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Axel Vogel spricht zur Großen Anfrage der CDU-Fraktion "Freie Berufe in Brandenburg"

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Unter dem Begriff Freie Berufe werden in der Regel hochqualifizierte selbstständig Tätige von A wie Arzt bis Z wie Zahnarzt zusammengefasst. Aber eben nicht nur Ärzte, sondern auch Techniker, Juristen, Steuerberater aber auch Künstler usw. Freiberufliche Gründung erfüllt überdurchschnittlich häufig die Kriterien der Landesregierung für eine „innovative Gründung". Zitat: „Diese Gründungen haben ein überdurchschnittliches Potenzial, hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen und der wirtschaftlichen Entwicklung eine zusätzliche Dynamik zu verleihen."

Laut Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU sind zum 1.1. 2010 rund 34.000 Selbstständige in Freien Berufen in Brandenburg aktiv. Wie in der allgemeinen Wirtschaftsstruktur in Brandenburg dominieren auch unter den Freien Berufen die Kleinen Einheiten mit einem Umsatz von unter 160.000 Euro. Bezogen auf die zahlenmäßig dominierenden Berufsgruppen der Freien Berufe wie Ärzte und beratenden Ingenieure ist das Thema „Fachkräftemangel" seit Jahren bundesweit Thema. Die jährlich wiederkehrende Debatte zur Schaffung von Anreizen für Mediziner sich als Ärzte im ländlichen raum niederzulassen, die Diskussion um „Medizinerstipendiensystem ja oder nein", zeigt die Problematik auf, die unter den Bedingungen eines dünn besiedelten Flächenlandes wie Brandenburg für den ländlichen Raum noch einmal besondere Brisanz gewinnt.

Für uns ist eine zentrale Erkenntnis aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage: Fachkräftemangel wird nicht erst in der Zukunft Thema, sondern der Fachkräftemangel ist bei vielen Berufsgruppen bereits heute Brandenburger Realität!

1. Sehen wir dazu auf die Antwort zu Frage 31: Bei den betrachteten ingenieurtechnischen Berufsgruppen sind die Zahlen der Erwerbslosen zwischen 1999 und 2007 zumeist um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. z.B. Maschinenbau: von 1.255 auf 322 Erwerbslose, Elektrotechnik: von 1.107 auf 253 im Jahr 2007 als erwerbslos gemeldete Ingenieure.Insgesamt waren 2007 weniger als 2000 Ingenieure erwerbslos. Berücksichtigt man den fortgesetzten demographischen Wandel kann man aus diesen Zahlen ohne waghalsig zu sein ableiten, dass in Brandenburg unter Ingenieuren heute quasi Vollbeschäftigung herrscht. Bei einigen Fachrichtungen verfügen Landkreise und kreisfreie Städte über keinen einzigen Arbeitslosen Ingenieur. (So gab es bereits 2007 in FfO keinen arbeitslosen Fertigungsingenieur mehr.).

2. Der Fachkräftemangel ist nicht auf die Freien berufe beschränkt, betrifft diese zunehmend aber ganz besonders. Wir haben einen Arbeitsmarkt, in der die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften größer ist als das Angebot. Die Folge ist, dass Brandenburger Unternehmen mit Unternehmen der alten Bundesländer konkurrieren, Kleinunternehmen mit Großunternehmen, (Bsp.: Erweiterungsbau Odersun in Fürstenwalde um Berliner Ingenieure anzuziehen).Die Freien Berufe konkurrieren mit der gewerblichen Wirtschaft um Nachwuchskräfte.

3. Positive Folge ist zunächst, dass das Lohnniveau für die nachgefragten Berufsgruppen in den Betreiben steigt.

4. Die Entscheidung für oder gegen Gründung ist direkt von dieser Arbeitsmarktsituation abhängig. Das Risiko eines Gangs in die Selbstständigkeit und die Dominanz von Kleinen Einheiten betrieben mit Gewinnerwartungen unter 34.000€ für die Freiberufler im Land Brandenburg (letzte bekannte Zahl aus dem Jahr 2004, siehe antwort zu frage 1: 877 Mio € Einkünfte von 25.387 unbeschränkt steuerpflichtigen Freiberuflern) konkurrieren mit gut bezahlter abhängiger Beschäftigung. Der Druck auf die Freien Berufe ist enorm.

5. Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt überdeutlich: Aus eigener Kraft kann Brandenburg den Mangel an Ingenieuren nicht schließen. Die Studienanfänger in den Brandenburger Hochschulen für technische Studiengänge steigen zwar kontinuierlich sind aber mit 2400 Anfängern wohl nicht in der Lage die größer werdenden Lücken zu decken. Die Absolventenzahlen von 1200 im Jahr 2008/2009 sind ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Ergebnis: Brandenburg besitzt kein Fachkräftereservoir bei Ingenieuren. Deshalb müssen zunehmend Ingenieure für Neuansiedlungen und Erweiterungen von Unternehmen in Brandenburg entweder in anderen Bundesländern oder im Ausland abgeworben werden. Zum Teil sind diese Menschen aber auch schon da, leiden aber unter fehlender Anerkennung ihrer ausländischen Abschlüsse.

Das Problem ist bekannt und bei Ärzten hat Brandenburg hierzu ja schon positive Maßnahmen ergriffen.

Ich darf hierzu das Modellprojekt der früheren Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler zur Nachschulung von Ärzten unter Spätaussiedlern in Erinnerung rufen.

Das Modellprojekt sollte gleichzeitig zwei Probleme angehen, die hohe Arbeitslosigkeit unter qualifizierten Aussiedlern ebenso wie den Ärztemangel in Brandenburg.

„Drei Monate Sprachkursus, vier Monate Praktikum, drei Monate lernen für die Prüfung", ist eine konsistente Reaktion auf den medizinischen Fachkräftemangel. Die Aussage von der damaligen Gesundheitsminister Dagmar Ziegler war: „Als Gesundheitsministerin bin ich sehr zufrieden."

Solche Programme sind vorbildlich und sollten auf alle vorgebildeten Zuwanderer und Berufsgruppen ausgedehnt werden.

Nicht ausgeschlossen ist, dass der heutige Mangel an Ingenieuren und Ärzte mittelfristig weitere Hochqualifizierte auch aus den Freien Berufen betreffen.

Fazit ist, die die Analyse der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion zu den Freien Berufen unterstützt die Mahnungen der privaten Wirtschaft. Die Standortwahl steht und fällt mit den Fachkräften und dem Innovations- und Gründungsumfeld. Am Beispiel der Freien Berufe sind auch die Wechselwirkungen zwischen Fachkräftemangel und Einstieg in die Selbstständigkeit eindeutig erkennbar.

Brandenburg braucht innovative Gründungen durch Hochqualifizierte. Wir brauchen auch Gründungen von Freiberuflern.

Die Handlungsfelder sind der Landesregierung bekannt. Die aktuelle Evaluierung der Wirtschaftsförderung zeigt die Problemstellung des Fachkräftemangels auf.

Unser Vorschlag: Volle Kraft für die Fachkräftsicherung, ein erster Schritt wäre es das RWK-Kontept und das operationale Programm der Rot-Schwarzen Vorgängerregierung in diesem Punkt zu optimieren. Ein vielleicht zu revolutionärer Gedanke für einen Linken Wirtschaftsminister.