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Rede im Landtag: Das Europäische Jahr der Jugend

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

ich komme gerade aus Straßburg von der Plenarsitzung des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas. Dort haben wir vorgestern ein Papier diskutiert und verabschiedet, das Kommunen und Regionen Handreichungen bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gibt, insbesondere im Hinblick auf die Nachhaltig¬keits-ziele der Vereinten Nationen. Und ich habe dort unseren Paragrafen 18a der Kommunalverfassung vorgestellt, der im Land Brandenburg der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an ihren eigenen Angelegenheiten einen guten Schub gegeben hat. Was mich am KGRE immer wieder begeistert, ist die Jugendbeteili-gung, die der Kongress selbst durchführt. Alle 46 Mitgliedsstaaten stellen je eine oder einen Jugenddelegierten, die in allen Gremien Rederecht hat. Außerdem werden die Jugenddelegierten von zwei extra für diese Aufgabe beschäftigen Trainern gecoacht. Das zahlt sich aus: Die Beiträge der Jugenddelegierten gehören regelmäßig zu den Highlights der Tagungen. Sie sind top vorbereitet, reden kompetent zu den Punkten der Tagesordnung und vertreten die Interessen der Europäischen Jugend sehr gut. Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, Sie sind 18 Jahre jung. Ihr gesamtes Leben liegt noch vor Ihnen. Was denken Sie, was Ihnen wichtig wäre? Vergangene Befragungen von Jugendlichen in der EU zeigten, dass mit 67% der Nennungen ihr wichtigstes Thema die Klimakrise war, und das spiegelte sich auch in den Wortbeiträgen der Jugendlichen in den vergangenen Jahren im KGRE wieder. Ob die Jugenddelegierte aus den Niederlanden oder der Jugenddelegierte aus Russland das Wort ergriff, die Positionen zur Zukunft des Kontinents unterschieden sich kaum. Leider sind diese Zeiten im KGRE vorbei. Durch den Ausschluss Russ-lands aus dem Europarat sind auch die Jugenddelegierten Russlands nicht mehr im KGRE vertreten. Das bedauere ich sehr. Genau heute vor einem Monat hat die russische Armee den Krieg, der bereits seit 8 Jahren im Donbass tobt, auf die gesamte Ukraine ausgedehnt, heute führt Putin einen völkerrechtswidrigen Feldzug gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. Angesichts dessen war der Ausschluss Russlands aus dem Europarat, der für Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit steht, alternativlos. Dass damit als Rechtsfolge auch die Mitgliedschaft Russlands im KGRE beendet ist, ist bedauerlich, haben wir doch am Beispiel Polens festgestellt, dass die Repräsentanten der Kommunen und Regionen nicht unbedingt die Sichtweise der Zentral¬regierung teilen müssen. Dass damit auch der russische Jugenddelegierte im KGRE nicht mehr weiterarbeiten kann, verstehe ich, finde es aber auch sehr schade. Gerade im Bereich der Jugend müssen wir dafür eintreten, dass Gesprächs¬¬kanäle offenbleiben.

Meine Damen und Herren, das wollen wir auch bei den Brandenburgischen Jugend-Kooperatio-nen versuchen. Wie es in der vergangenen Woche bei der Anhörung im Europaausschuss von den Jugendorganisationen gesagt wurde: Wir machen Gesprächsangebote, wir senden Signale. Auch wenn diese Angebote derzeit von russischer Seite nicht angenommen werden, sollten wir doch weiter diese Signale der Offenheit senden. Natürlich ist es derzeit nicht denkbar, eine Jugendgruppe nach Russland zu schicken, in ein Land, in dem man 15 Jahre Haft riskiert, wenn man den Krieg einen Krieg nennt. Aber die Offenheit für andere Formate ist nötig und ich freue mich, dass die Bereitschaft dazu bei den Brandenburger Akteuren der internationalen Jugendarbeit auch da ist.

Außerdem sollten wir die Jugendbegegnung in Richtung Ukraine ausbauen. Das hört sich in Kriegszeiten zunächst absurd an. Tatsächlich sind ja aber gerade viele ukrainische Kinder und Jugendliche bei uns. Lassen Sie uns diese also mit offenen Armen empfangen und Beziehungen aufbauen, die auch nach dem hoffent-lich baldigen Ende der Kampfhandlungen andauern. Gute Kontakte zu den Geflüchteten Kindern und Jugendlichen sind auf jeden Fall wertvoll, egal ob diese länger bei uns sind oder bald zurückgehen, wie es die überwältigende Mehrheit von Ihnen derzeit gerne will. Heute gibt es meines Wissens nach nur eine Städtepartnerschaft aus Brandenburg in die Ukraine. Sobald dieser Krieg vorbei ist, sollten wir viele neue Partnerschaften in die Ukraine aufbauen – das war übrigens auch der gemeinsame Wille der europäischen Städte und Gemeinden in Straßburg. Unsere Solidarität wird beim Wiederaufbau gebraucht, und mit den Städtepartnerschaften können wir auch die Jugendbegegnung ausbauen.

Meine Damen und Herren, in unserem Antrag geht es ja nicht schwerpunktmäßig um die Ukraine, aber das lag mir doch gerade angesichts der KGRE-Debatte von vorgestern auf dem Herzen. Bezogen auf das Europäische Jahr der Jugend haben die Linken ja freundlicherweise eine kleine Anfrage gestellt, aus deren Antwort deutlich wurde, wie vielfältig die Aktivitäten sind, die im Europä-ischen Jahr der Jugend vom Land veranstaltet oder gefördert werden. Auch der Europaausschuss hat gezeigt, wie bunt das Angebot in Brandenburg ist.

Was ich aus dem AEE mitgenommen habe, ist, dass wir diese Angebote stärken, vernetzen, bündeln und vor allem stärker in die Öffentlichkeit bringen sollten. Viele Jugendliche wissen schlicht nichts von diesen Angeboten, weil wir sie noch nicht erreichen! Europa erfährt man doch am Besten im wahrsten Sinne des Wortes, dadurch, dass man ins europäische Ausland fährt. Daher sollte es aus meiner Sicht in der Brandenburger Schullaufbahn die Regel werden, einmal das Ausland zu besuchen. Es sollten viel mehr Auszubildende und Ausbildende das Erasmus+ Programm nutzen und einen Teil der Berufsausbildung im Ausland verbringen. Einzig bei Studierenden dürfte der Bekanntheitsgrad der Austauschmöglichkeiten von Erasmus einigermaßen ausreichend sein.

Dort, wo Jugendliche aus verschiedenen Ländern zusammen-kommen, ergeben sich immer viele Gemeinsamkeiten. Sei es beim Jugendaustausch meines Landkreises, bei den Begegnungen der Jugendwerke, oder bei den vielfältigen Initiativen, wie zum Beispiel dem Europamobil der Stiftung Genshagen. Wer die Begeisterung der 20 Studierenden aus 16 Ländern erlebt hat, die im Rahmen dieses Projektes zwei Wochen lang durch Branden-burgs Schulen getourt sind, der versteht, wie wichtig es ist, Jugend-liche zusammenzubringen. Das Ergebnis des Projektes war ein wahrhaft europäisches Team, in dem Nationalitäten keine Rolle mehr spielten. Das sind Erfahrungen, die das Leben der Jugendlichen prägen werden. Übrigens: Auch wenn die Stiftung Genshagen auf das sogenannte Weimarer Dreieck, Frankreich, Deutschland und Polen, fokussiert, so kamen die Teilnehmenden des Projektes aus dem ganzen Europa. Nicht nur aus der Europäischen Union, sondern zum Beispiel auch aus der Ukraine. Wir wollen hoffen und dafür arbeiten, dass das auch in der Zukunft möglich ist.

Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Das Europäische Jahr der Jugend 2022 gemeinsam gestal-ten!" (TOP 3 der 66. Plenarsitzung)