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Rede im Landtag: Für gut ausgebildete Fachkräfte sorgen, die Einsatzkräfte dann begleiten, wenn diese selbst Unterstützung benötigen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

bei den Waldbränden des vergangenen Wochenendes sind wir glücklicherweise noch mal knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Welche Belastungen katastrophenartige Szenarien für die Einsatzkräfte bedeuten, kann man sich vorstellen.

Meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft lebt davon, dass sich viele Menschen für ihre Mit-menschen einsetzen. Das tun sie unter anderem in den beruflichen wie freiwilligen Feuerwehren, im Rettungsdienst, bei der Polizei, dem Technischen Hilfswerk sowie den Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz, dem Arbeiter-Samariter-Bund, dem Malteser Hilfsdienst der Johanniter-Unfall-Hilfe und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, kurzum: den Blaulichtorganisationen. Sie helfen unter großem persönlichen Einsatz und setzen sich dabei bewusst dem Leid anderer Menschen in Extremsituationen aus. All diesen Menschen, egal ob haupt- oder ehrenamtlich, gebührt unser besonderer Dank.

Früher war es oft verpönt, offen auszusprechen, dass man als Einsatzkraft unter Belastungsreaktionen litt. Diese Zeit ist glücklicherweise weitgehend vorbei. Das wurde mir auch vergangene Woche beim Besuch der Rettungs-wache in Hennigsdorf bestätigt. Die Arbeit der Einsatz-Nachsorge-Teams wurde hier als zwingend notwendig und absolut hilfreich eingeschätzt. Nur noch mit Kopfschütteln denkt man hier an die Zeiten zurück, als Einsatzkräfte mit ihren seelischen Problemen nach einem Einsatz allein gelassen wurden, als es als „unmännlich“ galt, in den Blaulichtorganisationen über die psychischen Belastungen zu reden.

Dass das heute nicht mehr so ist, sondern in aller Regel eine Orga-nisationskultur vorherrscht, die die psychischen Belastungen und die Reaktionen darauf thematisiert, hängt neben dem gesellschaftlichen Wandel sicher auch damit zusammen, dass der Frauenanteil unter den Einsatzkräften in den Blaulichtorganisationen langsam aber stetig steigt. Denn Frauen sind häufig eher in der Lage, ein Problem zu artikulieren. Das ist natürlich sehr verkürzt, denn so individuell die Menschen sind, so individuell sind auch ihre Reaktionen auf Extrem-situationen.

Umso wichtiger ist es, gut ausgebildete Fachkräfte zu haben, die unsere Einsatzkräfte dann begleiten, wenn diese selbst auf Unterstützung angewiesen sind. Eigentlich ist das gar nicht so kompliziert: Es geht um das ernst genommen werden, um Reden, um Zuhören, um das Finden gemeinsamer Lösungen. Und es ist wichtig, dass die Einsatzkräfte die Zeit bekommen, die sie dafür brauchen. Und alle Einsatzkräfte können diese Hilfe einmal brauchen: Ein 18-jähriger Rettungsschwimmer kann nach einem ersten Einsatz, der gut ausgegangen ist, genauso Unterstützung benötigen wie eine erfahrene Polizistin, die nach jahrzehntelangem Dienst an einem Autobahnabschnitt ohne Probleme dann den einen Einsatz erlebt, der zu viel ist, der das Fass plötzlich zum Überlaufen bringt.

Die Corona-Pandemie war auch eine psychische Herausforderung für viele Einsatzkräfte. Neben den offensichtlichen Gründen, dass eine Pandemie viele belastende Einsätze mit sich bringt, lagen die Gründe dafür auch darin, dass quantitativ an der Belastungsgrenze oder darüber hinaus gearbeitet wurde, dass Einsatzkräfte sich weniger sicher gefühlt haben bei der Ausübung ihrer Tätigkeit, dass sie als Personen mit häufigem Kontakt zu Infizierten womöglich auch in ihrem persönlichen Bekanntenkreis plötzlich gemieden wurden, dass private Belastungen wie die Kinderbetreuung in Zeiten von Schul- und Kitaschließungen angestiegen sind, um nur einige Beispiele zu nennen.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag richten wir den Blick auf die Arbeit des Einsatz-Nachsorge-Teams und setzen uns für dessen weitere organisatorische Stärkung ein. Und wir sprechen unseren Dank aus: Allen, die zu Hilfe eilen, wenn sie gebraucht werden. Den Menschen, die sich in der Notfallseelsorge und den Kriseninterventionsteams engagieren. Und heute im Besonderen den Angehörigen des Einsatz-Nachsorge-Teams.

Ich bitte um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen. Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Das Einsatz-Nachsorge-Team (ENT) im Land Brandenburg besser ausstatten" (TOP 4 der 69. Plenarsitzung)