- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Landtag von Schleswig-Holstein wurde vor kurzem der Antrag abgelehnt dem Präsidenten des Landesrechnungshofes Rederecht im Plenum des Landtages zu gewähren. Über die Gründe will ich mich hier nicht auslassen. Das erstaunliche ist nur:
In Brandenburg ist ein solches Rederecht seit Jahren in § 32 unserer Geschäftsordnung verankert, nur dass es scheinbar noch niemand bemerkt hat, jedenfalls war niemandem in der Landtagsverwaltung erinnerlich, dass dieses Recht in den letzten 10 Jahren jemals in Anspruch genommen wurde. Nun mag der Verzicht auf die Ausübung dieses Rechts in der persönlichen Bescheidenheit derjenigen begründet liegen, die der Landtag in den letzten Jahren an die Spitze des Landesrechnungshofes berufen hat, aber es wird hoffentlich niemand bezweifeln, dass die Bedeutung des Landesrechnungshofspräsidenten auf einer Ebene mit Staatssekretären, der Datenschutz- oder der Aufarbeitungsbeauftragten anzusiedeln ist.
Insofern darf ich es auch betrauern, dass der Präsident des Landesrechnungshofes weder bei der Einbringung seines Jahresberichtes noch zum heutigen Abschluss der Beratungen im Plenum das Wort ergreift.
Anrede
Denn wenn wir über den Jahresbericht reden, dann sprechen wir nicht jährlich immer wieder neu über einen vergangenheitsbezogenen Akt bürokratischer Pflichterfüllung, sondern über einen eminent politischen Bericht mit mitunter weit in die Zukunft reichenden Auswirkungen. Eminent politisch wohlgemerkt, nicht parteipolitisch; denn das ist das besondere sowohl an der Arbeit des Landesrechnungshofes wie an der des Haushaltskontrollausschusses, dass hier die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes gleichsam überparteilich unter die Lupe genommen wird und politische Folgerungen gezogen werden. Und so legt Ihnen der Haushaltskontrollausschuss Jahr für Jahr eine im Ausschuss einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung mit weitreichenden Schlussfolgerungen und Anregungen vor.
Bedauerlich nur, dass der Landtag meistens genauso einstimmig diesen Beschlussempfehlungen zustimmt, sie aber dann bis auf weiteres vergessen werden, in einzelnen Fällen auch auf taube Ohren stoßen.
So wird von uns Jahr für Jahr angemahnt, dass das Eintrittsalter der Beamten endlich an die für Angestellte geltenden Regeln angepasst werden, der Stellenbedarfsplanung eine Aufgabenkritik zugrunde gelegt wird, die ihren Namen verdient oder in Erfüllung der Schuldenbremse ein Handlungskonzept der Landesregierung zur Haushaltskonsolidierung vorgelegt wird.
Denn ungeachtet aller freudigen Botschaften unseres Finanzministers, dass Brandenburg 2012 das zweite Jahr in Folge ohne Neuverschuldung ausgekommen ist, steht die unerbittliche (und mithin politische) Feststellung des Landesrechnungshofes, dass wir unvermindert mit einem strukturellen Defizit im Landeshaushalt in Höhe von 1 Mrd Euro zu kämpfen haben. Die hoffentlich weiter steigenden Steuereinnahmen reichen alleine nicht aus, dieses Defizit auf Null zudrücken, wir kommen um weitere Konsolidierungsanstrengungen und das heißt Stellenabbau, Reduzierung der Investitionen und Kürzungen im Fördermittelgeschäft nicht herum. Einstimmig ist der HKRA der Auffassung, dass eingesparte Zinsen in die Schuldentilgung gesteckt und nicht für neue Wohltaten verwendet werden sollen.
Die Investitionsquote zur Heiligen Kuh der Finanzplanung zu erklären hilft uns allen nicht weiter. Dem LRH ist es zu verdanken, dass im Fall der Millionenverschwendung für in Mecklenburg eingesetzte Luxusboote die Reißleine gezogen und ein unsinniges Förderprogramm beendet wurde. Dem LRH ist auch zu verdanken, dass bei der Kostenexplosion für die Überleiter 11 und 12 in Millionenhöhe bereits vor deren Inbetriebnahme Alarm geschlagen wurde. Geholfen hat dies für diese beiden Projekte zwar nichts mehr, aber in Zukunft wird solchen Planungsverfahren hoffentlich ein Riegel vorgeschoben werden. Diese Erkenntnisse im Fall der beiden Überleiter verdanken wir speziell der Tatsache, dass der LRH hier die Bücher der im Auftrag des Landes tätigen bundeseigenen LMBV überprüfen durfte. Eine Möglichkeit, die ihm im Falle der auch landeseigenen Flughafengesellschaft FBB versagt bleibt. Ich bin überzeugt davon, dass eine frühzeitige Prüfung und Berichterstattung des LRH über die größte Investition des Landes, dem BER, das jetzt entstandene Chaos verhindert hätte. Leider haben sich die 3 Rechnungshöfe bislang nicht auf ein Prüfverfahren verständigen können. Aber immerhin verdanken wir unserem LRH die ebenfalls eminent politische Erkenntnis, dass jede Bank die Kredite an ihre Handwerksbetriebe umfassender kontrolliert als der Bund und die beteiligten Länder die Bürgschaften für ihre Flughafengesellschaft.
Wir verdanken dem LRH die Entdeckung, dass in den letzten Jahren ohne hinreichende Rechtsgrundlage Derivatgeschäfte in Höhe von über 16 Milliarden Euro eingegangen wurde und nach anfänglichem Sträuben des Finanzministers im Haushaltsgesetz eine wenn auch unzureichend aber zumindest rudimentäre rechtliche Regelung für derartige Spekulationsgeschäfte geschaffen wurde. Ein Punkt, über den wir heute noch einmal gesondert reden werden.
Wir verdanken den investigativen Leistungen von Mitgliedern des Landesrechnungshofes die Erkenntnis, dass TG nicht Thylander war, der damit zugleich den Startschuss für die Schaffung des Krampnitz-Untersuchungsausschusses gegeben hat, wir verdanken dem Zusammenwirken aller Rechnungshöfe die Erkenntnis, dass PPP-Projekte in Brandenburg wie der Landtagsneubau suboptimal gelaufen sind und im Regelfall nicht mehr durchgeführt werden.
Wir verdanken, wir verdanken, wir verdanken, (….) die Zeit reicht nicht aus, alle Erkenntnisse des Landesrechnungshofes in 5 Minuten zusammenzutragen. Deswegen heißer Lesetip für die Sommerferien: Jahresbericht 2012 des Brandenburger Landesrechnungshofes. Insbesondere die Ausführungen zur Roadshow des MdF in Asien lesen sich wie der Beginn eines guten Krimis. Hoffen wir nur, dass er ein gutes Ende nimmt.