Sehr geehrte Gäste! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In den letzten sechs Monaten haben über 100 000 Brandenburgerinnen und Brandenburger das Volksbegehren gegen Massentierhaltung unterschieben. Sie haben damit für eine andere Agrarpolitik gestimmt - für eine regionalere, bäuerliche, eine tiergerechte Art der Landwirtschaft. Sicherlich schauen heute einige dieser 100 000 Menschen zu und überlegen: Was macht denn der Landtag in der ersten Debatte, während der Grünen Woche, zum Thema Landwirtschaft? Wie verhalten sich denn dazu die Fraktionen?
Machen wir also einmal den Check: Schauen wir doch einmal auf den CDU-Antrag und anschließend auf den SPD-Antrag. Die CDU hat einen Antrag vorgelegt mit dem Titel „Regionalverträgliche, artgerechte, flächengebundene Nutztierhaltung Das ist eine schöne Überschrift!
(Frau Lieske [SPD]: Sehr optimistisch formuliert!)
Tatsächlich verbirgt sich hinter dieser schönen Überschrift auch tatsächlich etwas Gutes.
(Oh! bei der CDU)
Die CDU will erstens den Ausverkauf des Landes stoppen und etwas gegen Land-
flucht unternehmen, will ein Vorkaufsrecht für ortsansässige Landwirte einführen. Das ist keine Forderung des Volksbegehrens, aber das hätten sicherlich viele unter-stützt, die das Volksbegehren unterschrieben haben. Das ist eine Forderung, die auch wir Grüne haben. Mein Kollege Vogel nervt die Regierung damit bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
(Vogel {B90/GRÜNE]: Ich nerve nicht, ich weise darauf hin!)
Das Zweite, was die CDU fordert, ist mehr Akzeptanz für die Tierhaltung. Sie wollen das erreichen, indem die Kommunen mehr Mitspracherecht erhalten und indem die
Kommunen sagen können: Nur wenn es einen Bauleitplan gibt, dürfen hier auch große Anlagen gebaut werden. Kollege Gliese hat das bereits ausgeführt. Das ist eine Forderung, die explizit im Volksbegehren steht. Dafür also herzlichen Dank von uns Grünen und sicherlich auch vom Volksbegehren!
(Vereinzelt Beifall B90/GRÜNE)
Apropos Akzeptanz schaffen: Das ist das Ziel dieser Forderung. Liebe SPD, das ist natürlich auch die Idee beim Verbandsklagerecht: Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, dass die Tierschutzverbände ein Verbandsklagerecht haben, die Ställe angesehen und geprüft und alles für in Ordnung befunden haben, dann haben sie auch Vertrauen und Akzeptanz für diese Art der Tierhaltung.
(Beifall B90/GRÜNE)
Dritter Punkt: Die CDU fordert faire Milchpreise. Sie möchte das System kippen, dass die Molkereien sagen, wo es langgeht. Das finden wir sehr richtig; das ist eine sehr gute Forderung. Auch wenn diese nicht im Volksbegehren steht, können wir das alle unterstützen, so denke ich.
Ferner hat die CDU noch zwei weitere Forderungen, mit denen sie die Landwirte schützen will, diesmal nicht vor dem Biber, aber vor dem Wolf und vor regulie-rungswütigen Grünen. Ich denke, da können wir uns auf die Debatte im Ausschuss freuen.
(Vereinzelt Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE - Vereinzelt Lachen bei der Fraktion CDU)
Fazit also für die CDU: Drei der fünf Punkte sind sicher im Sinne des Volksbegehrens und im Sinne der 100 000 Stimmen, die da abgestimmt haben.
Wie sieht es bei der SPD aus? Auch Rot-Rot hat heute einen Antrag vorgelegt, und
der erste Eindruck ist auch hier nicht schlecht. Der Minister glänzt ja gerade auf der Grünen Woche mit sagen wir mal „kulinarischer Durchhaltefähigkeit" und präsentiert sich vor einer leckeren regionalen Spezialität nach der anderen. Vielleicht kämen die 100 000 Un-terstützer unseres Volksbegehrens auf die Idee: Ja, die SPD hat das Signal verstan-den; sie will eine regionale, tiergerechte bäuerliche Landwirtschaft. - Leider hat das mit der realen Politik der SPD nichts zu tun. Schauen wir uns einmal den Antrag an, der heute vorliegt: Da gibt es zwar die Forderung nach Milchlieferverträgen - das for-dert auch die CDU. Das ist sehr gut, aber da hört es auch schon auf. Ansonsten geht es im gesamten Antrag darum, ein System zu unterstützen, das die Überproduktion noch fördert. Frau Schwarzenberg hat es ausgeführt: Wir haben eigentlich zu viel Milch auf dem Markt. Es geht darum, immer mehr Geld in ein System zu stecken.
Vizepräsident Dombrowski:
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Raschke (B90/GRÜNE):
Wer fragt denn? - Herr Folgart! Sehr gerne!
(Heiterkeit)
Folgart (SPD):
Herr Raschke, stimmen Sie mir zu, dass der Antrag, den wir zu der aktuellen Krise in der Milchwirtschaft gestellt haben, nicht zwingend etwas mit dem Volksbegehren zu tun hat? Der Bezug muss aus meiner Sicht nicht zwingend hergestellt werden; es geht um die Bewältigung einer aktuellen Marktkrise.
Präsidentin Stark:
Sie haben jetzt Gelegenheit zu antworten.
Raschke (B90/GRÜNE):
Herzlichen Dank! Das ist richtig, Herr Folgart. Und genau das ist Teil des Problems: Sie greifen die Idee bzw. die grundsätzliche Forderung des Volksbegehrens nicht auf. In diesem Antrag steht zum Beispiel nichts zum Thema Tierschutz. Darin steht auch sehr wenig zum Thema Regionalität. Aus unserer Sicht und aus der Sicht vieler Leute, die das Volksbegehren unterstützt haben, ist ein Ausweg aus der Milchkrise eine re-gionale und tierschutzgerechte Milchwirtschaft. Wir glauben, es wäre auch das richti-ge Signal an die Landwirte, zu sagen, dass das der Markt der Zukunft ist. Weder ist im Antrag etwas zum Thema Tierschutz noch zum Thema Regionalität zu finden, obwohl ganz am Ende - ich habe lange gesucht - noch etwas steht: Hinter den vier Forderungen des Antrags gibt es noch eine Rubrik „Zusätzliches Dort ist all das auf-geführt, was keinen eigenen Punkt verdient hat. Da steht als Allerletztes das Stich-wort „regionale Vermarktung
Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Das Fazit ist: Schöne Bilder von der Grünen Woche allein reichen nicht. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger haben mit dem Volksbegehren sehr deutlich gemacht, dass sie eine andere Landwirtschaft, mehr Tierschutz und mehr bäuerliche und regionale Land-wirtschaftspolitik wollen. Ihr Antrag heute zeigt - Herr Folgart hat das eben noch ein-mal unterstrichen -: Sie sind noch weit davon entfernt und müssen sich noch weiter bewegen, wenn es ein Volksbegehren gibt.
Präsidentin Stark:
Herr Abgeordneter, es ist eine Frage angezeigt. Lassen sie die zu?
Raschke (B90/GRÜNE):
Jetzt muss ich, oder?
Präsidentin Stark:
Ja.
Schröder (AfD):
Herr Raschke, sind Sie mit mir einer Meinung, dass die beiden Anträge eine Basis für eine weitere konstruktive Diskussion darstellen und deswegen nicht unbedingt ins Detail gehen können, und dass wir sie stattdessen als Grundlage für die Ausschuss-diskussion nehmen sollten?
(Vogel [B90/GRÜNE]: Superidee!)
Raschke (B90/GRÜNE):
Wenn das ein Antrag auf Überweisung des rot-roten Antrags war, würde ich dem zu-stimmen. Wir stimmen auch zu, den Antrag der CDU zu überweisen, weil wir glau-ben, dass es eine gute Grundlage für eine Debatte ist. Der rot-rote Antrag steht ja nicht zur Überweisung in den Ausschuss an; wenn Sie das beantragen, würden wir es aber unterstützen. - Herzlichen Dank.