Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Axel Vogel spricht zum Gesetzentwurf zum Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014

Redemanuskript als PDF


- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Landesregierung beabsichtigt sich mit der Verabschiedung dieses Nachtragshaushaltes als klug wirtschaftende Haushälterin zu porträtieren. Seht her! so lautet die Botschaft: Wir kümmern uns um den Unterrichtsausfall an den Schulen, stocken die Zahl der Lehrerstellen auf und führen eine Vertretungsreserve ein. Der steigenden Zahl von Flüchtlingen tragen wir Rechnung. Schaufeln hier ein bisschen um und legen dort ein wenig drauf. Dank der sinkenden Zinsausgaben können wir dies alles ohne Belastungen an anderer Stelle tätigen. Zugleich senken wir die Nettokreditaufnahme im Jahr 2013 und nehmen 2014 wie geplant keine neuen Schulden auf. Ansonsten wollen wir den Kommunen ein paar Wohltaten gönnen, passen dazu die Einnahmen der letzten Steuerschätzung an, und richten den Jugendhilfelastenausgleich ein. Dazu machen wir ein bisschen unvermeidliche Haushaltstechnik, schaffen eine Titelgruppe für den Aufbauhilfefonds für die Hochwasseropfer und schichten ein paar Millionen zur Liquiditätssicherung für die Flughafengesellschaft BER um.

Und damit sind wir beim Thema: Auch wenn es niemand mehr hören will, auch wenn es allen aus den Ohren quillt: Auch dieser Nachtragshaushalt ist allem anderslautenden Wortgeklingel zum Trotz erneut ein Flughafenhaushalt.

Wir wissen bis heute nicht, wie viel der Flughafen kostet, kennen keinen aktuellen Zeitplan, keine Schätzung über die Gesamtkosten der Baumaßnahme noch über dessen Folgekosten. Der Mittelansatz für 2014 ist eher schätzometrisch ermittelt, als dass er auf verlässlichen Grundlagen fußt. Wir hören immer nur den Appell an unsere Verantwortung das Gesamtvorhaben nicht durch kleinkarierte Nachfragen zu gefährden.

Aber ist es nicht unsere Pflicht als Volksvertreter uns den angeblichen Sachzwängen entgegenzustellen? Als Haushaltspolitiker sind unsere Aufklärungsmöglichkeiten zunächst einmal erschöpft. Wir hatten die Finanzverantwortliche der FBB, Frau Fölster in den Haushaltsausschuss geladen um uns aufzuklären. Als Märchenstunde würde ich ihren Vortrag nicht bezeichnen wollen, Märchen haben immerhin eine Art von Inhalt. Der Vortrag von Frau Fölster war dagegen weitestgehend inhaltsfrei. Klar ist nur: Es wird teurer, Wie viel: keine Aussage. Fertigstellungsdatum: keine Aussage; welche Bedeutung hat die finanzielle Schlagseite von Air Berlin für die Perspektiven des BER; hat die FBB die Air Berlin als Hauptnutzer vielleicht schon aufgegeben, wie die Schriftsätze der FBB-Anwälte nahe legen? Keine Aussagen, da „laufendes Verfahren".

Allerdings wurde erkennbar, dass entgegen der Verlautbarungen des Finanzministers, die boomenden Passagierzahlen in Tegel kaum zusätzliche Einnahmen in die Kasse spülen, sondern in den seit länger kursierenden monatlichen Mindereinnahmen von 17 Millionen Euro mit eingerechnet sind. Hinzu kommen 17 Millionen Mehrausgaben für die Aufrechterhaltung von 3 Flughäfen, macht summa summarum 34 Millionen, die im Businessplan fehlen und die eigentlich für Investitionen vorgesehene Kapitalaufstockung von 1,2 Milliarden Euro langsam aber sicher aufzehren.

Man setze nur einmal den FBB-Umsatz von rund 270 Mio. p.a. ins Verhältnis zu den Zinszahlungen in Höhe von rund 100 Mio. €. Was passiert, wenn dann noch die in Bau befindlichen Anlagen aktiviert werden müssen und plötzlich Abschreibungen im oberen zweistelligen Millionenbereich die Gewinn und Verlustrechnung belasten?

Für mich besteht das Problem weniger darin, dass die Sitzung des Haushaltsausschusses für den außenstehenden Betrachter den Anschein erweckte, als ob wir an einer nanobeschichteten FBB-Vertreterin abperlten, ich hatte eher den Eindruck, dass die oberste Finanzverantwortliche der FBB selbst nicht das geringste Wissen darüber hatte, wie viel Geld schon ausgegeben wurde, wie viel der BER kosten wird und daraus abgeleitet, wie viel Eigenkapitalaufstockungen und Eigentümerdarlehen die FBB in Zukunft für den Flughafen benötigt. Immer wieder erfolgte die Vertröstung auf die Aufsichtsratssitzung am 13. Dezember.

Was wir in den Ausschussberatungen erlebt haben und was wir uns nicht bieten lassen dürfen, ist der Versuch mit der Wahl der Rechtsform einer Aktiengesellschaft die Flucht aus dem Haushaltsrecht anzutreten.

Wenn wir parlamentarische Demokratie nicht nur simulieren wollen, dann ist es unsere Pflicht, hier die Notbremse zu ziehen und diesen Haushalt solange auf Eis zu legen, bis die für den Dezember versprochene Kostenschätzung vorgelegt und von uns ausgewertet ist.

Wenn sie sich schon dazu nicht hinreißen lassen wollen, so wäre das mildeste Mittel wenigstens die von CDU und Grünen beantragten Sperrvermerke in den Haushalt einzubringen. Wenn Sie auch dazu nicht willens sind, bleibt uns nichts anderes übrig als sowohl den Haushalt als auch dessen Überweisung zur weiteren Beratung für die 3. Lesung abzulehnen.

Das von Frau Geywitz vorgeschützte Argument, man benötige die Verabschiedung des Nachtragshaushaltes noch dieses Jahr, da die Kommunen auf den neu eingerichteten Jugendhilfeausgleich warteten, ist unbeachtlich. Die Koalition hat es ja bekanntermaßen nicht fertig gebracht trotz günstiger Einnahmeentwicklung den Vorwegabzug schneller abzubauen und unseren Antrag abgelehnt, die hierfür vorgesehenen Mittel aufzustocken. Die Verschiebungen im Haushalt betreffen hier nur die Einrichtung eines neuen Titels mit Umschichtungen innerhalb einer Hauptgruppe, dies wäre aufgrund geltenden Haushaltsrechts mit Zustimmung des Haushaltsausschusses auch so ohne weiteres möglich.