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Benjamin Raschke spricht zum Antrag "Alle Arbeitsgerichtsstandorte erhalten!"

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Gäste am Livestream! Liebe Abgeordnete! Ich habe das Gefühl, wir haben uns jetzt ein bisschen in den Details verhakt. Ich möchte noch einmal einen Schritt zurückgehen, etwas grundsätzlicher werden und fragen: Warum muss sich eigentlich etwas ändern?

Wir diskutieren in Brandenburg seit Jahren die Frage, wie wir die Arbeitsgerichte fit für die Zukunft machen können. Für diese Diskussion gibt es gute Gründe. Der wichtigste wurde schon genannt: Seit Jahren müssen immer weniger Menschen vor ein Arbeitsgericht ziehen, und das ist gut so. Die Zahl der Fälle ist dramatisch gesunken, und sie wird absehbar nie wieder auf das Niveau steigen, wie es vor 30 Jahren war. Damit ist auch der Bedarf an Richterinnen und Richtern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in dem Bereich gesunken. Eberswalde wurde genannt: Dort gibt es mittlerweile so wenige Klagen, dass wir rein rechnerisch weniger als eine Arbeitskraft im gehobenen Dienst brauchen. Das allein ist Grund genug, zu fragen, ob es so weitergehen kann. Können wir an diese Standorte wirklich mehr Personal schicken, als dort rechnerisch gebraucht wird?

Damit sind wir schon beim zweiten Grund. Es geht bei dieser Diskussion nicht nur ums Geld, es geht auch um Gerechtigkeit. Sie müssen wissen: Im Vergleich zu den Sozialgerichten oder den Verwaltungsgerichten werden an Arbeitsgerichten pro Richterin oder Richter deutlich weniger Fälle verhandelt. Warum sollten wir also, wenn wir die Justiz stärken wollen, ausgerechnet die Arbeitsgerichte über Gebühr ausstatten? Dass auch in dieser Krise schon wieder das Gerücht gestreut wird, an den Arbeitsgerichten hätten die Richter so wenig zu tun, dass sie am Nachmittag Golf spielen - das ist ein böses Gerücht, das stimmt nicht ‑, zeigt, wie vergiftet die Stimmung zwischen den Zweigen der Justiz ist, und das können wir nicht hinnehmen. Es geht hier also auch um eine gerechte Verteilung der Arbeit innerhalb der Justiz.

Es gibt noch weitere Gründe, warum wir etwas ändern müssen. Zum Beispiel sind einige der Gebäude der Kleinststandorte nur gemietet, entsprechen nicht dem Sicherheitsstandard und müssten teuer renoviert werden. Da sind wir im Grunde wieder bei den Kosten.

Ich möchte neben den Kosten und der gerechten Verteilung der Arbeit noch einen Grund nennen: Ein dritter Grund, Herr Vida, ist die Erreichbarkeit für uns Bürgerinnen und Bürger. Wenn Sie in der Prignitz oder in Teltow-Fläming wohnen, ist Ihr Weg zum Arbeitsgericht unfassbar weit. Wir suchen also dringend eine Reform, die bezahlbar ist, die die Arbeit in der Justiz gerecht verteilt, mehr Justiz in die ländlichen Räume bringt und - natürlich - sozialverträglich durchgeführt wird.

Frau Hoffmann hat jetzt Pläne vorgelegt. In welchem Maße diese Pläne den vier Anforderungen entsprechen, werden wir im Rechtsausschuss gründlich prüfen - natürlich auch, ob es andere Ideen, gute Anregungen oder Ergänzungen gibt. Auch ich habe viele Zuschriften erhalten - herzlichen Dank dafür - und gute Gespräche führen können. Danach muss ich sagen: Die Pläne der Ministerin überzeugen mich zum Beispiel in Hinsicht auf das Thema zusätzliche Gerichtstage viel mehr als so manche Planspiele der Linken aus den letzten Jahren. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, lade ich Sie ein: Schauen wir uns die Pläne genau an, nutzen wir die Chance, dass jetzt sehr viele Veränderungsvorschläge auf den Tisch kommen. Auch den Gesetzesentwurf werden wir ausführlich im Ausschuss behandeln.

Bis dahin sage ich allen Richterinnen und Richtern, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Arbeitsgerichten und den anderen Gerichtszweigen herzlichen Dank und bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht die Reform abzulehnen, sondern erst einmal nur den Antrag von BVB und Linken.

- Herzlichen Dank.