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Benjamin Raschke spricht zur Aktuellen Stunde "Afrikanische Schweinepest eindämmen - Landwirte unterstützen"

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrte Gäste am Livestream! Liebe Abgeordnete!

Vor gut zwei Wochen wurde im Landkreis Spree-Neiße das erste mit Afrikanischer Schweinepest infizierte tote Wildschwein in Deutschland gefunden. Damit begann - wie immer am Anfang einer Krise - die Unsicherheit.

Die Unsicherheit in der Region: Was bedeuten diese Zonen für das Alltagsleben? Die Unsicherheit bei den Landwirten und Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern, ob sie ihre Ernte einfahren können. Vor allem die Unsicherheit und die teilweise blanke Existenzangst bei den Betrieben, die Schweine halten - und das weit über die betroffene Region hinaus.

Es bestehen Unsicherheit und Angst vor den Folgen eines wirklich tückischen Virus, das, wie wir inzwischen lernen durften, nicht nur monatelang in geräuchertem Fleisch, sondern sogar einen pH-Wert von 13 überlebt. Es ist ein Virus, das für Menschen völlig ungefährlich ist, aber bei Wild- wie Hausschweinen innerhalb kurzer Zeit zum Tod führt, für das es bisher weder Impfstoffe noch Heilmittel gibt und das Leben von Millionen Wild- und Hausschweinen in Deutschland bedroht - und damit das ohnehin schon fragile System der deutschen Fleischwirtschaft.

Es ist die Aufgabe aller Personen hier im Raum, dieser Unsicherheit und Angst mit Fakten und mit entschlossenem Handeln zu begegnen. Konkret: Was ist zu tun, und wo stehen wir? Es sind drei große Aufgaben.

Die erste und wichtigste Aufgabe ist, diese Seuche einzudämmen. Deutschland hat sich in den letzten Jahren darauf vorbereitet, sicherlich nicht perfekt, aber sehr viel besser - um einen Vergleich zu ziehen - als beispielsweise auf das Coronavirus. Ich sage das, weil im Internet die schon angesprochenen Videos mit Bildern von beschädigten Zäunen, gestohlenen Batterien und mit Fragen - allesamt berechtigt - nach Maisimporten aus polnischen Risikogebieten oder Wildschweinen, die durch die Oder schwimmen, kursieren.

Aber ich bin da ganz beim Kollegen Funke: Vor Populismus müssen wir uns an dieser Stelle hüten; denn klar ist: Am Anfang von Krisen läuft nie alles perfekt. Mir selbst ist beispielsweise schleierhaft, warum in der Bundesrepublik Deutschland offenbar keine Lösung dafür vorbereitet wurde, dass in einem solchen Fall plötzlich sogenannte überzählige Schweine auf dem Markt sind.

Aber klar ist auch: Ein solches Krisensystem wird immer, auch in diesem Fall, schrittweise aufgebaut. Es wird schrittweise aufgebaut, und es läuft täglich besser. Wir haben es gehört: Das Kerngebiet und das gefährdete Gebiet werden systematisch nach toten Wildschweinen abgesucht, und zwar mit Hilfe von geschulten Suchtrupps, Jägern aus der Region, Drohnen, Hubschraubern, Wärmebildkameras, Hundestaffeln - das volle Programm. Zudem wird das Gebiet abgeriegelt.

Sowohl zum Thema Zäune als auch zum Thema Jagd wurde bereits ausführlich genug vorgetragen, sodass ich aus bündnisgrüner Perspektive nur noch eines ergänzen möchte: Die langfristige Lösung zur Verringerung der Wildschweinbestände liegt ganz offensichtlich nicht in der Jagd, sondern in der strukturellen Veränderung der Landwirtschaft. Das Stichwort ist hier der Mais.

Vor allem aber wurden, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Eindämmung dieser Krise bereits wesentliche Schritte unternommen, damit die Landkreise und das Land gut zusammenarbeiten. Wir tragen gemeinsam die Verantwortung - das Stichwort ist hier unter anderem das Technische Einsatzzentrum vor Ort. All das wurde bereits erwähnt.

Eine der wichtigsten Maßnahmen möchte ich aber betonen: Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung dieser Seuche ist die Aufklärung über die Verbreitungswege. Der Hauptverbreitungsweg dieses Virus ist nicht derjenige über das Wildschwein, sondern derjenige über den Menschen. Das Friedrich-Loeffler- Institut zählt dafür sehr viele Beispiele auf: etwa das achtlos weggeworfene Wurstbrot - wie gesagt, das Virus überlebt lange - oder die Blutreste am Schuh nach der Jagd. Deswegen fordern wir heute mit unserem Antrag die Landesregierung gemeinsam auf, darüber ausführlich zu informieren und vor allem auch die Tierhalterinnen und Tierhalter verstärkt darauf hinzuweisen, wie die Hygienemaßnahmen in den Betrieben umzusetzen sind. Kollege Domres hat das Stichwort Tornitz bereits erwähnt.

Die zweite Aufgabe neben der Eindämmung ist es natürlich, massive wirtschaftliche Schäden zu verhindern, und zwar sowohl bei der Landnutzung als auch bei den Schweinebetrieben. Falls diesbezüglich noch irgendwelche Zweifel bestehen: Natürlich wollen wir Grüne einen Strukturwandel in der Landwirtschaft, aber wir haben sicherlich kein Interesse daran, Betriebe jetzt pleitegehen zu lassen. Dieser Strukturwandel, den wir wollen, ist nur gemeinsam mit den Tierhaltern möglich. Deswegen fordern wir die Landesregierung heute mit unserem Antrag auch auf, ihre Bemühungen um die Vermarktung der Schweine fortzusetzen. Minister Vogel wird sicherlich noch darüber berichten.

Zudem fordern wir die Landesregierung auf, die gesperrten Gebiete schrittweise zu öffnen, sobald das wieder möglich ist. Vor allem aber fordern wir sie auf, weiter hart mit dem Bund und der EU zu verhandeln, um zu erreichen, dass diese sich an den Kosten sowohl für Präventionsmaßnahmen als auch für mögliche Entschädigungszahlungen beteiligen. Es ist völlig richtig, lieber Kollege Funke, dass wir in Brandenburg das Stoppschild setzen müssen. Aber es ist nicht einzusehen, dass Brandenburg die Verteidigung von Westeuropa auch noch allein bezahlen soll.

Damit sind wir bei der dritten Aufgabe, der Kommunikation, die Kollege Domres bereits angesprochen hat. Auf Kommunikation haben die Menschen ein Recht, und wir haben ein Interesse daran, die Informationen aus der Region zu bekommen. Deswegen hat die Landesregierung eine Hotline geschaltet, die zur Verfügung steht. Zudem wird das im Internet breit kommuniziert. Vor allem aber stimmte sich die Landesregierung von Anfang an - vom ersten Tag an - mit den Landwirten und den Jägern in ständigen Telefonkonferenzen ab. Es finden auch Treffen statt, und die Verbände - lieber Kollege Domres, Stichwort Augenhöhe - sind am Krisenstab beteiligt. Ich betone das, weil im Internet und in der Presse gerade ein anderer Eindruck entsteht.

Zudem sage ich: Wir stehen ganz klar zur Regierungsverantwortung und werden alles Notwendige tun, um sowohl die Seuche abzuwehren als auch dafür zu sorgen, dass ein normales Leben und eine Landnutzung wieder möglich sind. Wir erwarten dafür aber auch, dass die Verbände ihre Rolle verantwortungsvoll wahrnehmen, und danken allen, die das auch täglich tun.

Damit bin ich am Schluss meiner Rede: Thema Solidarität. Darauf wird es am Ende entscheidend ankommen. Wir danken den Ländern Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und allen anderen Ländern sehr, die uns hier solidarisch unterstützen, und werben auch beim Bund um Solidarität, und zwar bitte auch in Form finanzieller Unterstützung unter anderem für Zaunbau und Landnutzung. Nehmen wir also diesen Antrag an und geben der Landesregierung für diese Verhandlungen richtig Rückenwind. -

Herzlichen Dank.