Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrter Minister Vogelsänger, mein heutiges Anliegen ist ganz einfach: Ich will Geld von Ihnen.
(Zuruf von der SPD: Ach Gott!)
Ich hätte am liebsten einen mehrstelligen Millionenbetrag. Keine Sorge, ich will das natürlich nicht von Ihnen persönlich und auch nicht für mich. Ich will noch nicht einmal, dass es zusätzliches Geld ist. Ich möchte im Grunde nur, dass Sie Geld umverteilen, dass Sie Mittel, die derzeit wirkungslos herumliegen, für eine gute und schöne Sache einsetzen, nämlich für Bienen und Schafe. Wir sind also eng bei dem vorangegangenen Thema.
Technisch ausgedrückt möchte ich, dass Sie den Förderstopp im Kulturlandschaftsprogramm - KULAP - beenden und mit ELER-Mitteln, zum Beispiel denen, die jetzt im Bereich Flurbereinigung freigeworden sind, aufstocken. Damit wegen der Fachbegriffe jetzt nicht alle abschalten: KULAP ist in der Landwirtschaftspolitik das Programm, mit dem all die guten Sachen gefördert werden, zum Beispiel die Ökolandwirtschaft, die Heidepflege durch Schafe und Ziegen, der extensive Obstanbau - also alles, was besonders nachhaltige Land- oder Forstwirtschaft ist.
Weil die Grünen und alles, was Öko ist, momentan im Trend liegen, ist schon jetzt - zwei Jahre vor Ende der Förderperiode - kein Geld mehr in diesem Topf, um Neuanträge zu bewilligen. Minister Vogelsänger hat nicht etwa entschieden, den Topf mit Geld, das anderswo herumliegt, aufzufüllen, sondern er spielt die verschiedenen Antragstellerinnen und Antragsteller gegeneinander aus: Ökobauern dürfen noch neue Anträge stellen, Schäferinnen und Schäfer nicht.
Ich möchte, dass Sie mich nicht falsch verstehen: Ich als Grüner finde es natürlich toll, dass es viele Anträge zum Ökolandbau gibt, gerade weil die Bedingungen in Brandenburg dafür nicht rosig sind - das Thema hatten wir in der letzten Plenardebatte. Das zeigt aber eben auch, Herr Minister Vogelsänger: Sie haben die Attraktivität von Öko noch nicht richtig erkannt. Sie haben nicht damit gerechnet, dass es so viele Anträge gibt, sonst hätten Sie den Topf von vornherein größer gemacht und dafür gesorgt, dass genügend Geld für alle da ist.
Das ist das Problem, denn bis 2020 ist nun kein Geld mehr da - etwa für mehr Grünflächen -, und das, obwohl wir gerade erst im Fachausschuss für Agrarpolitik, im Fachgespräch zur Imkerei, gehört haben: Das ist es, was die Imkerinnen und Imker wollen: mehr Grünflächen, damit überall in der Fläche etwas blüht; nicht nur Blühstreifen - über dieses Thema hatten wir ja auch Diskussionen -, sondern Grünflächen überall.
Es ist auch kein Geld mehr für die Schäferei da. Als ich das als Antwort auf meine Anfrage im Dezember - wer es nachlesen möchte: Drucksache 6/3117 - gelesen habe, habe ich das zunächst für einen Scherz gehalten. Schließlich steht im Koalitionsvertrag: Die Landesregierung will sich besonders „für traditionelle
Landnutzungsformen wie die Schafhaltung einsetzen“.
Und das aus gutem Grund, denn wir haben immer weniger Schafe. Verglichen mit der Anzahl Ende der 90er-Jahre ist es nur noch die Hälfte. Und das, obwohl Sie, Herr Minister, Sätze sagen wie: „Schafe sind unsere besten Landschaftspfleger“ - das ist richtig -, obwohl uns Touristikerinnen und Touristiker sagen, wie wichtig diese süßen Schafe im Landschaftsbild für den Tourismus sind, und obwohl uns die Naturschützerinnen und Naturschützer sagen, dass es kaum eine bessere Verbindung von Landwirtschaft und Naturschutz gibt.
Genau deswegen haben wir vor drei bis vier Minuten - beim Thema Wolf - gemeinsam beschlossen, die Schäferei zu stärken. Und jetzt wollen wir wirklich ernsthaft dafür sorgen, dass diese wichtige Grundlage, die Grundlage überhaupt für Schäferei in Brandenburg, ausgebremst wird? Das können wir nicht wirklich wollen. Aber genau das tun wir, wenn wir Ihren Förderstopp, Herr Minister, aufrechterhalten. Denn es gibt sie ja, die Landwirte und die Schäferinnen und Schäfer, die Anträge stellen wollen, aber nicht können, zum Beispiel in der Prignitz. Der Bedarf ist da.
Nein, Herr Minister, und nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ziele Ihrer Biodiversitätsstrategie zu erreichen geht nur mit mehr KULAP, mit mehr Schafen und mehr Bienen. Deswegen, Herr Minister, geben Sie uns das Geld, verteilen Sie um, stocken Sie das Kulturlandschaftsprogramm ordentlich auf! Wir Grüne, die Schafe und die Bienen würden es Ihnen danken. - Herzlichen Dank.
(Beifall B90/GRÜNE)
Teil 2, nach den Redebeiträgen von SPD, DIE LINKE, CDU, AfD und dem Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft:
Herr Präsident! Also wirklich, lieber Kollege Jungclaus: Ich schaffe es, dass am Abend alle konzentriert zum Thema Naturschutz reden, und du verschiebst den ganzen Diskurs in Richtung Fußball und Frauentag! Aber gut.
Zurück zur Debatte zum Naturschutz. Ich habe herauszuhören versucht, welche Argumente fielen. Ich hatte versucht, drei Argumente zu bringen, und fand diese natürlich auch überzeugend. Ich will sie noch einmal wiederholen.
Erstens: KULAP ist ziemlich gut für Schäferei, Tourismus und Artenvielfalt. Zweitens ist zusätzlicher Bedarf vorhanden. Drittens hatten Sie für die Schäferei und die Imkerei mehr versprochen und sollten Versprechen halten.
Ich habe jetzt drei Gegenargumente gehört und möchte Ihnen sagen, warum diese mich nicht überzeugen. Es steht also noch drei zu drei.
Erstens: Sie haben gesagt, das sei in dieser Förderperiode nicht mehr zu schaffen, Herr Folgart hat es gesagt. Ich habe aus der ELER-Jahrestagung etwas anderes herausgehört. Wir waren auch gerade zusammen beim Gartenbauverband und haben uns das dort angehört. Dabei hat die Staatssekretärin sehr ausführlich dargestellt, dass so etwas geht, dass es zwar vielleicht fünf oder sechs Monate braucht und es dann vielleicht noch etwas Vor- und Nachbereitung bedarf, aber dass es vielleicht ein halbes oder ein Dreivierteljahr dauert, bis man so eine Änderung bei der EU hinbekommt. Wir haben aber noch zwei Jahre bis zum Ende dieser Legislaturperiode. Das heißt, das ginge schon. Dieses Argument können wir, glaube ich, unter dem Stichwort „politischer Wille“ abhaken.
Zweitens habe ich das sehr seltsame Argument gehört, wir hätten keine Gegenvorschläge gemacht, wir würden uns um die Gegenfinanzierung drücken. Ich habe dummerweise mein Telefon liegen lassen, auf dem der Antrag zu lesen ist. Aber ich möchte Sie noch einmal auf den Antrag und auf dessen Begründung
verweisen: Wir haben in der Begründung gleich drei Vorschläge gemacht, woher das Geld denn kommen kann. Einige wurden seltsamerweise auch genannt.
Der erste Punkt: Investitionsförderung. Dazu lautete das Argument: Das können wir nicht nehmen, das brauchen wir für den Tierschutzplan. - Das finde ich gut und richtig, das habe ich selbst auch gesagt. Nur ist der Tierschutzplan nicht dieses Jahr und auch nicht nächstes Jahr dran, sondern er ist mit Ihrem seltsamen Antrag fast auf Sankt Nimmerlein verschoben worden. - Darüber können wir uns streiten, Kollege Domres.
Der zweite Punkt, den wir hineingeschrieben haben, lautet Flurbereinigung. Es gab ein Gerichtsurteil, demzufolge Flurbereinigung, egal was es technisch ist, nicht mehr aus dem EU-Topf bezahlt werden darf, sondern Sache des Landes ist. Das heißt, plötzlich sind im EU-Topf 7,5 Millionen Euro übrig; die liegen da rum. Die sind bisher noch nicht verplant und für noch nichts eingesetzt.
(Zuruf von Minister Vogelsänger)
- Wenn Sie jetzt sagen: „Doch!“, dann haben Sie das in der Zwischenzeit für irgendetwas verplant, aber nicht für das, worauf unserer Ansicht nach der politische Schwerpunkt liegen müsste, nämlich Bienen und Schafe.
Also, das Gegenargument, wir hätten keine Finanzierungsvorschläge gemacht, kann ich wirklich weit von mir weisen. Wir haben uns darum nicht gedrückt.
Kollege Gliese, es geht auch nicht um unglaublich viel Geld. Wenn Sie einmal nachschauen, wie viel Geld für die Pflege von Heideflächen durch Schafe und Ziegen ausgegeben wird, werden Sie feststellen, es ist eine Million. Wenn wir jetzt 7,5 Millionen Euro haben, so sind das wirklich Summen, die wir bezahlen können. Eine Million, das ist das, was bisher alle Heideflächen zusammen ausmachen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass noch einmal so viele dazukommen. Aber die, die wollen, sollen auch dürfen. Sie werden bisher in ihrer Berufsfreiheit, die Ihnen ja wichtig sein dürfte, eingeschränkt.
Zum dritten Gegenargument: Sie haben erwähnt, dass die Ziele übererfüllt seien. Wir hätten doch so ein tolles KULAP-Programm, das alles laufe doch so gut. Ich frage Sie ganz ehrlich: Was meinen Sie damit? Meinen Sie damit das Sterben der Agrarvögel? Das haben wir hier diskutiert: Kiebitz, Rotmilan, Feldlerche - alles früher typische Vögel in der Feld- und Wiesenlandschaft, deren Bestände jetzt drastisch zurückgehen. Der Vogel des Jahres, der Star - der süße Vogel, der selbst Handytöne so toll nachmachen kann -, ist in der Zahl um ein Drittel zurückgegangen. Was ist dessen Lebensgrundlage? Natürlich Grünfläche. Das sind Flächen, auf denen Weidewirtschaft betrieben wird.
Vielleicht meinen Sie mit der Übererfüllung des Programms auch den ökologischen Zustand der Fließgewässer. - Dabei sind wir richtig schlecht. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie halten wir noch nicht einmal in der Hälfte aller Fälle ein. Da ist noch richtig viel zu tun.
Vielleicht meinen Sie aber auch Klimaziele. Schließlich sind Grünland und Moore die besten CO2-Senken, die wir haben. Auch hier liegen wir so weit hinter dem Plan zurück, dass es nicht Ihr Ernst sein kann, wenn Sie sagen: Das KULAP ist erfüllt, und wir haben unsere Ziele erreicht.
Damit verbunden ist auch das vierte halbe Argument, das Sie noch hatten, nämlich dass wir jetzt kein Geld bewilligen können, das in die nächste Förderperiode hineingeht, weil wir uns dann binden würden. Das ist schon richtig so. Aber über welche Summen reden wir? Stellen wir dem doch einmal die möglichen
Vertragsverletzungskosten bei der EU für all die Sachen, die ich gerade aufgezählt habe, gegenüber: Klima, Wasserrahmenrichtlinie, Naturschutz. Ich möchte einmal behaupten, dass das kein Minusgeschäft ist, dass wir besser damit lägen, das KULAP aufzustocken, statt hinterher bei der EU für die Vertragsverletzung zu bezahlen und die Artenvielfalt zu verlieren. - Herzlichen Dank.
(Beifall B90/GRÜNE)
Der Antrag wurde abgelehnt.