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Rede im Landtag: Tätigkeitsbericht der Parlamentarischen Kontrollkommission für das Jahr 2021

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher im Livestream,

ich freue mich, dass wir anlässlich des Tätigkeitsberichts für das Jahr 2021 die Gelegenheit haben, hier im Landtag über die Arbeit der PKK zu sprechen, die ansonsten ja naturgemäß eher im Verborgenen stattfindet.

Das aktuelle Lagebild war wie auch in den vergangenen Jahren geprägt durch die Aktivitäten im Phänomenbereich des Rechtsextremismus und entgrenzten Rechtsextremismus. Die Phänomenbereiche Linksextremismus und ausländischer bzw. religiöser Extremismus wurden dabei in der Arbeit des Verfassungsschutzes und der Kontrollkommission nicht vernachlässigt, aber wie im Bericht beschrieben gibt es eine angemessene Priorisierung und Fokussierung anhand der Zahl der Vorfälle, des Personenpotentials und der von den Phänomenbereichen ausgehenden Gefahren.

Wie auch im Vorjahr waren extremistische Bestrebungen im Kontext der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen sowie Instrumentalisierung und Unterwanderung durch Personen und Gruppierungen aus dem rechtsextremen Milieu ein Arbeitsschwerpunkt. Hierbei möchte ich auch noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass die Arbeit sich selbstverständlich ausschließlich auf mögliche extremistische Bestrebungen und nicht auf die Überwachung von Grundgesetzlich geschützter Versammlungsfreiheit bezieht.

Die Kommission hat sich selbstverständlich weiter intensiv mit der Einstufung der AFD als extremistischer Verdachtsfall beschäftigt. Dass eine Partei, die die zweitgrößte Fraktion im Landtag stellt, als Verdachtsfall eingestuft wird ist sicherlich ein besonderer Vorgang. Die Kommission widmet der laufenden Bewertung der Angemessenheit der Einstufung daher besondere Aufmerksamkeit. Insbesondere der besondere Schutz der Mandatsausübung wurde im aktuellen Berichtszeitraum ausführlich besprochen.

Meine Damen und Herren,

die Mitglieder der Kommission nehmen ihren Auftrag, stellvertretend für den Landtag die Kontrolle des Verfassungsschutzes auszuüben, sehr ernst.

Der Bericht verweist auf die „deutlich vergrößerten thematischen und zeitlichen Umfänge der Sitzungen“. Aber Zeichen der Qualität ist weniger, wie viel Zeit wir miteinander verbringen, sondern vor allem die gesteigerte Tiefe der Behandlung von wichtigen Fragen.

Das ist einerseits Ergebnis der 2019 geänderten Rechtslage, die dazu führt, dass bestimmte wichtige Informationen turnusmäßig aufgerufen werden – beispielsweise die Ablehnung von Auskunftsersuchen, ein Überblick über G10-Maßnahmen, Observationen, das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder in Brandenburg oder auch Verdachtsfälle der Begehung von Straftaten bei Maßnahmen nach §§ 6a und 6b BbgVerfSchG. Andererseits ist die gesteigerte Kontrolltiefe auch deshalb möglich, weil seit der Gesetzesänderung die einzelnen Mitglieder von Referent*innen unterstützt werden können, was die Intensität der Vorbereitung auf die vielfältigen Themen deutlich verbessert.

Und besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext natürlich die Arbeit des Ständigen Bevollmächtigten. Ich bin sehr froh, dass im Berichtszeitraum die offenen Stellen in der Geschäftsstelle besetzt werden konnten. Auch wenn die Erfahrungen sich bisher nur auf einen kurzen Zeitraum beziehen, so sind sich glaube ich alle Kommissionsmitglieder einig, dass die Einrichtung der Stelle des Ständigen Bevollmächtigten sich deutlich bewährt hat. Für die unermüdliche Arbeit beim Aufbau der nötigen Strukturen, bei der Vor- und Nachbereitung von Sitzungen und bei der Untersuchung von Sachverhalten auf Auftrag der Kommission an dieser Stelle mein ganz herzlicher Dank an den ständigen Bevollmächtigten Ingo Borkowski und die Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle.

Wichtige Entwicklungen bezüglich der Verbesserung der Kontrolle im Berichtszeitraum waren für mich, dass die Fraktionsreferent*innen nun regelmäßig an Teilen der Sitzungen teilnehmen können, um somit ihre Arbeit besser ausüben zu können.

Mit Artikel 1 des Siebenten Gesetzes zur Änderung parlamentsrechtlicher Vorschriften vom 23. Juni 2021 wurde außerdem festgelegt, dass der Ständige Bevollmächtigte nun auch von einer Qualifizierten Minderheit mit Untersuchungen beauftragt werden kann, sodass zukünftig in der Regel ausgeschlossen ist, dass diese von den Vertreter*innen der Koalitionsfraktionen blockiert werden können. Auch wurde mit dem Gesetz eine Möglichkeit geschaffen, dass die PKK mit den Kontrollgremien des Bundes und der Länder einen besseren Austausch pflegen kann, was aufgrund der länderübergreifenden Arbeit der VS-Behörden nur folgerichtig ist.

Der Bericht legt außerdem dar, dass die Qualität und der Umfang der Vorlagen aus dem MIK bereits merklich gesteigert wurden. Ebenso sind auch die Ausführungen in den Sitzungen in aller Regel ausführlich und von hoher Qualität. Die Transparenz, die gegenüber der PKK an den Tag gelegt wird und die Offenheit für Wünsche nach Veränderung in der Berichterstattung sind aus meiner Sicht wirklich hervorzuheben. Wir alle wissen, dass gesetzliche Informationspflichten das eine sind, und diese tatsächlich in der Praxis mit Leben zu füllen manchmal etwas ganz Anderes. Daher an dieser Stelle mein herzlicher Dank insbesondere an den Chef des Verfassungsschutzes, Herrn Müller, und an den Staatssekretär, Herrn Schüler, für die sehr gute, konstruktive Zusammenarbeit. Der Dank geht aber auch an die Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes.

Meine Damen und Herren,

die Vorgänge rund um den NSU und auch andere Vorfälle haben in ganz Deutschland das Vertrauen in die Verfassungsschutzbehörden erheblich beschädigt. Der Bericht stellt nun fest, dass den Lehren aus dem NSU-Untersuchungsausschuss konstruktiv begegnet wurde und dass bezüglich der Neuaufstellung der Behörde „sowohl in personeller als auch in struktureller Hinsicht ein beträchtlicher Teil des Weges zurückgelegt worden ist“.

Dass die Kontrollkommission dies einhellig so festhält ist, glaube ich, eine wichtige Botschaft und kann an dieser Stelle deutlich hervorgehoben werden.

Denn das Vertrauen in staatliche Institutionen zu sichern, war noch nie so wichtig wie aktuell. Und auch, wenn uns die benannte Feststellung wohl nicht davor bewahren wird, auch in Zukunft im politischen Raum Diskussionen um Strukturen und Befugnisse zu führen, so ist es doch wichtig klar zu machen, dass es sehr deutliche Verbesserungen gibt im Vergleich zu dem Bild vom Verfassungsschutz, das in vielen Köpfen vorherrscht.

Ein Teil der Neuausrichtung ist auch die Einstellung auf neue Herausforderungen und Bedrohungen durch Einrichtung des neuen Referates Cyberextremismus. Im Berichtszeitraum bot der Verfassungsschutz als Reaktion auf ansteigende Bedrohungslagen eine Informationsveranstaltung zu Gefahren des Cyberextremismus für alle Abgeordneten im Landtag an. In der Kommission haben wir uns ausführlich mit dem Thema beschäftigt, und werden den weiteren Aufbau des Referates und seiner Fähigkeiten sehr intensiv begleiten.

Auch andere grundlegende Fragestellungen konnten wir im Berichtszeitraum tiefgehend bearbeiten, dabei möchte ich besonders den Einsatz von verdeckt Informationsgebenden hervorheben und das Thema Observationen.

Meine Damen und Herren,

schließen möchte ich mit dem letzten Absatz des Berichts, der nochmal einen wichtigen größeren Bogen schlägt:

„Angesichts der oben beschriebenen gesellschaftlichen Entwicklungen hält es die Kommission weiterhin für geboten, bei künftigen Haushaltsberatungen ausreichende Mittel für Präventionsmaßnahmen gegen Extremismus in jeglicher Form, insbesondere im Bereich Rechtsextremismus, zur Verfügung zu stellen.“

Unser vordringlichstes Ziel muss es sein, Radikalisierung an allen Stellen entgegenzutreten. Denn Gewalt und ein Untergraben unserer Demokratie ist niemals eine Lösung, egal mit welcher Begründung.

Vielen Dank.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Bericht "Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission über ihre Tätigkeit gemäß § 26 Absatz 7 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes" (TOP 11 der 65. Plenarsitzung)