Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das erhoffte Feuerwerk der Ideen ist heute ausgeblieben. Ich hätte eigentlich gedacht, dass der Finanzminister neue frische Ideen zur Konsolidierung des Landeshaushalts, zum Abbau der Staatsverschuldung bei gleichzeitiger finanzieller Absicherung der Schwerpunktaufgaben Bildung, Anpassung an den Klimawandel und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen einbringt, aber - ehrlich gesagt - außer der Erhöhung der Grunderwerbsteuer habe ich relativ wenig gehört. Aber wie denn auch, wenn die Regierungsvertreter der Meinung sind, dass die Ideen von der Opposition geliefert werden sollen, und beklagen, dass dies bislang noch nicht geschehen sei?
(Beifall CDU)
Ich will nicht ungerecht sein, die Haushaltslage des Landes lässt einfache Antworten auf zentrale Fragen staatlicher Haushaltspolitik nicht zu. Die Gesamtverschuldung des Landes wird Ende 2010 19 Milliarden Euro betragen. Die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes lag Ende 2009 mit 7 282 Euro pro Einwohner um 1 000 Euro deutlich höher als der Bundesdurchschnitt und liegt inzwischen auch höher als die Pro-Kopf-Verschuldung der finanzschwachen westdeutschen Bundesländer, die 30 Jahre länger Zeit hatten, ihren Schuldenberg anzuhäufen. Besonders bedrückend - Frau Kaiser hat es angedeutet - ist der Vergleich mit Sachsen. Die dortige Pro-Kopf-Verschuldung ist mit 2 850 Euro halb so hoch wie die von Brandenburg. Die Frage sei erlaubt: Wie ist das möglich? Was haben die Sachsen anders und richtig gemacht? Auf Kosten der Bildungsqualität scheint es in Sachsen jedenfalls nicht gegangen zu sein.
Der aktuelle Verschuldungsstand des Landes und die Nettokreditaufnahme von 500 Millionen Euro im Jahr 2011 sind umso bemerkenswerter, als unsere Einnahmen gegenüber den westdeutschen Ländern seit Jahren durch Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen in Milliardenhöhe und Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich verzerrt sind. Diese Sondermittel - Herr Holzschuher hat es angesprochen - laufen bis 2020 sukzessive aus, und niemand macht sich Illusionen, dass es eine Anschlussfinanzierung geben könnte. Unwahrscheinlich ist auch, dass der Länderfinanzausgleich in ähnlicher Größenordnung wie bisher erhalten werden kann. Grund ist nicht nur, dass die Bereitschaft der finanzstarken westdeutschen Bundesländer, für die arme Verwandschaft zu zahlen, spürbar abgenommen hat, sondern auch, dass der Länderfinanzausgleich an die Einwohnerzahlen gekoppelt ist und somit
das Land Brandenburg aufgrund sinkender Einwohnerzahlen bis 2020 auch ohne eine Neuregelung des Länderfinanzausgleichs über 300 Millionen Euro LFA-Mittel einbüßt.
Die Steuergesetzgebung, auch für die Steuern und Steueranteile, die auf das Land entfallen, liegt mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer in alleiniger Zuständigkeit des Bundes, sodass uns dieser Weg der Einnahmeerzielung weitestgehend versperrt ist. Der Weg in eine dauerhafte Ausweitung der Staatsverschuldung ist dem Land nicht zuletzt durch die grundgesetzliche Schuldenbremse - ich sage: Gott sei Dank - versperrt. Zur Ausgestaltung der Schuldenbremse in Brandenburg haben die Oppositionsfraktionen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der morgen im Plenum beraten werden wird. Ich denke, wir haben einen konstruktiven Vorschlag eingebracht. Wir sind gespannt, wie Sie mit dem Gesetzentwurf umgehen werden. Die heutigen etwas abfälligen Äußerungen lassen allerdings Schlimmes befürchten.
Allen Unkenrufen zum Trotz: Bei einem Einnahmevolumen von 9,5 Milliarden Euro - 9 500 Millionen Euro - ohne Kreditaufnahme leiden wir in Brandenburg nicht unter leeren Kassen, sondern haben die Aufgabe, knappe Haushaltsmittel möglichst sinnvoll einzusetzen. Unverändert gilt: Das Land Brandenburg hat verglichen mit dem übrigen Deutschland kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Wir müssen mit den Ausgaben runter. Ausgaben in Höhe von 10 Milliarden Euro sind, gemessen an den wegfallenden EU- und Bundeszuschüssen, rund 2 Milliarden Euro zu viel. Mittelfristig werden wir uns - Herr Holzschuher hat es angesprochen - dem Niveau des Landes Schleswig-Holstein mit rund 8 Millionen Euro Einnahmen und Ausgaben annähern müssen.
Was so selbstverständlich und einfach klingt, ist in Wirklichkeit unendlich schwer. Der Landeshaushalt hat sich über
20 Jahre zu seiner jetzigen Struktur und Ausgabenhöhe entwickelt. Eine abrupte Vollbremsung ist nicht möglich - das wissen wir auch -, wohl aber ein entschiedenes Umsteuern. Dabei haben wir in Brandenburg allerdings mit besonderen Erschwernissen zu kämpfen. Wie in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes zu Recht dargestellt, sind wir dabei, in eine Demografiefalle zu laufen. Mit jedem Einwohner und jeder Einwohnerin verliert Brandenburg Steuereinnahmen und Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich von rund 2 600 Euro pro Person und Jahr. Jedoch sinken die Ausgaben nicht parallel zu den Bevölkerungsverlusten.
Dies ergibt sich aus den Bevölkerungsgewinnen im berlinnahen Raum und den Bevölkerungsverlusten in der Peripherie. Die Einwohnerzuwächse rund um Berlin erfordern zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur wie auch vermehrte Ausgaben für Bildung und Verwaltung. Die landesweit zu verzeichnende Alterung der Gesellschaft erfordert neue Investitionen in die Daseinsvorsorge im gesamten Land. Die Einwohnerverluste in den berlinfernen Regionen führen zu steigenden Ausgaben pro Einwohner. Wenn immer weniger Menschen den öffentlichen Nahverkehr, die Schulen oder das kulturelle Angebot nutzen, so führt dies nicht unmittelbar zu Minderausgaben, denn eine Mindestversorgung muss erhalten bleiben. Tragfähige Infrastrukturen und eine funktionierende Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sind aber nicht nur Haltefaktoren für die dort lebenden Menschen, sondern zugleich auch Voraussetzung dafür, dass Menschen zurück- oder neu nach Brandenburg kommen und so den Bevölkerungsverlust begrenzen.
Die zentralen Fragen einer nachhaltigen Haushaltspolitik lauten daher: Wie gewährleisten wir trotz knapper Kassen und Bevölkerungsverlusten eine dauerhafte Aufgabenerfüllung der Kommunen und des Landes auf der gesamten Fläche Brandenburgs? Wie verringern wir die Nettokreditaufnahme und perspektivisch die Schulden des Landes, ohne Vermögen zu verschleudern oder uns auf riskante Finanzierungsmodelle einzulassen? Wie bringen wir Einnahmen und Ausgaben auf einem niedrigeren Niveau als dem heutigen ins Lot? Ein Patentrezept dafür kann es nicht geben, wohl aber eine Vielzahl kleiner Schritte und Maßnahmen, die uns diesem Ziel näherbringen. Dabei sollten sich alle Parteien gleichermaßen mit Vorschlägen in den Diskussionsprozess einbringen und einbringen können.
Beginnen wir bei dem echten Positivum des gegenwärtigen Haushaltsentwurfs. Der Haushaltsentwurf geht von der Steuerschätzung vom Mai 2010 aus und verzichtet darauf, die durch die Konjunkturbelebung zu erwartenden Steuermehreinnahmen auf der Einnahmenseite vorab einzustellen. Dadurch wird es voraussichtlich möglich werden, die Nettokreditaufnahme 2011 unter den veranschlagten Wert von 500 Millionen Euro zu drücken. Bravo!
Wermutstropfen ist allerdings, dass Sie in den Haushaltsentwurf bereits Mehreinnahmen aus der runderwerbsteuer in Höhe von rund 38 Millionen Euro eingeplant haben, obwohl das Gesetz noch gar nicht verabschiedet worden ist. Wenn Sie diesen Weg wählen wollen, Herr Finanzminister, hätten Sie korrekterweise dieses Änderungsgesetz in das Haushaltsgesetz integrieren müssen. So werden wir heute Nachmittag wahrscheinlich völlig losgelöst über diese Steuererhöhung diskutieren müssen und dürfen uns dann vorhalten lassen, dass bei einer Ablehnung der Steuererhöhung der Haushalt in Schieflage gerate. So etwas hätten Sie besser unterlassen.
Zweites Positivum: Dem Finanzminister ist es gelungen, die globale Minderausgabe aus der mittelfristigen Finanzplanung 2010 in Höhe von 333 Millionen Euro aufzulösen und auf die einzelnen Ressorts, bedauerlicherweise aber auch auf die kommunalen Haushalte, zu verteilen. Zugleich werden die auch von uns mitgetragenen Mehrausgaben für die Kindertagesstätten in Höhe von rund 45 Millionen Euro gegenüber 2010 gedeckt. Man fragt sich nur, warum dies nicht bereits im Haushalt 2010 in ersten Ansätzen möglich gewesen ist. Unsere Vorschläge zur maßvollen Einsparung von rund 240 Millionen Euro - auf den Gesamthaushalt bezogen - wurden von Ihnen, Herr Görke, als eine potenzielle Gefahr für den Erhalt des Landes an die Wand gemalt. Wir denken nach wie vor, dass Luft für weitere Kürzungen vorhanden ist.
In dem Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung stecken massive Risiken. Zum einen profitiert der Finanzminister - er hat es angesprochen - von den historisch niedrigen Zinssätzen auf dem Anleihenmarkt - gegenwärtig liegen sie bei 2 % - und kann so trotz steigender Schulden um 12 Millionen Euro niedrigere Zinsausgaben veranschlagen. Vergessen wir aber nicht: Ein Prozentpunkt Zinssteigerung bedeutet 180 bis 200 Millionen Euro Mehrausgaben für das Land. Die Personalausgaben inklusive Versorgungsausgaben werden mit 12 Millionen Euro, das heißt bescheidene 0,5 % Wachstum pro Jahr, kalkuliert. Dies setzt einen stabilen Euro, eine damit verbundene dauerhaft niedrige Inflationsrate und niedrige Tarifabschlüsse voraus. Wer kann das garantieren?
Aus dem Haushalt ist nicht ersichtlich, dass gewaltige Bürgschaften für den Flughafen Schönefeld in Höhe von 888
Millionen Euro gegeben wurden. Dies erfolgte im Vertrauen auf einen wirtschaftlich arbeitenden Flughafen mit steigenden Fluggastzahlen. Die in Aussicht gestellte Zahl der Tagesrandflüge und der möglichen Nachtflüge wurde bei der sich nun abzeichnenden Lärmbelastung der Bevölkerung ignoriert. Die vom Bund zu Recht beabsichtigte Einführung von Flugverkehrsabgaben, verbunden mit steigenden Kerosinkosten, wird die prognostizierten Fluggastzahlen möglicherweise Makulatur werden lassen. Gut für die Umwelt und die Anwohner und Anwohnerinnen, schlecht für das Land, das möglicherweise schon bald für die Bürgschaften geradestehen muss.
Kommen wir zu den Negativpunkten des Haushalts. Der positiven Beurteilung von Herrn Holzschuher zum Trotz findet die Konsolidierung des Landeshaushalts auch auf Kosten der Kommunen statt. Die Anpassung der Schlüsselzuweisungen an die tatsächlichen Steuereinnahmen der Vorjahre reduziert die Zuweisungen an die Gemeinden und kreisfreien Städte um rund 76 Millionen Euro. Berücksichtigt man noch den in besseren Zeiten eingeführten Vorwegabzug in Höhe von 50 Millionen Euro und die Quotenänderung des Jahres 2005 - Minderung um 38 Millionen Euro -, so tragen die Kommunen mit über 150 Millionen Euro zur Finanzierung des Landeshaushalts bei. Die Rechtfertigung des Finanzministers dafür lautet zugespitzt: In der Summe haben wir reiche Kommunen mit dicken Geldpolstern, aber ein armes Land. Aber Gemeinde ist nicht gleich Gemeinde. Der Finanzminister ignoriert, dass über die Hälfte der Brandenburger Kommunen notleidend sind und Maßnahmen der Haushaltssicherung unterliegen.
Der vorgesehene Konsolidierungsbeitrag der Kommunen wie auch die dort in den nächsten Jahren sinkenden Einnahmen weisen aber auf ein grundsätzliches Problem hin. Bis heute gibt es keinerlei fundierte Analyse darüber, welche Aufgaben effizienter durch das Land und welche durch die Kommunen wahrgenommen werden können. Der bisherige Weg einer Kommunalisierung staatlicher Aufgaben ist nicht immer der richtige Weg. Aufgaben sollten nur dann kommunalisiert werden, wenn sie sich aufgrund der örtlichen Nähe und des bereits in den Kommunen vorhandenen Personals dort effizienter erfüllen lassen. Aufgaben, die nur im geringen Umfang in den Kommunen anfallen und besonderes Spezialwissen erfordern, sind in der Regel zentral von Landesbehörden effizienter zu erfüllen.
In diesem Sinne müssen nicht nur die Landesaufgaben, sondern muss auch die Erfüllung der kommunalen Aufgaben auf den Prüfstand; aber das ist Zukunftsmusik. Für diesen Haushalt gilt allen Beteuerungen von Herrn Holzschuher zum Trotz: Die Kommunen sollen zugunsten des Landes geschröpft werden. Da mutet es etwas seltsam an, wenn zeitgleich der Infrastrukturminister im Lande herumläuft und die geschröpften Gemeinden zur Übernahme des Landesanteils der EU-Förderprogramme animieren will.
Betrachten wir diese Förderprogramme näher. Der Aufbau Ost, die Entwicklung in den Städten wie im ländlichen Raum wird im Wesentlichen über die Zielvorgaben und Programme des Solidarpakts II und der EU finanziert. Diese Programme und Zielvorgaben sind zum Teil nicht mehr zielgenau oder veraltet. Wesentliche Ansätze zur Stärkung der ostdeutschen Wirtschaftskraft, zum Beispiel die Berücksichtigung von Bildungsausgaben, wurden in den Vorgaben des Bundes sträflich ignoriert. Noch schlimmer ist, dass die Ministerpräsidenten der Länder gute Miene zum bösen Spiel gemacht und im Rahmen der Föderalismusreform die Beteiligung des Bundes an der Bildungsfinanzierung weitestgehend ausgeschlossen haben.
Der frühere Automatismus, jede Programmförderung anzunehmen und gegenzufinanzieren, war politisch anspruchslos und ökonomisch widersinnig, insbesondere dann, wenn man dafür auch noch in die Neuverschuldung gegangen ist. Die ostdeutschen Ministerpräsidenten versuchten seit 2006, den Solidarpakt II zu modernisieren. Sie sind damit gescheitert. Darum sind die Länder aufgefordert, künftig kritischer auszuwählen, welche der Bundes- und EU-Programme sie weiterführen und auf welche sie in Zukunft verzichten wollen. Dabei hilft uns ein Festklammern am alten Investitionsbegriff und eine Fetischisierung der Investitionsquote überhaupt nicht. Ich denke, das führt in die Irre.
Aber wie läuft denn die Auswahl in Brandenburg? Nehmen wir einmal beispielhaft die Position des Ministers für Infrastruktur und Landwirtschaft. Man beachte: Es heißt jetzt „Landwirtschaft“ und nicht mehr „Ländlicher Raum“.
Der Minister ist gefordert, Kürzungen auf einzelne Förderprogramme der zweiten Säule zu verteilen. Die Förderung des ländlichen Raumes soll mit 18,6 Millionen Euro zu den Einsparzielen des Ministeriums beitragen. Das bedeutet - Herr Büttner hat es ausgeführt - insgesamt rund 70 Millionen Euro Fördermittel weniger, die dem ländlichen Raum zufließen sollen. Äußerungen der Ministeriumsspitze in der Presse und im Fachausschuss legen nahe, dass der Schwerpunkt 3 „Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft“ die Hauptlast der Konsolidierung tragen soll, also die Programme zur Schaffung einer Erwerbsbasis außerhalb der Landwirtschaft, Dorferneuerung, Denkmalschutz usw.
Man erinnere sich: Mit der von uns begrüßten Ausweitung der Modulation wurde den Ländern von der EU mehr Geld für Umweltprogramme, Dorfentwicklung, Landschaftswasserhaushalt, Ökolandwirtschaft zur Verfügung gestellt. Da dies zulasten der allgemeinen Flächenförderung von rund 300 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ging - das sind 385 Millionen Euro, die am Landeshaushalt vorbei in die Taschen der Brandenburger Landwirte laufen -, rannte der allmächtige Brandenburger Bauernverband dagegen Sturm und erreichte, dass diese Mittel hierzulande nicht für die von der EU primär vorgesehenen Zwecke verwendet, sondern per Gießkanne als Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete auf die Flächenförderung obendraufgepackt werden. So erhalten auf drei Viertel der Landesfläche die Landwirte zusätzlich zu den 300 Euro pro Hektar Flächenprämie noch einmal zwischen 30 und 70 Euro pro Hektar obendrauf. Ökologischer Effekt und Allgemeinwohleffekt sind gleich null. Jetzt, wo der Eigenanteil des Landes nicht mehr darstellbar ist, wird nicht etwa die Gießkanne eingepackt,
(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])
sondern werden andere Förderprogramme für den ländlichen Raum dezimiert, um es sich ja nicht mit dem Großbauernverband zu verscherzen. Bluten sollen jetzt die Kommunen. Ein toller Erfolg agrarindustrieller Lobbyarbeit zulasten der Allgemeinheit; armes Brandenburg.
(Beifall GRÜNE/B90 - Görke [DIE LINKE]: Wer macht hier Lobbyarbeit?!)
Dabei würde die konsequente Ausrichtung der Agrarförderung an umweltpolitischen Vorgaben gesamtgesellschaftlich dauerhaft Geld sparen, zum Beispiel Kosten für die Wasseraufbereitung in Trinkwasseranlagen bei einem Verzicht auf Pestizideinsatz und reduzierte Düngergaben, wie es heute schon im Ökolandbau üblich ist, Kosten für die Gewässerunterhaltung durch eine dem Lebensraum angepasste Bewirtschaftung von Moorund Luchflächen oder der Verzicht auf Ackerbau in Poldern und Auen. Das wäre in der Tat nachhaltige Haushaltspolitik. Aber das werden wir wohl unter einem SPD-Landwirtschaftsminister hierzulande nicht mehr erleben.
Kommen wir zum Klimawandel. Inzwischen rückt ja der Ministerpräsident im Zweimonatsrhythmus aus, um sich in Gummistiefeln die Folgen der zunehmenden Vb-Wetterlagen im Lande anzuschauen. Dass das Land Brandenburg mit seiner CO2-Bilanz nicht nur Opfer des Klimawandels, sondern auch einer der Haupttäter auf europäischer Ebene ist, will ich jetzt gar nicht überstrapazieren. Sehen wir uns einfach einmal an, wie sich die investiven Ausgaben für den Gewässerschutz und die Wasserwirtschaft entwickeln; immerhin eine selbst deklarierte Schwerpunktaufgabe des Landes. Nun, Sie ahnen es schon: Die Kofinanzierungsmittel des Landes für Deichbau werden laut mittelfristiger Finanzplanung - Tabelle 3, Seite 1 - von 20,5 auf 18,4 Millionen Euro gekürzt. Aber wo geht dieses Geld hin? Schauen wir in das Kleingedruckte bei 10 105 Titel 714 84. Die 2 Millionen Euro wandern in die Titelgruppe 64 in Kapitel 10 020 zur Abdeckung der Kosten für die Altersteilzeit. Herzlichen Glückwunsch zu dieser durchdachten Mittelverlagerung!
Wenn alle Deichbauer in den Vorruhestand geschickt werden, braucht man bald keine Deichbaumittel mehr.
Dabei wäre hier ohne große Probleme und politisch korrekt schnell Abhilfe zu schaffen. Die Wassernutzungsabgabe wird zweckgebunden zur Finanzierung von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen erhoben. Vattenfall ist durch Landesrecht für seine Sumpfungswässer von der Abgabe befreit. Ändern Sie doch endlich dieses himmelschreiende Unrecht, und schon haben Sie die Mittel, um das seit Jahren in den Schubladen schmorende Entwicklungskonzept für die Schwarze Elster oder den Masterplan Elbe umzusetzen.
(Beifall GRÜNE/B90)
Dazu brauchen Sie auch keinen Bund und keine neuen zwischenstaatlichen Vereinbarungen.
(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wir arbeiten daran!)
- Ja, ich weiß, dass Sie schon seit Jahren daran arbeiten. Es geht nur nicht vorwärts, weil keine Planer vorhanden sind.
(Widerspruch des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])
Anderer Punkt: Sächliche Verwaltungsausgaben.
(Folgart [SPD]: Fahren Sie mal in das Oderbruch!)
Trotz sinkender Beschäftigtenzahl im Landesdienst haben wir ein kontinuierliches Anwachsen: 2010 Anstieg um 29 Millionen Euro. 2011 Anstieg um 32 Millionen Euro. In den Folgejahren ist ein Anstieg von weiteren 1,6 % pro Jahr veranschlagt. Wie ist das möglich? Laut Ihrem Bekunden, Herr Finanzminister, sind die steigenden Kosten wesentlich durch das Mieter-Vermieter-Modell bedingt, das heißt, durch die zentrale Verwaltung aller Landesliegenschaften durch den Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen. Ursprünglich
sollte dieses Modell Kosten senken und insbesondere rasche Fortschritte bei der Energieeinsparung mit sich bringen. Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben, vielleicht wird es noch etwas.
Lieber Herr Markov, ganz im Gegensatz zu Frau Kaisers Wahrnehmungen wurden die Oppositionsvorschläge in den letzten Haushaltsberatungen nicht berücksichtigt. Aber wir haben die Hoffnung, dass sich das ändert.
Ich fasse zusammen: Der Finanzminister hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der bei einer Neuverschuldung von 500 Millionen Euro Ausgaben von rund 10 Milliarden Euro oder 10 000 Millionen Euro vorsieht. Das sind rund 2 000 Millionen Euro mehr Ausgaben als im Etat des vergleichbaren Bundeslandes Schleswig-Holstein.
Noch sind wir in Brandenburg durch Zuschüsse des Bundes und westdeutscher Bundesländer begünstigt. Diese Zuschüsse werden in den nächsten Jahren bis auf null zurückgefahren. Daher ist dies ein Haushalt des Übergangs, in einer Zeit, in der die Haushaltsmittel noch knapper werden. Gemessen an den notwendigen Einsparungen, bewegt sich dieser Haushalt an den unteren Grenzen der Einsparungsmöglichkeiten. Dieser Haushalt ist aus unserer Sicht weder nachhaltig noch zukunftsfähig; er ist mutlos. Ob er sich noch verbessern lässt, ob die
Regierung in der Lage ist, unsere Verbesserungsvorschläge nicht nur anzuhören, sondern auch anzunehmen und umzusetzen, werden wir in den nächsten Wochen erfahren. Die Erfahrungen aus den letzten Haushaltsberatungen waren nicht ermutigend, aber so schnell geben wir nicht auf. Wir nicht!
(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)