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Benjamin Raschke spricht zum Antrag "Beauftragter gegen Hasskriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft"

Frau Vizepräsidentin, schön, Sie nun hier hinter dem Pult zu sehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste am Livestream! Wir beantragen heute - das wurde gesagt -, eine Beauftragte oder einen Beauftragten gegen Hasskriminalität in Brandenburg einzusetzen. Ich will aber auch noch einmal deutlich sagen, warum wir das tun.

Ich könnte es, wie auch andere Kollegen, technisch ausdrücken: weil wir damit das Bundesgesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet umsetzen wollen, ein Gesetz, auf das wir Bündnisgrünen auch im Bund lange gedrängt haben und dessen Ziel wir uneingeschränkt unterstützen. Am Gesetz selbst aber haben wir - das sage ich an dieser Stelle deutlich - reichlich Kritik: am Meldeverfahren, an der reichlich unscharfen Aufgabendefinition des Bundeskriminalamtes und vor allem am Rechtsschutz derjenigen, die dort gemeldet werden - man kann ja auch Opfer einer Intrige werden. Dennoch muss dieses Gesetz kommen, und ja, es wird durch das Reparaturgesetz sicherlich etwas besser werden.

Aber wir machen das nicht, weil da ein Gesetz auf Bundesebene kommt. Wir richten uns gegen Hasskriminalität, weil sie einschüchtert. Hasskriminalität trifft ihre Opfer in der Intimsphäre. Da wird ebenso mit Vergewaltigung gedroht, wie auf Kinder angespielt wird. Es sind in der Regel Frauen, Juden, Geflüchtete und eben oft auch politisch Engagierte, die besonders bedroht werden.

Mein Kollege Danny Eichelbaum hat schon auf die Umfrage der Zeitschrift „KOMMUNAL“ hingewiesen. Ich will noch eine andere Zahl daraus nennen: 40 % der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister überlegen deswegen, ob sie bei der nächsten Wahl überhaupt wieder antreten. Das ist erschreckend! Deswegen müssen wir das tun.

Und wir müssen es tun, damit das Internet eben kein rechtsfreier Raum bleibt, denn es ist ja längst der zentrale Ort für Hass und Hetze geworden. Da wird der Holocaust geleugnet, da wird die NS-Zeit verherrlicht. Deswegen tun wir es.

Und wir tun es, damit Worte nicht zu Taten werden, denn auch in Brandenburg werden vermehrt Polizisten und Politiker - vor allem ehrenamtliche - angegriffen. 2019 gab es 161 Straftraten gegen Politikerinnen und Politiker: Von Sachbeschädigung über Körperverletzung bis hin zu Brandstiftung war alles dabei. Wie weit es gehen kann, wenn aus Hass und Hetze, aus Worten Taten werden, haben wir kürzlich in Washington erlebt. Deswegen müssen wir mehr tun.

Ich will aber an der Stelle nicht versäumen, Danke zu sagen für all das, was schon getan wird. Danke vor allem an die Polizei: Die hat sich nämlich in Brandenburg erst kürzlich, Ende des vergangenen Jahres, im November 2020, am bundesweiten Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings beteiligt. Sie war in Brandenburg an der Havel, Zossen, Kleinmachnow, Rathenow, Calau und auch Lübbenau aktiv. Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen herzlichen Dank an die Polizei!

Nun wollen wir noch einen kleinen Baustein draufpacken und eine Beauftragte bzw. einen Beauftragten für Hasskriminalität einrichten, die oder der überregionale Verfahren bündeln soll. Auch ich habe das Antrittsinterview gelesen. Wir haben uns natürlich sofort beim Ministerium erkundigt: Nanu, was ist denn dort passiert? Der Antrag ist ja schon vom November. Haben das Ministerium und die Generalstaatsanwaltschaft vielleicht im vorauseilenden Gehorsam gehandelt, weil sie sich sicher waren, dass das auf große Zustimmung treffen würde? Ist die Stelle denn schon eingerichtet? - Nein, sie ist nicht eingerichtet, aber sie sitzen in den Startlöchern. Sie warten darauf, dass wir das heute beschließen.

Deswegen zum Schluss zwei Bitten, liebe Kolleginnen und Kollegen: Stimmen wir dem Antrag zu. - Und noch eine ganz persönliche Bitte: Bringen wir bitte jeden Hasspost zur Anzeige. Lassen wir uns nicht einschüchtern!

- Vielen Dank.