- Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich finde es gut, dass sich die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER mit dieser Anfrage diesem Thema widmet.
Allerdings habe ich mich manchmal gewundert: Ich finde
ja, das ist ein Instrument des Parlamentarismus, bei dem es vor allem um
Handeln, Strategien der Regierung usw. geht. Streckenweise habe ich mich aber
fast an eine technische Vorlesung erinnert gefühlt. Aber auch das steht Ihnen
natürlich frei.
Jetzt zu Ihrem Redebeitrag: Mir fehlt dabei immer ein bisschen das große Bild. Man fokussiert sich sehr auf Kleinigkeiten; die werden zum großen Thema aufgebauscht. Das sind aber alles nur Unterkategorien des eigentlichen Themas. Das fällt schon in der Einleitung Ihrer Großen Anfrage auf, in der Sie fast so tun, als trüge die Energiewende dazu bei, dass es höhere Kosten und mehr Lärmbelastung gibt und die Artenvielfalt stärker gefährdet ist.
Was ist denn Politik? Politik ist immer die Abwägung zwischen verschiedenen Handlungsalternativen. Und was ist die Alternative zu erneuerbaren Energien? Die Alternative sind andere Energieträger. Sie wollen doch nicht ernsthaft sagen, dass die Umweltbelastung durch erneuerbare Energien höher ist als die durch andere Energieträger oder dass letztere mehr zur Artenvielfalt beitragen. Man kann ja Science-Fiction-Filme anschauen und sich vorstellen, was Atomenergie zur Artenvielfalt beitragen kann. Das ist aber, glaube ich, nicht die Vision, die wir hier verfolgen.
Mal ernsthaft, Herr Zeschmann, Sie sind doch Volkswirt und kennen das: externe Kosten, wahre Preise usw. Sie wissen auch um die Kosten des Klimawandels. Aus der Anfrage geht auch hervor, dass die CO2-Emissionen in den letzten zehn Jahren in Brandenburg fast exakt auf demselben Niveau geblieben sind. Für uns ist es eindeutig: Die gesellschaftlichen Kosten der Erneuerbaren sind deutlich geringer als die der anderen Energieträger.
Kommen wir nun zu den konkreten weiteren Erkenntnissen. Die Stromproduktion in Brandenburg zum Beispiel aus Photovoltaik hat sich in den letzten zehn Jahren verdreißigfacht, die der Windkraft fast verdoppelt. Interessant ist auch, dass man deutlich die unterschiedliche Entwicklung der Nennleistung und der Stromproduktion sieht. Man kann daraus lesen, dass die neueren Windenergieanlagen mehr durchlaufen, also mehr Volllaststunden haben. Warum? Sie sind höher - das steht auch in der Großen Anfrage - und reichen in andere Windschichten, wo der Wind einfach stetiger weht. Das heißt, die neuen Anlagen bringen eine doppelte Dividende: Sie haben mehr Nennleistung und laufen länger durch. Neue Anlagen sind also auf jeden Fall ein Schlüssel. Wir brauchen den weiteren Ausbau mit neuen Anlagen zur Erzeugung von Windenergie.
Interessant ist auch der Vergleich der Jahresproduktion von erneuerbaren Energien mit dem aktuellen Jahresbruttostromverbrauch. Sie haben das zwar nicht angefragt, aber ich habe extra noch einmal nachgeschaut. Ich glaube, es ist eindeutig, dass die Vision der 100%igen Versorgung mit erneuerbaren Energien im Strombereich durchaus machbar ist. Die Zahlen wurden von Herrn Walter schon genannt. Die Herausforderung besteht natürlich darin, dass Dinge wie Sektorkopplung, E-Mobilität und Wasserstoffproduktion noch obendrauf kommen. Deswegen noch einmal: Wir brauchen den weiteren Ausbau der Erneuerbaren.
Herausfordernd wird es dabei natürlich sein, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen. In der Großen Anfrage konzentrieren Sie sich wieder sehr auf Speicher. Speicher sind ein Teil der Lösung, aber eben nicht die alleinige Lösung; das habe ich schon öfter angebracht. Ich sage es gern noch einmal: Wir brauchen einen Mix aus verschiedenen Energieträgern. Das ist auch in der Antwort der Landesregierung enthalten. Wir brauchen ein Marktdesign für speicherbare erneuerbare Energien, damit die nicht einfach nur durchlaufen, sondern die Energie tatsächlich gespeichert und genutzt wird, wenn die anderen Energieträger nicht zur Verfügung stehen. Wir brauchen ein Flexibilitäten-Matching zwischen Angebots- und Nachfrageseite sowie die Sektorkopplung, Elektromobilität, Nutzung der E-Autos als Großspeicher, grünen Wasserstoff und auch die Sektorkopplung mit dem Wärme- und Kältebereich.
Zur Frage der Kosten: Ja, es war einmal von der Kugel Eis die Rede. Seitdem hat es aber viele andere Bundesregierungen gegeben, die die Kosten der EEG-Umlage verteilt haben. Da wurden die Grenzen stark verschoben; Haushalte und Mittelstand tragen inzwischen die Kosten der Großverbraucher. Das würden wir Bündnisgrüne wieder ändern.
Ich möchte noch ein paar Zahlen
nennen. Als im Jahr 2000 das EEG eingeführt wurde, gab es Einspeisevergütungen
in Höhe von 18 Pfennig für Wind und 99 Pfennig für Solarenergie, PV.
In aktuellen Ausschreibungen liegen die Zuschläge bei 6 und 5 Cent für
Solar- und Windenergie. Das heißt, die Kosten für die Erneuerbaren sinken und
sinken, und die Kosten für die Konventionellen steigen und steigen. Das ist
eindeutig!
Sie haben die Frage nach der Differenz zwischen Einspeisevergütung und Marktpreis gestellt. Ich möchte sagen, warum das kein guter Indikator ist: Je mehr Erneuerbare wir ans Netz bringen, desto mehr Kraftwerke nehmen wir vom Netz - und zwar die teuersten. Das heißt, wir senken mit den Erneuerbaren auch den Marktpreis; dadurch steigt aber natürlich die Differenz, weil weniger konventionell erzeugte Kilowattstunden zum Ausgleich der Differenz zwischen Marktpreis und Einspeisevergütung da sind. Ich hoffe, Sie konnten mir folgen. Das sollte man beachten.
Zum Schluss will ich noch einmal sagen: Die Energiewende lohnt sich. Sie lohnt sich wirtschaftlich und wird immer mehr zum Standortfaktor - zum Beispiel grüner Wasserstoff und Ökostrom für die Stahlindustrie, Ökostrom für Ansiedlungen wie Tesla; hier wurde das durchaus als ein Grund für die Ansiedlung genannt. Deswegen noch einmal: Der Ausbau der Erneuerbaren muss weiter vorangehen. - Vielen Dank.