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Axel Vogel spricht zur dritten Lesung des Nachtragshaushaltsgesetzes 2013/2014

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ein Nachtragshaushalt ist kein vollständiger Jahreshaushalt.

In schlechten Zeiten dient er dazu, eine hinter den Erwartungen zurückbleibende Einnahmesituation auszubügeln
und die Fähigkeit, die Nettokreditaufnahme zu erhöhen, zu schaffen. In guten Zeiten, in Wahlkampfjahren allzumal, ist er ein Instrument, um mit großem Tamtam der staunenden Wahlbevölkerung die eine oder andere Wohltat zu verabreichen.

Kluge Finanzminister bauen vor und halten dafür immer ein paar Rücklagen bereit. So hatte es wohl auch unsere Landesregierung geplant und gedachte, das Publikum mit zusätzlichen Lehrerstellen und der Einrichtung einer Vertretungsreserve an den Schulen mit der unbefriedigenden Bildungspolitik der vergangenen vier Jahre zu versöhnen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vermutlich war noch einiges mehr geplant, aber es kam anders: Es kam wieder einmal die FBB - und mit ihr all die großen Schwarzen Löcher, in denen all die schönen Millionen zu verschwinden drohen. Damit bin auch ich beim Thema Flughafen.

Die Unfähigkeit, korrekte Angaben zum künftigen Finanzbedarf der Flughafengesellschaft zu machen und entsprechende Verpflichtungsermächtigungen im Nachtragshaushalt auszubringen, ist das in Papier gegossene Eingeständnis des vollständigen Scheiterns dieser Landesregierung beim größten Infrastrukturprojekt der Region Berlin-Brandenburg.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Sie ist das Eingeständnis des kompletten Versagens beim Umgang mit einem Bauprojekt, das simpler kaum sein kann. Nach den Worten des Architekten Gerkan: ein Einkaufszentrum mit Flughafenanschluss.

Man muss es sich immer wieder vor Augen halten: Nicht das, was einen Flughafen im Wesentlichen ausmacht, ist das Problem - nicht die Start- und Landebahnen, nicht der Tower, weder die Straßenanbindung noch der Schienenanschluss. Einzig und allein das Terminal, ein Gebäude mit Sicherheitsschleusen an der einen und Fluggastbrücken an der anderen Seite, ist das Problem.

Die Unfähigkeit, fast eineinhalb Jahre nach der letzten Verschiebung des Eröffnungstermins - im Mai 2012 - einen neuen Eröffnungstermin zu benennen oder gar Auskunft über die Gesamtkosten des Projekts zu geben, ist in der Tat ein Offenbarungseid, und zwar von Rot-Rot in Brandenburg, Rot-Schwarz in Berlin und dem bisherigen Schwarz-Gelb im Bund.

Die sich abzeichnende finanzielle Katastrophe wirft nicht nur zum wiederholten Male die Frage auf, wer alles im Aufsichtsrat in einem solch unglaublichen Ausmaß versagt hat. Ich gebe zu: Das ist eine rhetorische Frage, weil wir alle die Antwort kennen; aber nicht jeder mag sie gern beantworten. Neben dem langjährigen Vorsitzenden Wowereit, für den wir nun einmal nicht die unmittelbare Verantwortung tragen - wir haben ihn nicht dorthin entsandt -, sind dies namentlich die bisherigen Brandenburger Vertreter Matthias Platzeck, Ralf Christoffers und Helmuth Markov. Diese Verantwortung ist übrigens mit der Rückgabe des Aufsichtsratsmandats nicht erloschen.

Unseren Ministerpräsidenten Dietmar Woidke habe ich in dieser Liste bewusst nicht aufgeführt. Aber ich weise darauf hin: Die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden zählt nicht zu den nachlaufenden Tätigkeiten des bisherigen Ministerpräsidenten, für die in diesem Haushalt Vorsorge getroffen wurde. Hier werden Sie, auch ohne Mitglied des Aufsichtsrates zu sein, bald Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme demonstrieren müssen.

Wir finden es wenig ersprießlich, wenn das Finanzministerium unter Federführung der Staatssekretärin als Vertreterin des Landes in der Eigentümerversammlung die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder auf der Grundlage eines unveröffentlichten Gutachtens von relevantem Fehlverhalten freispricht und sich mit der ausgesprochenen Entlastung für die vergangenen zwei Jahre nebenbei am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen meint. Diese Eigentümerzuständigkeit müsste unseres Erachtens in der Staatskanzlei angesiedelt sein, schon, um den Finanzminister nicht unnötig angreifbar zu machen, Herr Ministerpräsident.

Die Frage nach der Verantwortung in der Vergangenheit ist wichtig, für die Zukunft ist aber die Antwort auf die Frage, wie wir aus diesem ganzen Schlamassel jemals wieder herauskommen sollen, viel wichtiger, eine Frage, die uns noch Jahre beschäftigen wird und die wir - auch wir Grünen nicht - guten Gewissens nicht beantworten können. Aber es darf nicht das Schicksal des Landtages als Haushaltsgesetzgeber sein, Jahr für Jahr fatalistisch immer neue Millionen in ein nicht zu stopfendes schwarzes Loch zu werfen, ohne auch nur ansatzweise Einblick gewinnen zu können, was da alles auf uns zurollt,

(Beifall B90/GRÜNE)

geschweige denn, Einfluss auf die Entscheidungen zu haben. Lassen wir uns als Landtagsabgeordnete von einer zwar im öffentlichen Eigentum stehenden, aber privatrechtlich verfassten Gesellschaft vollständig entmündigen?

Herr Görke scheint sich damit, wie sein Verweis darauf, dass es sich beim BER um ein Bauprojekt der FBB und nicht des Landes handelt, zeigt, zum Teil oder schon vollständig abgefunden zu haben. Ist das vielleicht schon gar nicht mehr die Frage? Haben wir uns alle damit abgefunden? Müssen wir konstatieren, dass wir die Macht über unseren Haushalt an Herrn Mehdorn delegiert haben? Herr des Verfahrens sind wir - jedenfalls erkennbar - nicht mehr.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, was wir in diesem Nachtragshaushalt angesichts ungewisser Zahlen für die weitere Flughafenfinanzierung erleben, hat durchaus Varietéqualitäten. Mit seiner Rücklagenjonglage und jahrgangsübergreifenden Schuldenäquilibristik könnte unser Finanzminister durchaus als Artist im Haushaltspanoptikum reüssieren. Da werden kurzerhand Jahresscheiben zur Flughafenfinanzierung von 2013 nach 2014 verschoben, ohne dass erkennbar ist, ob die nunmehr bereitgestellten 278 Millionen Euro in dieser Höhe 2014 überhaupt benötigt werden. Da werden 2013 für den Flughafen 130 Millionen Euro neue Schulden gemacht, explizit für den Flughafen, und zugleich wird die Rücklagenentnahme verringert, um im Wahljahr 2014 mit einer verstärkten Inanspruchnahme eben dieser Rücklagen einen schuldenfreien Haushalt präsentieren zu können.

Gleichzeitig weigert man sich, Haushaltsvorsorge zu treffen, und stellt keine Verpflichtungsermächtigung
für 2015 ff. ein, da man ja ansonsten vor aller Augen eine belastbare Schätzung über die absehbaren Mehrkosten tätigen müsste. Mehrkosten, die übrigens nicht aus der Portokasse bezahlt werden können. Auch wenn die neueste Steuerschätzung wieder Mehreinnahmen prognostiziert, so schlägt die gute konjunkturelle Entwicklung nicht bis zum Landeshaushalt durch. Rund 175 Millionen Euro Steuermehreinnahmen bei Lohn- und Einkommensteuern stehen 130 Millionen Euro Mindereinnahmen bei der Umsatzsteuer gegenüber. Was auf den ersten Blick widersinnig erscheint, ist in Wirklichkeit ein systemisches Element des Länderfinanzausgleichs. Öffentlich und wenn wir miteinander reden, wird immer nur über den sogenannten horizontalen Finanzausgleich geredet, die 7 Milliarden Euro, die zwischen den Geber- und Nehmerländern umverteilt werden.

Weitaus mehr Mittel werden aber in der ersten Stufe des Länderfinanzausgleichs im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung umverteilt. Hier profitiert Brandenburg bislang mit rund 1 Milliarde Euro pro Jahr. Mit jedem Euro Steuermehreinnahmen wird diese Begünstigung verringert, sodass - wie bei kommunizierenden Röhren - Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer zu Mindereinnahmen bei der Umsatzsteuer führen. Daher werden die jetzt veranschlagten Mehrausgaben auch nicht durch verbesserte Steuereinnahmen finanziert. Deswegen fließen die vom Landesrechnungshof eingeforderten Korrekturen der überhöhten Veranschlagung von Zinszahlungen in Höhe von 140 Millionen Euro in den allgemeinen Haushalt und werden nicht zur Schuldentilgung verwendet. Aber angesichts der historisch niedrigen Zinssätze werden auch die verbleibenden Mittel - das wage ich vorauszusagen - im Haushaltsvollzug unterschritten werden. Darauf fußten dann auch unsere Änderungsanträge. Das Argument von gestern, man benötige die Verabschiedung des Nachtragshaushalts noch dieses Jahr, da die Kommunen auf den neu eingerichteten Jugendhilfeausgleich warteten, ist und war unbeachtlich und wurde dann auch heute nicht mehr wiederholt. Denn die Koalition hat es ja nicht fertiggebracht, den Vorwegabzug im kommunalen Finanzausgleich schneller abzubauen. Das wäre ein Grund für einen Nachtragshaushalt gewesen.

Außer der Weiterreichung des Kommunalanteils an den Steuermehreinnahmen tut sich bei den Kommunalfinanzen nicht sehr viel. Dabei hätte die neue Schuldenstatistik des Statistischen Landesamtes zum 31.12.2012 allen Anlass geboten, sich über Entschuldungsstrategien insbesondere für die kreisfreien Städte Gedanken zu machen. Nach der aktuellen Liste sind die Brandenburger kommunalen Körperschaften mit rund 2,1 Milliarden Euro verschuldet, davon 780 Millionen Euro Kassenkredite, also Kredite, die nicht der Investitionsfinanzierung, sondern der Abdeckung laufender Kosten dienen. Blickt man aber ins Detail, dann sieht man, dass von diesen Kassenkrediten 510 Millionen Euro allein auf vier Städte - Cottbus, Frankfurt, Brandenburg und Eisenhüttenstadt - entfallen. Insbesondere für Cottbus, das zwar seine Ausgaben jährlich kürzt, dessen Einnahmen aber noch viel stärker zurückgehen als die Kürzungen bei den Ausgaben, ist die Situation aussichtslos.

Man kann sich fragen, ob eine Kommunalaufsicht, die solch waghalsige Verschuldungsstrategien zulässt, überhaupt noch als funktionsfähig eingestuft werden kann. Man muss sich aber auch fragen, wieso trotz mehrfachen Alarmschlagens der Stadt Cottbus, zuletzt bei den Anhörungen zur Novellierung des Beamtenrechts, in dieser Regierung niemand handelt. Hier werden wir bald erleben, dass, wie so oft, rechtzeitige Vorsorge uns eine teure Nachsorge ersparen könnte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Ministerpräsident, wir hatten heute Morgen eine wohltuende Aktuelle Stunde zur Flüchtlingspolitik. Das Land Brandenburg muss - und das muss es in der Tat - seinem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Aufnahme von Flüchtlingen angemessen nachkommen. Die dafür im Wesentlichen zuständigen Kommunen dürfen mit Unterbringungs- und Integrationsproblemen nicht alleingelassen
werden. Wir begrüßen daher, dass mit diesem Nachtragshaushalt angesichts steigender Flüchtlingszahlen mehr Geld für Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt und in den Landkreisen zur Verfügung gestellt wird.

Beschlüsse, die im Haushaltsausschuss übrigens einstimmig getroffen wurden und - das wage ich zu sagen - auch ohne Nachtragshaushalt als überplanmäßige Ausgabe einstimmig gebilligt worden wären. Ich wage vorauszusagen: Wir werden auch noch mehr Mittel zur Verfügung stellen, wenn noch mehr Flüchtlinge zu uns kommen, und wir werden dafür keinen Nachtragshaushalt benötigen, sondern auch das werden wir im Rahmen einer überplanmäßigen Ausgabe im Haushaltsausschuss beschließen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Flüchtlingspolitik hat natürlich immer einen nachsorgenden Charakter, solange die Fluchtgründe in den Herkunftsländern bestehen bleiben. Dazu hat Frau Fortunato in der heutigen Aktuellen Stunde einiges ausgeführt. Wir können sie aber auch als Element vorsorgender Politik betreiben und eine Willkommenskultur entwickeln, die Flüchtlinge begrüßt und zum Bleiben bewegen will. Denn angesichts sinkender Einwohnerzahlen sind wir auf Zuzug dringend angewiesen. Dazu müssen die Integrationsbemühungen vielerorts verstärkt werden. Ein Schlüssel dazu ist neben dem Erlernen der Sprache und der Berechtigung zur Arbeitsaufnahme - das ist nicht allein in unserer Hand - die frühestmögliche Einbeziehung aller Flüchtlingskinder in Kindergärten und in den regulären Schulunterricht.

Dieser Auftrag zu einer vorsorgenden Politik gilt natürlich nicht nur für Flüchtlinge, eine vorsorgende Bildungspolitik
ist für alle allemal nachhaltiger als eine nachsorgende Sozialpolitik. Das fängt in den Kindergärten an; unser Antrag auf verbesserte Anrechnung von Leitungsfreistellungen wurde in den Ausschussberatungen erneut weggebügelt.
Wenn die rot-rote Landesregierung diesen Schlüsselsatz, vorsorgende Bildungspolitik ist allemal besser als nachsorgende Sozialpolitik, beherzigte, dann würden wir hier nicht über 100 neue Stellen für Lehrkräfte entscheiden. Nachdem die Landesregierung seit Beginn der Legislaturperiode 460 Vollzeitstellen für Lehrkräfte gestrichen hat, soll nun diese kleine Reparatur in einer fehlerhaften Politik als großer Erfolg verkauft werden. Nicht, dass wir uns dagegen wehren würden - besser den Spatz in der Hand - aber gewonnen ist damit noch nicht alles.

(Beifall B90/GRÜNE)

5 Millionen Euro sollen nun den Schulen für Vertretungspersonal zugewiesen werden. Das macht 3 000 bis 16 000 Euro pro Schule oder 70 bis 700 Unterrichtsstunden pro Schule und Jahr. Wen wollen Sie damit einkaufen? Rentnerinnen und Rentner, Pensionistinnen und Pensionisten, Referendare ohne Anschlussbeschäftigung. Damit wird es keinen erkennbaren Sprung nach vorne geben. Auch wenn die Schulen in Einzelfällen geeignetes Personal finden werden, eine Lösung ist das nicht. Deswegen haben wir auch beantragt, die Vertretungsreserve mit 350 echten Stellen auszustatten und damit eine Lehrerreserve aufzubauen. Wir, das heißt in dem Fall, CDU und Grüne gemeinsam. Mit Ihrem Entschließungsantrag, den wir nachher zur Abstimmung haben, macht Rot-Rot allerdings
deutlich, dass Sie Ihrem Modell der Vertretungsreserve selbst misstrauen.

Die Kürzungspläne der Landesregierung bei den freien Schulen werden mit diesem Nachtragshaushalt auch nicht korrigiert. Auch das ist ein Antrag der Opposition. Sofern Sie mit diesen Kürzungen die Zielsetzung verfolgt haben sollten, den Schülernachwuchs von den freien Schulen in den öffentlichen Schulsektor umzulenken, so ist dieser Schuss - das kann man heute schon sagen - nach hinten losgegangen. Um überhaupt noch finanziell bestehen zu können, haben viele freie Schulen mehr Schüler aufgenommen als in den Jahren zuvor. Die staatlichen Schulen sind dadurch noch stärker unter Druck geraten als bisher schon.

Legt man das Urteil des sächsischen Verfassungsgerichts zugrunde, so wird es auch in Brandenburg zu erhöhten Zahlungen an die Schulträger kommen. Das wäre dann allerdings das Tüpfelchen auf dem „i“ beim Scheitern eines verzweifelt wirkenden Abwehrkampfes gegen die freien Schulen. Wenn Sie in diesem Wettbewerb bestehen wollen, dann dürfen Sie die Konkurrenz nicht mit unlauteren Mitteln ausschalten. Dann müssen Sie unsere öffentlichen Schulen besser machen, das heißt, nicht nur mit einer besseren Vertretungsreserve aufwarten, sondern auch von den reformorientierten freien Schulen lernen. Dass dies funktionieren kann, zeigt die staatliche Montessori-Schule in Potsdam jedes Schuljahr aufs Neue.

Ein anderes Thema: Vorsorgende Politik gilt es auch im Strafvollzug besser umzusetzen. Nach einer Erklärung des Justizministeriums ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Rückfallquote nach verbüßtem Jugendarrest erschütternde 70 % beträgt. In Deutschland werden drei von vier Jugendlichen, die zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt werden, rückfällig. Bei Jugendlichen mit Bewährungsstrafen liegt die Rückfallquote dagegen „lediglich“ bei rund 60 %. Entscheidend für die Rückfallquote ist nach durchaus übertragbaren Untersuchungen
in Nordrhein-Westfalen die berufliche Qualifikation. Danach werden neun von zehn Häftlingen ohne Berufsabschluss, die nach ihrer Entlassung keine Arbeit finden, rückfällig, bei Strafentlassenen mit Berufsabschluss und ausbildungsgemäßer Anschlussbeschäftigung dagegen nicht einmal ein Drittel. Auch hier kommt es also in ganz anderem Sinne auf den Anfang an. Der Landtag hat mit der Verabschiedung des neuen Justizvollzugsgesetzes einen Schritt in die richtige Richtung getan. Zu dessen Umsetzung wäre aber mehr Personal erforderlich.

Im Gesetzentwurf wurde damals festgestellt und verlangt, dass eine intensive Umsetzung der weitgehend jetzt
schon bestehenden Vorgaben in der Praxis zu erhöhten Personalbedarfen führt, etwa für die Betreuung von Strafgefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherheitsverwahrung oder für die Ausweitung des Wohngruppenvollzugs. Der Landtag hat mit der Verabschiedung des Gesetzes A gesagt, aber die Koalition will das nachfolgende B, nämlich die Bereitstellung zusätzlicher Personalmittel, nicht aussprechen.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Unser Antrag, der sich an den Forderungen der Justizvollzugsbediensteten ausrichtete, wurde deswegen in den Ausschüssen kurzerhand abgelehnt. Das ist ausgesprochen bedauerlich; das ist keine Vorsorgepolitik. Vorsorge gilt es aber auch im Haushalt für die Schulabsolventen zu treffen, die in Brandenburg ein Studium aufnehmen wollen.

Brandenburg vernachlässigt seine Hochschulen nämlich sträflich. Überall belegen wir die letzten Plätze, wenn es darum geht zu bemessen, wie unsere Hochschulen ausgestattet sind.

(Jürgens [DIE LINKE]: Stimmt nicht!)

Ziel der Landespolitik müsste es sein, die Grundfinanzierung der Hochschulen signifikant zu erhöhen. Die SPD hat angekündigt, nach der Wahl 2014 den Hochschuletat jährlich um 5 Millionen Euro aufzustocken.

(Görke [DIE LINKE]: Nach der Wahl ist vor der Wahl!)

Das ist ein Wahlversprechen, das angesichts der unveränderten Fortschreibung der früheren globalen Minderausgabe in Höhe von 12 Millionen Euro unglaubwürdig ist.

(Beifall B90/GRÜNE)

Zusammen mit der Entnahme von 10 Millionen Euro aus den Hochschulrücklagen im Jahr 2011 belaufen sich die Kürzungen der Landesmittel im Hochschulbereich in dieser Legislaturperiode auf insgesamt 46 Millionen Euro. Würde eine neue Landesregierung tatsächlich den Etat ab 2015 um 5 Millionen Euro jährlich erhöhen, wären diese Kürzungen erst im Jahr 2018 wieder ausgeglichen. Eine berechenbare und nachhaltige Wissenschaftspolitik sieht anders aus. Die von uns eingebrachte Rücknahme der inzwischen in die Globalbudgets eingearbeiteten früheren globalen Minderausgabe wäre ein wichtiges Signal der Landespolitik für eine verbesserte Finanzausstattung der Brandenburger Hochschulen gewesen. Ohne eine Trendwende bei der Grundfinanzierung werden die im Hochschulentwicklungsplan formulierten landespolitischen Erwartungen an das Hochschulsystem seitens der Hochschulen nur unzureichend umgesetzt werden.

Vorsorgende Haushaltspolitik wäre aber auch angesagt, wenn es um Reparaturleistungen an Landesstraßen geht. Man muss die Mehrforderungen der CDU in ihrer Höhe nicht teilen. Aber die Argumentation des Ministeriums im Haushaltsausschuss sollte uns allen doch sehr zu denken geben. Wir haben kein Personal, deswegen haben wir keinen Planungsvorlauf und deswegen bringen zusätzliche Mittel auch nichts.

(Görke [DIE LINKE]: Das hat er gar nicht gesagt!)

Das ist das Ergebnis unserer Personalpolitik.

(Vereinzelt Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Damit will ich die Aufzählung einzelner Politikfelder beenden, die in diesem Nachtragshaushalt abgehandelt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt 20 Minuten zum Vorsorgeprinzip, einem wesentlichen Pfeiler nachhaltiger Politik, gesprochen. Ich darf daran erinnern, dass das Land einen Nachhaltigkeitsbeirat eingesetzt hat, der sich eben nicht nur mit Umweltfragen beschäftigt, sondern auch mit den Grundlagen nachhaltiger Finanz- und Haushaltspolitik. Die Entscheidung, diesen Beirat beim Umweltministerium anzusiedeln, resultierte aus der fehlerhaften Einschätzung, dass sich Nachhaltigkeitspolitik in erster Linie in den Fachbereichen dieses Ressorts abspielt.

Lieber Herr Ministerpräsident Woidke, die Zuständigkeit für Nachhaltigkeitspolitik ist keine nachwirkende Aufgabe Ihres Vorgängers. Werden Sie aktiv, zeigen Sie Verantwortung für das große Ganze und ziehen Sie diese Aufgabe künftig auf Ihren Tisch. Nachfolgende Generationen werden es Ihnen danken.

Und noch zum Haushalt selbst: Wenn die Landesregierung die Kriterien, die sie jetzt als Notwendigkeit für diesen Nachtragshaushalt benannt hat, weiterhin anlegen will, dann können wir sicher sein: Dies war nicht der letzte Nachtragshaushalt im Rahmen des Doppelhaushalts 2013/14. Dann sehen wir uns spätestens im Herbst 2014 mit dem nächsten Nachtragshaushalt wieder.

Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

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