründet aber unserer Meinung nach noch kein Landesinteresse, dieses gilt es in öffentlicher Diskussion immer wieder neu zu definieren und die Umsetzung dieser Interessen auch nachzuweisen. Grundlage dieser Diskussion sind Veröffentlichungen von konkreten Zielen und dann auch von entsprechenden Rechenschaftsberichten der öffentlichen Unternehmen des Landes. Wir fordern daher die Landesregierung auf, die Transparenzregeln für Landesbeteiligungen dahingehend neu zu fassen und dem Landtag einen entsprechenden Entwurf vorzulegen.