- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrte Abgeordnete
Es hat sich klar gezeigt, dass der übergroße Anteil derjenigen, die sich bei der Ansprechstelle – Bodenreform gemeldet haben, Sachverhalte im Hinblick auf früheres Bodenreform-Eigentum aufgeklärt haben wollten, die sich noch vor 1990 ereignet hatten. Überwiegend handelte es sich dabei um Fälle von Menschen, die zwischen der Zuteilung der Bodenrefom-Grundstücke an sie und der politischen Wende der Jahre 1989/90 gestorben waren. Die Ansprechstelle bot diesen Ratsuchenden eine vollständige Sachverhaltsaufklärung. Das war auch nötig, denn den Betroffenen, also den Erben, waren die gesetzlichen Bestimmungen meist gar nicht vollständig bekannt. Für diese Gruppe konnte so tatsächlich die mit dem Landtagsbeschluss von 2021 beabsichtigte „abschließenden Aufarbeitung“ erfolgen. Anders verhält es sich mit den Ratsuchenden, die ihre Bodenreform-Grundstücke erst nach der Wiederherstellung der Deutschen Einheit verloren haben. In den bis heute unbefriedeten Fällen waren es weniger die bundesgesetzlichen Bestimmungen der Bodenreformabwicklung als vielmehr die konkrete Anwendung dieser Vorschriften von Brandenburger Verwaltungsstellen, die auch mich erschüttert haben.
Der Bericht der Landesregierung stellt die historische Ausgangslage und die gesetzlichen Grundlagen der Bodenreform durch den Bundesgesetzgeber zutreffend dar. In Punkt III „Umsetzung der Nachzeichnung der Bodenreform im Land Brandenburg“ wird aber nur mit drei sehr knappen Absätzen auf die massive Wirkung und die Folgen für den einzelnen Betroffenen eingegangen, der dem Problem aus meiner Sicht nicht gerecht wird. Denn nur in Brandenburg wurde, im Hinblick auf die gegen unbekannte Erben in mehr als der Hälfte aller erfassten 19.000 Fälle, nämlich in rund 10.200 Fällen eine Form der Abwicklung gewählt, die vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.12.2007 als sittenwidrig gerügt wurde und dazu führte, dass zahlreiche Betroffene mit den Folgen bis heute nicht abschließen konnten.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Herrn Rechtsanwalt Fraude für die geleistete Arbeit danken. Es wurde hier sehr deutlich, dass das Nutzen des für die Betroffenen faktisch spürbaren Machtgefälles in der damaligen Situation vom Land zur Durchsetzung nicht bestehender, fraglicher oder nur teilweise berechtigter Ansprüche genutzt wurde. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Auftreten damaliger Vertreter von Landesbehörden sowie des Gefühls eines Ausgeliefert-Seins zusammen mit den Presseberichten über das Urteil des Bundesgerichtshofs über flächendeckend sittenwidriges Handeln des Landes Brandenburg im Bodenreform-Abwicklungsverfahren den Unmut bei den Betroffenen eher verfestigt, denn aufgelöst hat.
Die Koalition fordert deswegen das Ministerium der Finanzen und für Europa auf, die von der Externen Ansprechstelle-Bodenreform im Bericht herausgestellten und zur Nachjustierung empfohlenen wenigen Fälle bis zum Juli 2024 nochmals intensiv zu prüfen und dabei natürlich auch die Hinweise der Ansprechstelle ernst zu nehmen. Für diese Fälle ist eine separate Beurteilung zu erstellen, die auch einen Lösungsvorschlag beinhalten soll. Mir ist es hier besonders wichtig, dass wir zu angemessenen Lösungsvorschlägen kommen, die gemeinsam mit den Betroffenen erarbeitet werden und nicht gegen sie. Die Zeit des Aussitzens muss jetzt ein Ende haben. Wir haben alle ein Interesse an einer finalen Beilegung dieses jahrzehntelangen Streits. Die Betroffenen sind müde, wir sind müde und auch das Ministerium muss doch müde sein. Da sind jahrein jahraus dieselben Menschen mit denselben Menschen beschäftigt. Ja, es gibt Rechtsprechung, aber inzwischen haben sowohl eine Enquete Kommission der letzten Legislatur, als auch eine unabhängige Ansprechstelle in dieser Legislatur festgestellt, dass es eben doch Handlungsbedarf für uns gibt. Was braucht es denn noch? Wir verstecken uns hinter einer Bundesratsinitiative, bei der uns völlig klar ist, dass sie gegen uns ausgeht, weil nur wir hier in Brandenburg Regulierungsbedarf haben. Nur wir haben uns so schäbig verhalten und verstecken uns hinter diesem Feigenblatt. Nehmen wir die Meinungen der Enquete Kommission und der Ansprechstelle ernst und ziehen einen Schlussstrich, der kein „Basta“ ist, sondern eine Hand reicht.