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Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
bei den Antworten auf die Große Anfrage der FDP zum Thema Gründerland Brandenburg fällt zunächst auf, dass die Landesregierung anscheinend kein umfassendes Bild der Gründungsaktivitäten im Land hat. Die Aufstellung der dafür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel berücksichtigt nur die aus dem ESF finanzierten Projekte. Darüber hinaus wird die Gründungsförderung in Brandenburg aber auch aus EFRE-Mitteln, zum Beispiel an den Hochschulen, finanziert. Bundesprogramme werden ebenfalls nicht genannt obwohl diese, im Rahmen der High-tech Strategie der Bundesregierung, vor Allem für innovative technologieorientierte Projekte die wesentlich wichtigere Finanzierungsquellen darstellen. Die hier vorliegende Antwort gibt also allenfalls die Hälfte der in Brandenburg stattfinden Aktivitäten im Bereich der Gründungsförderung, vor Allem im nicht innovativen und weniger technologieorientierten Bereich (Stichwort: Gründung aus der Arbeitslosigkeit) wieder. In diesem Bereich sind auch in der Tat Erfolge deutlich sichtbar. Das Gründungsnetz Brandenburg hat jüngst sein 10 jähriges Bestehen gefeiert und blickt auf eine insgesamt recht positive Zeit zurück.
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes spielen jedoch vor Allem die innovativen Gründungen eine wesentlich wichtigere Rolle. Hier geht es um die Förderung der Gründungsaktivitäten zum Beispiel an den Brandenburger Hochschulen. In der Antwort auf die Anfrage der FDP-Fraktion aber auch im vorliegenden Entschließungsantrag der Koalition wird hier ein viel zu rosiges Bild gezeichnet, welches mit der Realität im Land Brandenburg nur wenig gemein hat. Die Sozioökonomische Analyse von Ernst&Young vom Oktober diesen Jahres stellt für das Land eine unterdurchschnittliche und teilweise sogar sinkende Gründungsintensität v.a. im Bereich technologieorientierter Unternehmen fest. Das Engagement Ausgründungen zu fördern und zu unterstützen ist an den Brandenburger Hochschulen sehr bescheiden, wenngleich es durchaus hier und da Bemühungen gibt, dies zu ändern. Beispielsweise können forschungsnahe und hochinnovative Gründungsprojekte auf Grund der desolaten Raumsituation an den Hochschulen in der Regel nicht auf die Infrastruktur der Hochschule zurückgreifen. Alternativen gibt es so gut wie gar nicht. Das in der Antwort genannte Technologiezentrum in Golm (GO:IN) bietet zwar Labore und Büros, die aber werden von der Stadt Potsdam nur zu marktüblichen Mieten und nur an bereits gegründete Unternehmen abgegeben. Der aller größte Teil der Gründerinnen und Gründer aus der Forschung gehen also leer aus. Im ganzen Wissenschaftspark Golm gibt es für frühe Gründungsprojekte aus den Instituten der Universität oder den drei Max-Planck und zwei Fraunhofer Instituten keine Labor- oder Büroräume! Ähnlich sieht die Situation am IT- und Medienstandort in Griebnitzsee aus. Vorhandene Kapazitäten werden zu Marktpreisen an bereits gegründete Unternehmen vermietet, Hochschule und Hasso Plattner Institut verfügen hingegen an diesen Standorten über keine Räume für Ausgründungsprojekte. Vorhandene bzw. derzeit entstehende Kapazitäten gehen zunächst an Forschung und Lehre. Relevante Gründungsprojekte wandern daher regelmäßig aus Brandenburg nach Berlin ab.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Antwort auf Frage 44 wirklich grotesk: Die Landesregierung sieht keine Faktoren, die speziell Gründungen aus Hochschulen hemmen! Das sieht sie falsch: Es fehlt in Brandenburg nicht nur an Gründerräumen in Hochschulen, sondern auch an einer effektiven und ausreichend finanzierten Struktur, die in der Lage ist neue Technologien aus den Forschungseinrichtungen in Brandenburg systematisch zu erfassen und dann adäquat zu fördern. Das neben-einander einer Vielzahl von Organisationen und unterschiedlichsten Förderprogrammen und -progrämmchen führt nämlich dazu, dass das Unterstützungsangebot für eine Vielzahl von Projekten und Ideen der Brandenburger Wissenschaftler nur suboptimal und insgesamt als halbprofessionell einzuschätzen ist. Die Projekte und Idee werden also nicht so gut unterstützt und begleitet, wie das eigentlich nötig wäre. Die meisten Ideen für neue Produkte oder Dienstleistungen werden daher entweder übersehen oder aber entsprechende Gründungsprojekte gar nicht erst begonnen. Warum sonst nimmt Brandenburg nach wie vor bundesweit einen der hinteren Plätze bei den Patentanmeldungen ein? Wenn die dazu beauftragte Patentverwertungsagentur Brainshell noch nicht einmal die Mittel hat, um sich aktuelle Marktanalysen einkaufen zu können, muss man sich darüber nicht wundern. Auch Ernst & Young konstatiert dem Land in einer aktuellen Untersuchung Mängel in der Transferinfrastruktur und unterdurchschnittliche Transferaktivitäten.
Neben den strukturellen und räumlichen Problemen haben innovative Brandenburger Gründerinnen und Gründer auch noch ein finanzielles Problem. Während die ersten Schritte bis zur Gründung vor Allem durch die Bundesprogramme aus der EXIST-Familie und dem landeseigenen Förderprogramm für diese Projekte ganz gut finanziert werden können, wird es dann schnell sehr dünn. Nur einen Tropfen auf den heißen Stein stellt hier der Frühphasenfonds Brandenburg dar, hier müsste die Landesregierung dringend aufstocken wenn sie die Situation wirklich verbessern wollten. Und zwar sowohl bei den investiven Mitteln als auch bei der personellen Betreuung und Begleitung der Projekte. Beides gilt übrigens auch für die etwas später ansetzenden Beteiligungsfonds. Entsprechende Änderungsanträge unserer Fraktion zu den betreffenden Haushaltspositionen der kommenden Jahre wurden allerdings im Fachausschuss von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.