- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Auf der Sondersitzung des Haushaltsausschusses am 18.08. hatte ich einen Bericht des Finanzministers zu den Auswirkungen der Kürzung der Hochschulrücklagen beantragt. Nachdem Herr Markov berichtete, dass die vorgesehenen Kürzungen nur die Jahre 2011 ff beträfen und keine Auswirkungen auf den Haushalt 2010 hätten, stimmte ich der Vertagung dieses Tagesordnungspunktes auf die reguläre Sitzung am 16.09. zu.
Ich hätte nicht so vertrauensselig sein sollen. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, wurden den Hochschulen mit dem mir damals unbekannten Schreiben des Staatsekretärs Herrn Gorholt 10 Mio Euro aus der Rücklage 2010 gesperrt, also ziemlich genau ein Viertel der übertragenen Landesmittelrücklage 2009.
Vermutlich hatte ich meine Frage falsch gestellt, denn haushaltstechnisch werden die 10 Mio zwar 2010 nicht verausgabt, sondern die Summe wird nach 2011 übertragen und erst dort eingespart, das ändert aber nichts daran, dass die Aussage von Minister Markov einem offenen und ehrlichen Umgang mit den Abgeordneten Hohn spricht.
Vertrauensselig wären besser auch nicht die HochschulpräsidentInnen gewesen, als sie am 4. Juni 2007 den Hochschulpakt II unterzeichneten, in dem ausdrücklich festgehalten wurde
"die im ersten Hochschulpakt seitens der Landesregierung zugesagte Übertragung nicht verbrauchter Haushaltsmittel und die damit verbundene Rücklagenbildung haben sich bewährt und zur Erhöhung des flexiblen Mitteleinsatzes beigetragen. Diese Regelungen werden in vollem Umfang beibehalten."
"Pacta sund servanda" sagen nicht nur die Lateiner und Franz-Josef Strauß, pacta sund servanda werden sich auch die Hochschulen gesagt haben, als sie im Vertrauen auf die Gültigkeit dieser Vereinbarung die Rücklagen als Eigenanteile für Drittmittelprojekte oder Investitionsrückstellungen für Ausbaumaßnahmen an Gebäuden zurücklegten statt sie im Dezemberfieber zu verprassen.
Auf die Idee, dass die neue Wissenschaftsministerin, immerhin die Ministerin einer linken Koalition, die sich der Hochschulautonomie und Wissenschaftsförderung verpflichtet fühlt, nicht nur diese Mittel wieder einsammeln will, sondern den gesamten Vertrag für nicht rechtmäßig zustande gekommen erklärt, wäre wohl damals niemand im Traum gekommen.
Denn das ist die Realität. In dem Versuch zu verteidigen, was nicht zu verteidigen ist, wurden den HochschulrektorInnen immer neue Argumente entgegengehalten, die die Unrechtmäßigkeit des Vertrages belegen sollen. So wird der Hochschulrektorenkonferenz kurzerhand die Satisfaktionsfähigkeit abgesprochen, weil sie keine rechtsfähige Körperschaft und damit keine Partner seien.
So weist Frau Ministerin Münch die Hochschulen darauf hin, dass der Vertrag der Zustimmung des Parlaments bedurft hätte; die Zustimmung des Kabinetts, auf die sich die Hochschulen verließen, hatte die Vereinbarung ja erhalten, der damalige Staatssekretär im MdF Herr Zeeb wie auch Clemens Appel waren bei allen Beratungen zu haushaltswirksamen Vereinbarungen, egal ob zur Übertragbarkeit oder der Flexibilisierung der Stellenpläne, anwesend und gaben ihr Placet. Wie viel Verbindlichkeit will man mehr. Man kann ja gerne den nächsten Hochschulpakt im Parlament beraten und verabschieden, aber kurz vor Auslaufen des bewährten Hochschulpaktes II diesen nun gänzlich in Frage zu stellen, spricht nicht für ein "vertrauensvolles Arbeitsklima".
So behauptet die Wissenschaftsministerin, dass die Hochschulen kein Konzept zur Mittelverwendung vorgelegt hätten, dabei können wohl die meisten Hochschulen sofort minutiös nachweisen, wofür sie die Mittel verwenden wollen. So waren bei der HNE 85 % der Rücklagen u.a. für die Aufrechterhaltung des Drittmittel finanzierten Graduiertenkollegs und die Übernahme eines Gebäudes von der BLG.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
gerade einmal 10 Monate ist es her, dass die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker der Landtagsparteien sich bei der streikenden Studierendenschaft an der Uni Potsdam die Klinke in die Hand gaben.
Während der hochschulpolitische Sprecher der Linken, Herr Jürgens, noch während des Bildungsstreiks an der UP auf Seiten der Studierenden lautstark die Besetzungsaktion befürwortet und die Forderungen der Studierenden nach auskömmlichen Finanzierung der Hochschulen vertreten haben,...., sind Sie jetzt nicht in der Lage, sich für die Bedürfnisse der Studierenden und somit der Hochschulen einzusetzen. Die Vereinnahmung der Rücklagen aus dem Hochschulpakt II wird die Studienqualität, die u.a. zum Ziel des Hochschulpaktes II erklärt wurde, nicht gerade verbessert...Welchen Verlass haben die Hochschulen noch? Worauf können die Studierenden überhaupt noch zählen? Gewiss nicht auf die Zusicherungen des Wissenschaftsministeriums und der Linken während des Bildungsstreiks.
Inzwischen haben die brandenburgischen Hochschulen etliche Anstrengungen unternommen, um gegen diesen schwerwiegenden Eingriff in die Finanzautonomie der Hochschulen öffentlich zu protestieren und ihn abzuwenden. Unter anderem hat die Brandenburgische Landesrektorenkonferenz ein Gutachten beim renommierten Berliner Juristen Prof. Dr. Christian Pestalozza in Auftrag gegeben. Prof. Dr. Pestalozza gilt als einer der angesehensten Kommentatoren des Grundgesetzes. Seine inzwischen vorliegende Expertise kommt zu einem unmissverständlichen Urteil: die Pläne der Landesregierung sind gleich in mehrfacher Hinsicht ein Verstoß gegen die Verfassung des Landes.
Ich möchte dies inhaltlich nicht weiter ausführen.
Es ist beschämend, dass die Koalitionsfraktionen es abgelehnt haben den Vorsitzenden der Brandenburger Landesrektorenkonferenz auf der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses zu hören, noch schlimmer aber ist, dass die VertreterInnen der Linken die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes beantragt haben.
Ich möchte mich für meine Fraktion - und ich denke ich spreche für alle Oppositionsfraktionen in diesem Haus - bei den Hochschulen für den Umgang der Landtagsmehrheit für diesen Umgang mit Ihnen entschuldigen. Und ich sage ganz klar! So nicht!